In einem FT-Artikel mit dem Titel „Contrarians look to rule roost in 2013“ befasst sich Robin Wigglesworth mit der Frage, welche „Assets“ 2013 interessant sein könnten. Zu China schreibt er, das Wachstum des Landes sei zwar trotz einer Delle in diesem Jahr immer noch groß. Aber für Aktionäre hätte sich in 2012 der griechische Markt mehr gelohnt.
In der Tat, auf Euro-Basis hat der MSCI Greece zwischen Jahresbeginn und Ende Oktober gut 24% Kurssteigerung produziert. Im selben Zeitraum kam der chinesische HSI nur auf 15%. Mittlerweile hat der MSCI Greece allerdings wieder deutlich abgegeben, so dass per heute der „Wachstumsplay“ China mit plus 20% seit Jahresbeginn wieder die bessere Alternative ist.
Im Sinne von konträren Investments konnten sich portugiesische Bond-Halter über ansehnliche Renditen freuen gegenüber etwa den real negativen Zinsen deutscher Staatsanleihen. Und Banken haben die Aktiengewinne weltweit angeführt. So ist der US-Bank-Index KBW seit Jahresbeginn um fast 26% gestiegen, ein ETF auf die Banken im EuroStoxx50 brachte es im Jahr des Griechenland-Haircuts immerhin auch noch auf plus 10,6%.
Die Hitliste für die meisten Anleger ist auch 2013 die bekannte Triade: Unternehmensanleihen, Emerging-Markets-Bonds und Dividenden-Blue-Chips. Vermeiden sollte man nach allgemeiner Überzeugung hingegen „safe haven“-Staatsanleihen.
Peter Oppenheimer, chief global equity strategist bei Goldman Sachs, betont, der Preis sei wichtiger als Wachstum: „Man kann eine Menge Plätze mit miesen Fundamentaldaten finden, aber deren Bewertungen übertreiben das noch.“
Eine der populärsten Wetten von „Contrarians“ ist die, die seit mehr als zwei Dekaden frustriert: Japanische Aktien. Die Fundamentaldaten sind weiter mies, Japan befindet sich in der fünften Rezession innerhalb von 15 Jahren. Die Staatsverschuldung ist so hoch wie sonst nirgends auf der Welt. Aber der neu gewählte Premier hat aggressive Anreizprogramme versprochen und ruft nach unbegrenztem geldpolitischen Support, um die Deflation zu bekämpfen. Das hat viele Hedgefonds dazu gebracht, gegen den Yen zu wetten.
Gleichzeitig haben einige begonnen, japanische Aktien überzugewichten; die könnten von Inflation und einem schwächeren Yen profitieren, meinen sie. Der Nikkei ist seit Mitte November schon um 17% angestiegen, trotzdem bleibt der Markt ein Schnäppchen. Das sagt zumindest Russ Koesterich, chief investment strategist von BlackRock: „Das ist eine Asset-Klasse, bei der die Leute das Handtuch geworfen haben.“
Es gibt andere ungeliebte Aktienmärkte, die für Anleger interessant sein könnten, die gerne gegen den Strom schwimmen. So würde etwa der Brasilianische Bovespa-Index profitieren, wenn China wieder Fahrt aufnimmt.
Auch der spanische Ibex gehört dazu. Dessen Aktien werden in etwa zum für 2013 vorhergesagten Buchwert gehandelt. Zwar ist der Ausblick für Spanien schlecht, aber das Beispiel Griechenland zeigt, dass Anleger über den Tellerrand aktueller Rezessionen blicken können. Mit der Aussicht, dass die EZB interveniert, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und einer allgemeinen Verbesserung der wirtschaftlichen Weltlage zum Ende des nächsten Jahres hin, könnten spanische Aktien zu den unerwarteten Jahresgewinnern in 2013 zählen, schreibt Wigglesworth.
Die reizvollste These der Contrarians ist jedoch, dass das Wachstum der US-Wirtschaft positiv überrascht. Das würde die Treasury-Renditen deutlich hoch treiben. Die Fed will die Leitzinsen noch Jahre tief halten, gleichzeitig manipuliert sie die langfristigen Zinsen mit Bond-Käufen nach unten. Wenn jetzt das Wachstum anziehen sollte, könnte die Fed ihre Bond-Käufe zurückfahren und längerfristige Treasury-Zinsen steigen lassen.
Das würde die sowieso erwartete Umschichtung von Bonds in Aktien beschleunigen und eine Herdenbewegung auslösen. Das aber brächte viele Segmente der Anleihemärkte unter Druck. Fitch Ratings schätzt, dass eine typische US-Unternehmensanleihe im kommenden Jahr 15% verlieren könnte, wenn die Treasury-Renditen nur auf das Niveau von Frühjahr 2011 steigen.
Das Wetten gegen den Treasury-Markt war bisher schon populär, aber für einige Jahre nicht profitabel. Einige Anleger denken, 2013 könnte sich das ändern.
Weltweit sind 2012 mehr als 1,7 Bill. Dollar in „investment grade“ Unternehmensanleihen geflossen. Das schlägt den Rekord von 2009 und liegt 46% über dem Wert aus 2011. Die weltweite Neuemission von „high-yield“-Anleihen kommt in 2012 auf knapp 420 Mrd. Dollar und übertrifft damit den Rekord aus 2010 (351,2 Mrd. Dollar) (Quelle hier).
Die Fälligkeiten auf dem US-Anleihemarkt zeigt der folgende Chart:
Da haben wir sie wieder, die „Reise nach Jerusalem“. Am Markt der Unternehmensanleihen wird so lange getanzt, so lange die Musik spielt, obwohl allen klar ist, dass der Markt einen geordneten Exit aus einer solchen Blase nur dann hinbekommt, wenn die hässliche Realität nicht zurückkehrt – entweder durch eine schlechter als erwartete wirtschaftliche Entwicklung (Stichwort „Wachstumsschwäche“) oder durch irgendeinen Schock. Und hierzu gibt es genügend „Tretminen“, externe (geopolitische Krisen) wie endogene (z.B. Staatspleiten).
Letzte Meldung: Griechische Staatsanleihen sind auf die niedrigste Rendite seit März 2011 gesunken, nachdem die EZB erklärt hat, sie wieder als Sicherheiten zu akzeptieren. Zuvor hatte Standard & Poor’s für viele völlig überraschend das Kreditrating des Landes um sechs Stufen hoch gesetzt. Der Kurs der 10-jährigen Referenzanleihe stieg auf 50,5%, was eine Jahresrendite von 11,3% ergibt.
Der folgende Chart zeigt, dass sich die Renditen in der Eurozone bereits deutlich abgeschwächt haben:
Sollte sich das in 2013 so fortsetzen, würde das Geschäftsmodell z.B. der PIIGS-Banken, mit hochrentierlichen Anleihen des eigenen Landes per billigem EZB-Kredit zu verdienen, etwas aus der Mode kommen. Dann müssten diese "Zombies" nach anderen "Modellen" Ausschau halten – kaufen sie dann Aktien des eigenen Landes?
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Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit
"…den Kreditausweitungen zwischen 1970 und 2009, in Höhe von 1.596 Mrd. Euro, standen in der gleichen Zeit Zinszahlungen des Staates in Höhe von 1.562 Mrd. Euro gegenüber! D. h., nutzbar für Staat und Bürger waren in diesen 39 Jahren nur jene 34 Mrd. Euro, die sich aus der Differenz zwischen Kreditaufnahmen und Zinszahlungen ergeben. – Profitiert hat also alleine jene Bürger-Minderheit, die dem Staat ihr Geld geliehen hat: Sie ist um 1.562 Mrd. Euro reicher geworden." (Helmut Creutz, 2011)
Der "Jahrhundertökonom" John Maynard Keynes wusste, dass eine staatliche Liquiditätsgebühr ("carrying costs") auf alles Zentralbankgeld (konstruktiv umlaufgesicherte Indexwährung) "der vernünftigste Weg sein (würde), um allmählich die verschiedenen anstößigen Formen des Kapitalismus loszuwerden. Denn ein wenig Überlegung wird zeigen, was für gewaltige gesellschaftliche Veränderungen sich aus einem allmählichen Verschwinden eines Verdienstsatzes auf angehäuftem Reichtum ergeben. Es würde einem Menschen immer noch freistehen, sein verdientes Einkommen anzuhäufen, mit der Absicht es zu einem späteren Zeitpunkt auszugeben. Aber seine Anhäufung würde nicht mehr wachsen."
Doch ohne diesen "vernünftigsten Weg" zu beschreiten, den Silvio Gesell bereits 20 Jahre zuvor in "Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld" vollständig und widerspruchsfrei beschrieben hatte, lässt sich Keynes in seiner "Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes" (1936) nur über alle denkbaren und undenkbaren Möglichkeiten aus, wie es der politischen Seifenoper gelingen könnte, die systemische Ungerechtigkeit der Zinsumverteilung von der Arbeit zum Besitz durch eine "antizyklische staatliche Investitionspolitik" bis zum Staatsbankrott durch Überschuldung hinauszuzögern (nebenbei bemerkt: der erste Patient, der den Keynesianismus anwendete, war Adolf Hitler), anstatt das Elend einfach abzustellen.
Dabei ist zu beachten, dass Politiker (Machtmenschen) nicht aus "bösem Willen" handeln,…
"Daß der Dumme oft bockig ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß er nicht selbständig ist. Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm, daß man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat. Er ist in einem Banne, er ist verblendet, er ist in seinem eigenen Wesen mißbraucht, mißhandelt. So zum willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem Bösen fähig sein und zugleich unfähig, dies als Böses zu erkennen." (Dietrich Bonhoeffer, 1943)
…sondern sie wissen wirklich nicht, was sie tun, solange die Religion (Machterhalt) nicht erklärt und damit wegerklärt ist: Jüngstes Gericht