In der zurückliegenden Woche hat sich der S&P 500 nicht an seinen „Fahrplan“ gehalten. Ich hatte erwartet, dass er sich bis zum Monatsende innerhalb einer Bärflaggen- oder Bärkeilformation aufwärts bewegt.
Diesem Szenario wurde eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 60% beigemessen. Stattdessen generierte der Index am Donnerstag ein Gap-down und durchbrach dann die Unterseite des seit Trump etablierten Aufwärtskanals (dunkelgrün). Er schloss am Freitag nahezu auf dem Tief vom 8. Februar, das wiederum zehn Prozent unter dem Jahreshoch vom 26. Februar liegt, und damit Korrektur-Terrain signalisiert.
Der S&P 500 liegt jetzt erneut im Einzugsbereich des 38er Retracements des Aufwärtsimpulses seit November 2016, dem Zeitpunkt der Wahl Trumps. Hier verläuft gegenwärtig auch die Untergrenze des Aufwärtskanals aus dem Frühjahr 2016 (hellgrün). Wird dieser Kursbereich respektiert, wäre das ein Hinweis auf kurzfristige bullische Stärke (Chartquelle).
Ansonsten ist als Ziel eines normalen Korrekturverlaufs der Bereich des 50er Retracements bei etwa 2480 zu nennen. Ich hatte diese Alternative u.a. hier diskutiert. Hier verläuft aktuell auch etwa die Obergrenze eines langfristigen Aufwärtskanals (braun) aus 2009. Das wäre unter längerfristigen Gesichtspunkten die stabilere Variante.
Am Mittwoch hatte die Fed wie erwartet die Leitzinsen um weitere 0,25% in den Bereich von jetzt 1,50% bis 1,75% angehoben. Gleichzeitig werden noch zwei Zinsschritte für das laufende Jahr in Aussicht gestellt. Die FOMC-Projektion zum Jahresende kommt auf 2,1% (Median). Ende 2019 soll der Leitzins bei 2,9% liegen, Ende 2020 dann bei 3,4%. Das ist für diese beiden Jahre jeweils ein Zinsschritt mehr gegenüber der Projektion aus Dezember 2017.
Im Januar war noch von solider Wirtschaftsentwicklung die Rede, jetzt erfolgte die Rückstufung auf „moderat“, das gilt auch für den Pfad der Investitionen. Die Inflationserwartungen bleiben unverändert – mittelfristig soll sich die Teuerung (Kernrate PCE-Deflator) bei zwei Prozent stabilisieren. Das US-BIP soll in 2018 um 2,7% zulegen (Chartquelle).
Die Aktienmärkte waren im Vorfeld der Bekanntgabe des FOMC-Beschlusse angestiegen, gaben die Gewinne danach aber ab und eröffneten am Folgetag, wie erwähnt, mit einer Abwärtslücke. In der medialen Berichterstattung wurden die Kursverluste der zurückliegenden beiden Tage durchweg mit den Strafzöllen in Verbindung gebracht. Diese einseitige Zuschreibung ist angesichts der Kursentwicklung nicht unbedingt einleuchtend.
Richtiger ist, dass wohl einige widrige Faktoren zusammenkamen, die angesichts der sowieso schon fragilen Lage dazu geführt haben, dass Anlager den Ausgang aufsuchten. Dabei dürfte eben auch das Ergebnis der FOMC-Sitzung eine wichtige Rolle gespielt haben. Hier war es vermutlich die mit „moderat“ wieder gedämpftere Sicht auf die wirtschaftliche Entwicklung, wozu aus Sicht der großen Akteure dann der längerfristige Pfad vermehrter Zinssschritte nicht so recht passte.
Der VIX bewegte sich am Freitag der Vorwoche (16.3.) durchgängig unter seiner EMA50 und schloss auch darunter. Damit war die Möglichkeit eröffnet, dass die „Empfindlichkeit“ der Akteure für Meldungen weiter abnehmen würde (der VIX als Maß für Reaktivität). Der S&P 500 eröffnete die zurückliegende Woche allerdings schon mit einem Gap-down, der VIX stieg gleichzeitig wieder deutlich über seine EMA50-Signallinie. Auch andere technische Indikatoren sind abgekippt und legen so nicht unbedingt nahe, dass die Bullen bereits wieder auf der Lauer liegen und genügend Kraft haben.
Die möglichen Szenarien:
(1) Das 38er Retracement (~2572) und die Aufwärtslinie (hellgrün) werden respektiert (siehe Charts!). Das wäre kurzfristig bullisch zu beurteilen. (1a) Wenn die Untergrenze des Trump-Aufwärtskanals (dunkelgrün) klar überwunden würde, wäre das auch ein längerfristig tragfähigeres Signal. (1b) Wenn nicht, kommt das 62er Retracement ins Visier. Sollte dieser Pegel signifikant gebrochen werden, sollte man auf den Fortbestand des Bull-Runs seit 2009 keinen Pfifferling mehr setzen.
(2) Der Index steuert zügig das 50er Retracement an und respektiert es, bzw. die Untergrenze eines kurzfristigen Abwärtskanals (türkis). Das wäre unter mittelfristigen Aspekten eine stabiler bullische Variante, wenn auch die Volatilität weiter erhöht bleibt. (2a) Dann dürfte als nächstes ein Test des 38er Retracements (auch Obergrenze kurzfristiger Abwärtskanal, türkis) von unten anstehen. Die technischen Voraussetzungen für einen Fortbestand der bullischen Attitüde wären zwar vermutlich nicht schlecht, allerdings beginnt dann die saisonal normalerweise etwas schwächere Jahreszeit ("sell in may" usw.). (2b) Gut denkbar, dass sich dann zunächst eine volatile Seitwärtsbewegung entwickelt.
Im Zeitfenster bis Ende April erscheint mir (2a) als das wahrscheinlichste Szenario.
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