US-Wirtschaft am Scheideweg?

In den zurückliegenden Tagen kamen einige wichtige Makrodaten herein, die Aufschluss über den Zustand der US-Wirtschaft geben. So haben sich die Inflationsraten auf der Produzenten- wie auf der Verbraucherseite im Oktober stärker entwickelt als erwartet.

Der CPI (all urban consumers, all items) liegt jetzt um 2,05% höher als vor einem Jahr. Das Verhältnis zwischen den beiden Raten zeigt, dass die Preisentwicklung von der Verbraucherseite zumindest unterstützt wird und so ein makroönomisch vergleichsweise „gesundes“ Bild zeigt. Zwischen Februar 2015 und Februar 2016 war dem zuletzt nicht so, als insbesondere die Produzentenpreise eingebrochen waren.

Der Index der Industrieproduktion ist im Oktober um 2,9% im Vergleich zum Vorjahr angestiegen und wächst damit wieder so schnell wie zuletzt im Januar 2015. Seinerzeit verzeichnete der Index danach von April 2015 bis November 2016 negative Jahresraten. Im Juli 2014 war bei gut 4% zuletzt ein Spitzenwert bei der jährlichen Steigerung und im November 2014 das jüngste Hoch des Index markiert worden. Dieses Niveau ist im Oktober nun fast wieder erreicht worden.

Die US-Einzelhandelsumsätze sind im Oktober um 4,6% gegenüber dem Vorjahr angewachsen – das ist gutes „Mittelmaß“. Zwischen März 2015 und November 2016 lag der Wert im Schnitt lediglich bei etwa 3%.

Die neuen Aufträge für Investitionen (ohne Flugzeuge) schrumpften zwischen November 2014 und November 2016 deutlich. Zuvor waren sie, nach einem deutlichen Anstieg von Mai 2009 aus, seit Mitte 2012 seitwärts gelaufen. Der Jahreszuwachs betrug im September 8,3%, so viel wie zuletzt Anfang des zweiten Quartals 2012 (Chartquelle).

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Zunehmende Investititionen sind stets ein positives Zeichen für den Zustand einer Wirtschaft. Es steht zu vermuten, dass sie zumindest zum Teil in Zusammenhang mit den von den Wirbelstürmen im Sommer angerichteten Schäden stehen. Solche Katastrophen haben nach anfänglich negativen wirtschaftlichen Effekten eine zeitweilig positive Wirkung auf den Verlauf des BIP.

Auch das reale US-BIP ist in den zurückliegenden beiden Quartalen um jeweils rund 3% annualisiert gewachsen, wenn auch hier hinter den Kulissen nicht alles so rosig aussieht wie es vordergründig scheint (siehe hier!).

Also alles eitel Sonnenschein?
Nicht ganz.

Der „Leading Index for the United States“ der Philadelphia Fed zeigt eine Wachstumsverlangsamung der US-Wirtschaft an (h/t Incrediblecharts, Chartquelle). Er ist im September unter die Schwelle von einem Prozent gesunken, das war vor den drei jüngsten Rezession jeweils ein Frühwarn-Signal. Der Index enthält zusätzlich zum Coincident Index (Arbeitsplätze nonfarm, Arbeitsölosenquote, durchschnittliche Arbeitssunden und Löhne und Gehälter) die Hausbaugenehmigungen, Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe, Lieferzeiten aus der Befragung des ISM und den Zinsspread zwischen den zehnjährigen TNotes und den dreimonatigen TBills.

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Der Zinsspread zwischen verschiedenen Laufzeiten ist in der Tat in den zurückliegenden Wochen auf Werte gesunken, wie sie 2007 erreicht wurden. Dies ist zunächst ein normaler Vorgang, wenn die Leitzinsen angehoben werden und die Inflation „im Rahmen“ bleibt. Historisch liegt der kritische Warnpegel beim Spread zwischen den zehnjährigen TNotes und den dreimonatigen TBills bei 0,5%, darunter und erst recht bei invertierter Zinsstruktur ist eine Rezession nicht mehr fern. Mit aktuell gut einem Prozent besteht da noch etwas Sicherheitsabstand.

Die statistische Auswertung von Spreads unterschiedlicher Laufzeiten zeigt zwar die höchste Wahrscheinlichkeit seit der Finanzkrise für eine innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate aufkommenden Rezession, jedoch hat die Auswertung des Spreads am langen Ende, zwischen den zehnjährigen TNotes und den 30-jährigen TBonds, noch keinen kritischen Wert erreicht.

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Die Geldbasis nimmt seit einigen Monaten wieder zu – zuletzt im Oktober mit 7,2% gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig gilt ein weiterer Zinsschritt im Dezember als ausgemacht. Preis- und Mengenentwicklung passen damit nicht gut zusammen, bei steigenden Zinsen wäre eine schrumpfende Geldmenge zu erwarten. Wie sich das auflöst, muss sich noch zeigen. Entweder stehen dahinter strukturelle Nachfrage-Verschiebungen oder die Zinsentwicklung toppt aus oder aber die Geldmenge schrumpft wieder.

Die expandierende Geldbasis bekräftigt, dass die Fed im Zuge der Verkürzung ihrer Bilanz gewillt ist, den US-Banken bei Bedarf über reguläre Offenmarktgeschäfte neues Basisgeld zu günstigen Konditionen bereitzustellen und so die Kreditmärkte aufnahmefähig halten will (siehe hier!).

Der Verlauf der gesamten Ausleihungen (Loans and Leases) hat sich seit September 2016 von über sieben Prozent auf jetzt 3,5% halbiert. Das ist der schwächste Zuwachs seit dem zweiten Quartal 2014 und liegt gerade noch im längerfristigen Trend. Im Kontext einer Kredit-getriebenen Wirtschaft ist das jedoch zumindest ein Warnzeichen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung. Hier spiegeln sich vermutlich auch tendenziell steigende Zinsen wider.

Wenn sich die Inflation weiter entwickelt, werden Bond-Halter höhere Renditen verlangen, damit sie eine real positive Verzinsung erreichen. Wenn sie in diesem Zusammenhang aus Bonds in andere Assets, z.B. in Aktien (etwa in dividendenstarke Bond-Ersatz-Titel bei Versorgern oder Konsumwerten) umschichten, stützt das Aktienkurse noch zeitweilig – bis zu dem Punkt, wo das neue Renditeniveau wieder Bond-Käufer anzieht. Seit einigen Wochen entwickeln sich Dividendentitel besser als der breite Markt.

Steigende Zinsen am langen Ende verteuern die Kreditkosten. Das kann insbesondere für die Refinanzierung bestehender Darlehen schnell problematisch werden, weil damit im niedrigen Zinsumfeld vergangener Jahre oft wenig rentable Projekte finanziert wurden. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die extrem aufgeblasene Anleihe-Blase.

Wahrscheinlich wird die Fed recht bald getestet werden, wie ernst sie ihr Versprechen nimmt, die Kreditmärkte liquide zu halten und somit ein Platzen der Kreditblase zu verhindern. Die Rendite der zehnjährigen TNotes bewegt sich im Bereich der Obergrenze eines aus Mitte der 1980er Jahre stammenden Abwärtskanals. Ein signifikanter Ausbruch dürfte als Indiz dafür genommen werden, dass die Fed die Situation nicht mehr unter Kontrolle hat.

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Die Hoffnungen der Akteure an den Finanzmärkten richten sich auf die Trumpsche Steuerreform, sie wird als Wunderwaffe angesehen, die alles richten soll. Vor allem wird sie die extreme Verteilung von Einkommen und Vermögen weiter vorantreiben. Der von ihr ausgehende realwirtschaftliche Wachstumsimpuls wird genau deshalb vermutlich recht gering sein.

So ergibt sich aus meiner Sicht folgendes Gesamtbild: Die US-amerikanische Realwirtschaft befindet sich auf einem moderaten Wachstumspfad, aber mit deutlichen Schlaglöchern. Von der Finanzseite her gibt es ungleich mehr Warnzeichen. Die sind zwar allesamt noch nicht unmittelbar alarmierend. Aber insbesondere die Kombination aus flacher werdender Zinsstruktur in Verbindung mit kritischen Hochpunkten bei wichtigen Renditen ist kritisch. Hinzu kommt, dass die Renditespreads bei Junk-Bonds historisch tief sind und ihre Kurse an einem schon einmal im Frühjahr erreichten Hoch nicht mehr weiter zu kommen scheinen.

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