EZB: Rechtsbruch im öffentlichen Interesse erlaubt

Bloomberg will die Freigabe von Dokumenten erzwingen, die belegen, dass Griechenland Derivate benutzt hat, um seinen Schuldenstand zu verschleiern. Die Nachrichtenagentur hat im August 2010 von der EZB eine entsprechende Veröffentlichung verlangt, die EZB hat das ablehnt.

Der „General Court of the European Union“ hat jetzt zugunsten der EZB entschieden: "Eine Veröffentlichung dieser Dokumente hätte den Schutz des öffentlichen Interesses untergraben insoweit es die Wirtschaftspolitik der EU und Griechenlands betrifft."

Und weiter: "In einer sehr verwundbaren Marktumgebung hätte die Veröffentlichung das ordentliche Funktionieren der Finanzmärkte bedroht." Der "Court" macht sich damit die stereotype Argumentation der Politbürokratie zu eigen, die stets vor Reaktionen der fragilen "Märkte" warnt, wenn nicht dieses oder jenes getan wird.

Mit anderen Worten: Wenn man für sich in Anspruch nimmt, im öffentlichen Interesse zu handeln, kann man Recht brechen. Das ist der rote Faden, der sich durch die gesamte EU und Eurozone zieht. Z.B. gibt es in den europäischen Verträgen die "No bailout"-Klausel, aber Griechenland wird ganz aktuell ein weiteres Mal "gerettet".

Vor einiger Zeit schon hatte der Finanzrechtsexperte Prof. Helmut Siekmann die Euro-Rettungsmanöver umfassend kritisiert, die sich “in Bereichen des mehr oder weniger offenen Rechtsbruchs” bewegen. Das sei die eigentliche Gefahr für die Währungsunion, denn die Funktionsfähigkeit einer Papierwährung beruhe allein auf Vertrauen. Vertrauen erfordere aber an erster Stelle die Einhaltung der zugrunde liegenden Rechtsnormen.

Der Spruch des „General Court of the European Union“ bedeutet darüber hinausgehend: Die Freiheit der Information kann unter Hinweis auf das öffentliche Interesse beliebig beschnitten werden. Letztlich bestimmt dann z.B. die EZB, was die Bürger in ihrer "Demokratie" erfahren und was nicht. "Demokratie" setzt aber den mündigen Bürger voraus, der nur mündig sein kann, wenn er umfassend informiert ist.

Dieser Geist ist auch in den ESM-Verträgen und -Gesetzen festgeschrieben, die ihn als eine Art Geheimbund aufstellen mit umfassendsten Rechten und maximaler Abschottung vor der Öffentlichkeit.

Gegen den Spruch des „General Court of the European Union“ kann innerhalb von zwei Monaten beim Europäischen Gerichtshof geklagt werden.

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