Eurozone: Und noch einer…

Ein Maastricht-Vertrag, ein Stabilitätspakt, ein Fiskalpakt, ein „two pack“, ein „six pack“ – alle diese Verträge auf europäischer Ebene sind offenbar immer noch nicht genug.

Eurogruppen-Chef Dijsselbloem schlägt eine Änderung der Stabilitätspakts vor, die Länder, denen mehr Zeit zur Korrektur ihres Staatsdefizits zugestanden wird, zu Reformen verpflichtet. Das ist in den bisherigen Verträgen nicht vorgesehen.

Bisher kann die EU-Kommission in einem Defizitverfahren den Zeitraum verlängern, in dem ein Land sein Staatsdefizit wieder unter den Maastrichter Grenzwert von 3% des BIP senken muss, wenn zyklische Gründe, etwa eine schwache Konjunkturentwicklung, vorliegen. Damit verbunden sind dann finanzpolitische Empfehlungen, nicht aber Reformauflagen oder harte Sanktionen. "Harte" Bedingungen, ausgesprochen durch IWF und europäische Rettungsfonds, kommen lediglich dann zum Zuge, wenn ein Land um finanzielle Hilfe nachsucht.

Dijsselbloem gab sich besorgt, dass das Reformtempo in der Eurozone nachlässt. Krisen-Länder nähmen ihre wirtschaftspolitischen Schwierigkeiten weniger energisch in Angriff, sobald der Druck der Finanzmärkte nachlässt.

Dijsselbloem stößt damit in dasselbe Horn wie Asmussen, Direktoriumsmitglied der EZB, der jüngst die Wirksamkeit des gültigen Instrumentariums zur Koordinierung nationaler Wirtschaftspolitiken in der Eurozone in Frage gestellt hat. Seiner Meinung nach haben die Mitgliedstaaten in diesem Jahr nur 10% der länderspezifischen Empfehlungen der EU-Kommission verwirklicht.

Was der Eurogruppen-Chef fordert, liegt im Prinzip auf der Linie von Merkel. Die setzt auf einen Mechanismus, der die Staaten gegenüber der EU-Kommission über sogenannte Reformverträge zu Reformen verpflichtet. Im Gegenzug sollen sie aus einer „Fiskalkapazität“ Mittel erhalten sollen. Diese existiert bisher nicht, es gibt nur allgemeine Absichtserklärungen der EU-Regierungschefs. Voraussetzung hierfür wäre eine Art Euro-Haushalt.

Hier wird wieder einmal versucht, mit Verträgen wirtschaftliche Disfunktionalitäten in den Griff zu bekommen. Die Geschichte der Eurozone hat längst gezeigt, dass das so nicht funktioniert. Eine von der wirtschaftlichen Basis her instabile Wirtschaftszone kann mit noch so vielen Verträgen nicht zusammengehalten, geschweige denn, entwickelt werden.

Davon abgesehen läuft der Vorschlag von Dijsselbloem auf eine zentrale Arbeitsmarktpolitik hinaus. Warum? Innerhalb des einheitlichen Währungsraums gibt es keine Möglichkeit, Anpassungen zwischen Ländern über Währungsrelationen zu unterstützen. Also führt der Weg in den Krisenländern über Deflation und damit über Lohnsenkung. Da die Löhne nach unten wenig flexibel sind, bedeutet das steigende Arbeitslosigkeit und damit weiteren Deflationsdruck. Die EU-Kommission müsste Defizitstaaten also v.a. zu „Reformen“ auf dem Arbeitsmarkt verpflichten. Wie das institutionell funktionieren soll, ist mir schleierhaft.

Dazu passt: Simon Wren-Lewis, Wirtschaftsprofessor in Oxford, schreibt in einem lesenswerten Blog-Beitrag (h/t Eurointelligence): „Über drei Jahre sind fast 10% des Eurozonen-BIP durch politische Fehler unnötig verloren gegangen. Und das ist nicht die wilde Theorie eines verrückten Volkswirts, sondern das, was uns eine simple Analyse aufgrund bekannter Modelle sagt.“

Die folgende Grafik des Wall Street Journal zeigt sehr deutlich die “zwei Geschwindigkeiten” in den USA und in der Eurozone seit Anfang 2008 und stützt damit indirekt die Aussage von Wren-Lewis.

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Ich komme immer wieder auf denselben Punkt zurück. Die Währungsunion wird nicht durch noch so viele Verträge zusammengehalten, auch nicht durch eine Brüsseler Zentralregierung. Das Mindeste wäre die Einrichtung einer Euro-Süd- und einer Euro-Nord-Zone, um die Anpassung zwischen den heterogensten Mitgliedsländern zu unterstützen.

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