Euro/Dollar – wie sieht es aus?

Euro/Dollar stand Anfang November, zu Zeit der Wahl von Trump zum US-Präsidenten noch bei knapp 1,10. Als das Wahlergebnis am 9. November bekannt gegeben wurde, bildete das Währungspaar einen langen oberen, bis 1,13 reichenden Docht aus. Das war es dann – fortan zeigte der Euro Schwäche, der Dollar Stärke.

Intraday wurden Tiefs markiert, die bis 1,0350 herunter reichten. Aktuell notiert Euro/Dollar bei 1,0530, einem kurzfristig wichtigen Pegel. Dafür, dass sich das Währungspaar in Kürze nachhaltiger nach oben orientiert, sprechen zwei Formations-Szenarien im Chart.

Das eine besteht darin, dass eine invertierte Schulter-Kopf-Schulter in Arbeit ist. Die etwas ansteigende grüne Linie repräsentiert die Nackenlinie, die linke Schulter wurde zwischen Mitte November und Anfang Dezember gebildet. Die rechte Schulter wurde Anfang Februar in Angriff genommen. Entwickelt sich jetzt Stärke im Währungspaar, nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass es sich um eine solche Formation handelt. Zugegeben, der bisherige Kursverlauf ist nicht gerade lehrbuchhaft, aber wo findet man das schon in „freier Wildbahn“.

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Wenn die rechte Schulter nicht vollendet wird, besteht immer noch Aussicht auf das zweite Szenario, nämlich dass sich ein Doppel-Tief bei rund 1,04 bildet.

Manifestiert sich hingegen die umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter Formation, indiziert das ein Aufwärtspotenzial bis zunächst etwa 1,1150. Dieser Pegel ist insofern interessant, als hier das letzte lokale Maximum unmittelbar vor „Trump“ liegt. Die Relevanz der Formation wird auch noch dadurch gestützt, dass ihre Nackenlinie nahezu gleichauf mit der im folgenden angesprochenen langfristigen Linie liegt.

Im Tageschart ist die aus 1985 kommende untere Begrenzung eines langfristigen Aufwärtskanals verletzt, nicht jedoch im Wochenchart. Die Linie wurde zwischen 2000 und 2002 bei rund 0,85 intensiv getestet, bevor eine zügige Aufwärtsbewegung begann, die 2008 bei knapp 1,60 endete.

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Sollte im Wochenchart allerdings wider Erwarten die benannte langfristige Aufwärtslinie aus 1985 gebrochen werden, käme neben der eher psychologisch bedeutsamen Parität der Pegel von 0,85 ins Visier.

Was ist fundamental das wahrscheinlichste Szenario? Für den Dollar spricht das Zinsdifferential. Die Fed wird nicht müde, weitere Zinsschritte im Spiel zu halten. Die implizite Wahrscheinlichkeit für einen solchen bereits im März ist zuletzt klar angestiegen, sie liegt jetzt bei 22%. Für Stärke im Dollar spräche normalerweise auch eine relativ zu anderen Ländern starke Wachstumsphantasie. Dieser Zusammenhang dürfte jedoch momentan wegen der protektionistischen Anwandlungen von Trump weniger ziehen (gut, momentan frisst er diesbezüglich Kreide).

Nähme die Unsicherheit hinsichtlich der politischen oder ökonomischen Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft zu, müsste man mit einem Erstarken des Euro rechnen, weil Carry-Trade-Kredite in Euro rückabgewickelt würden. Als 2007 die Finanzkrise am Horizont auftauchte, entwickelte die damalige hauptsächliche Carry-Trade-Währung, der Yen, Stärke, Dollar/Yen sank zwischen Mitte 2007 und 2009 um mehr als 25%.

Die binnenwirtschaftlichen Vorhaben von Trump lassen eher erwarten, dass man alles tut, um den Renditeauftrieb in Grenzen zu halten. Das würde die Bedeutung des Zinsdifferentials etwas herabsetzen, weil es die Erwartung deutlich steigender Zinsen deckelt. Kurz- bis mittelfristig wird natürlich auch versucht, den Auftrieb des Dollar zu bremsen, weil dies der Exportwirtschaft zuwider läuft und die Importorientierung, die ja angeblich des Teufels ist, noch unterstützt. In der Logik der Trumponomics kostet die defizitäre Handelsbilanz die USA sowieso schon etwa zwei Millionen Arbeitsplätze.

Aus all diesen Gründen kann ich nicht herleiten, warum der Dollar gegen Euro momentan noch weitere signifikante, bzw. nachhaltige Stärke aufbauen sollte. Auch die charttechnischen Hinweise unterstützen eher die Annahme, dass sich das Währungspaar über den Tag hinaus mäßig aufwärts orientiert. „Mäßig“ heisst, der Deckel liegt auf Sicht einiger Monate zunächst irgendwo zwischen 1,11 und 1,14.

[Charts von Incrediblecharts.com]

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