Die Tahl der Arbeitsplätze in den USA ist im Mai mit 138.000 deutlich weniger angestiegen als erwartet, außerdem wurde die Zahl für die beiden Vormonate nach unten revidiert. Die Arbeitslosenquote ist weiter gesunken, sie kommt jetzt auf 4,3% nach 4,4% im April. Im Jahresvergleich liegt die Zahl der Arbeitsplätze (non-farm) 1,6% über dem Wert des Vorjahresmonats.
Die jährliche Zuwachsrate bewegt sich damit etwas über der für die beiden Vormonate, aber weiterhin deutlich unter dem Höchstwert seit 2008 von fast 2,3% im Februar 2015. Das Wachstum der Löhne und Gehälter bleibt mit +0,2% gegenüber dem Vormonat weiterhin eher schwach. Beobachter berichten, dass es zunehmend schwieriger wird, eine geeignete Besetzung für neue Arbeitsstellen zu finden. In den USA werden monatlich etwa 80.000 neue Jobs gebraucht, um mit der Bevölkerungsentwicklung Schritt zu halten.
Damit und in Zusammenhang mit anderen Makrodaten bleibt das Bild einer expandierenden Volkswirtschaft weiterhin gültig. Die Inflation ist dabei verhalten. Der von der Fed besonders beachtete PCE-Preisindikator (Kernrate) ist im April um 1,54% angestiegen. Im Februar hatte er noch bei fast +1,8% gelegen. Damit ist noch keine zweite Runde bei der Inflationsbewegung eingeläutet. Trotzdem gehen die Akteure an den Finanzmärkten davon aus, dass es am 14. Juni einen weiteren Zinsschritt der Fed geben wird. Die implizite Wahrscheinlichkeit nach Fed-Fund-Futures liegt bei fast 95%.
Der Anteil der Löhne an der Nettowertschöpfung der Unternehmen steigt seit 2014, spiegelbildlich dazu sinkt der Anteil der Unternehmensgewinne (h/t Incrediblecharts). Das zeigt einerseits, dass es am Arbeitsmarkt enger wird. Andererseits wird das Potenzial zum Ausbau der Unternehmensgewinne kleiner. Wenn die spekulative Dynamik im Aktienmarkt besonders groß ist, kann die so entstehende Schere zwischen beiden weit (und lange) auseinanderklaffen, bevor die hohe KGV-Bewertung schließlich korrigiert wird. Dies zeigt sich deutlich bei der Gegenüberstellung der Anteile von Löhnen und Profiten (unterer Chart – Quelle) an der Wertschöpfung zum Verlauf des Aktien-KGV (oberer Chart – Quelle).
Es gibt zahlreiche Sichtweisen auf die Bewertung von Aktien. Der folgende Chart zeigt den Mittelwert von vier Berechnungsmethoden, eine davon entspricht dem Shiller-P/E (Cyclical P/E 10). Demnach liegt die Bewertung aktuell 94% über dem historischen geometrischen Mittel. Das ist seit 1900 die zweithöchste Bewertung. Nur im Jahre 2000 war sie noch höher, der Wert von 1929 liegt mit 87% leicht unter dem aktuellen Ergebnis. Ende 2007 waren Aktien zu 72% überbewertet (Chartquelle).
Wenig verwunderlich ist, dass die mit Aktienanlage zu erzielenden Ergebnisse immer dann hoch waren, wenn der Einstieg zu Zeiten deutlicher Unterbewertung von Aktien erfolgte. Der folgende Chart zeigt das jährliche prozentuale Ergebnis in einem jweils folgenden zehn-Jahres-Zeitraum. Mit ungefähr 50% unter dem Mittel liegende starke Unterbewertungen traten 1922, 1932, 1949, 1974 und 1982 auf (siehe Markierungen im folgende Chart). Solche Einstiegspunkte lieferten jährlich bis an 20% reichende Ergebnisse. Umgekehrt lieferten Einstiegszeitpunkte in 1929, 1965 und 2000 über die jeweils folgende Dekade schwache bis negative Ergebnisse. Auch 2007 war demnach kein überragend guter Zeitpunkt zum Einstieg, im langfristigen Vergleich jedoch auch kein ausgesprochen schlechter (Chartquelle).
Der S&P 500 ist mittlerweile über den hier diskutierten Pegel bei 2411 ausgebrochen, was ich seinerzeit für das wahrscheinlichere Szenario gehalten hatte. Jetzt heißt das Ziel der Bullenbegierde demnach also 2550. Allerdings ist der VIX, die von Akteuren am Optionsmarkt erwartete Volatilität, nahe historischem Tiefstand. Das lässt erwarten, dass es zu kurzfristig erhöhten Schwankungen kommt (Chartquelle).
Dafür sprechen auch einige andere technische Aspekte. Die Volumenentwicklung befindet sich zwar in Akkumulation, was per se bullisch zu werten ist. Allerdings ist die Dynamik der Entwicklung recht gering und nach Volatilitätsband überdehnt. Das lässt erwarten, dass in einigen Tagen eine Distributionsphase einsetzt. Auf Seiten der großen Akteure herrscht eher eine fragile, auf jedem Fall keine überzeugend bullische Stimmung. Eine kommende Distributionsphase muss nicht notwendigerweise zu fallenden Kursen führen, wenn die „Gier“ der breiten Masse der Anleger groß genug ist. Hier besteht angesichts des relativ weiten Volatilitätsbandes im VIX durchaus noch Potenzial.
Es würde mich nicht wundern, wenn in Kürze ein weiterer, unvermittelter Einbruch im S&P 500 folgt, der recht rasch wieder gekauft wird – siehe Mitte Mai. Die Wahrscheinlichkeit einer weitergehenden Aufwärtsbewegung im S&P 500 ist aus meiner Sicht noch höher als das Gegenteil. Kurzfristige „Schicksalslinie“ dürfte weiterhin eine Aufwärtslinie aus Februar 2016 sein (im obigen Chart grün).
Der S&P 500 ist nach oben ausgebrochen. Nun ist mit erhöhter Volatilität zu rechnen. Ein nachhaltiger Einbruch ist jedoch weniger wahrscheinlich. Die Bewertungen von Aktien sind sehr hoch. Makrodaten untermauern aber bislang bullische Positionierungen.
Ergänzung:
Alles in allem hat die Zahl der Arbeitsplätze in den USA seit Ende 2009 um mehr als 16 Millionen zugenommen. Wie in diesem Artikel dargestellt wird, wurden diese Jobs v.a. in Sektoren mit unterdurchschnittlicher Produktivität geschaffen, etwa in Dienstleistungsbereichen. Damit bleibt die Wirkung neuer Stellen auf den gesamtwirtschaftlichen Ausstoss geringer als sie sein könnte.
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