Bernanke wiedergewählt

Bernanke wiedergewählt? Ja, der Fed-Chef bleibt im Amt – und das dürfte wahrscheinlich wichtiger sein als die Tatsache, dass Obama Präsident der USA bleibt. Widersacher Romney hatte sich früh darauf festgelegt, Bernanke abzusetzen, wenn er zum Präsidenten gewählt wird.

Eine irrsinnig teure Wahlschlacht ist zu Ende gegangen. Obama, von kritischen Amerikanern als das kleinere oder als das effektivere Übel bezeichnet, kann sich gegen einen Konkurrenten durchsetzen, der von Wall Street mit den größeren Wahlkampfspenden bedacht worden war. Wahrscheinlich wäre Obama gescheitert, wenn die Republikaner einen wendigeren Kandidaten aufgestellt hätten.

Obamas Wahlkampf kontrastierte scharf mit dem vor vier Jahren. Damals war er, kräftig von Wall Street gesponsert, mit dem Schlachtruf „Change“ angetreten. Der jetzt zurückliegende Wahlkampf war eher geprägt von kleinlichen Hakeleien mit Widersacher Romney. Von Visionen war keine Rede mehr, auch klang vergleichsweise wenig Stolz auf die eigene Bilanz von vier Jahren Präsidentschaft an. Obama stellte eher darauf ab, er habe noch nicht fertig mit seiner schweren Aufgabe, habe seine Pflicht noch nicht erfüllt.

Fragt sich, welche Pflicht und wem gegenüber. Kaum jemand erinnert sich daran, dass Obama unter den drei Kandidaten der Demokraten im Vorwahlkampf 2009 derjenige war, der sich klar dagegen ausgesprochen hatte, Zwangsräumungsverfahren gegen klamme Hypothekenschuldner auszusetzen; „lasst es laufen,“ hatte er seinerzeit gesagt. Seine damalige Widersacherin Clinton plädierte wenigstens für einen freiwilligen Verzicht, der dritte strebte ein Gesetz zur Aussetzung an.

Die Leitlinie der Politik Obamas war unter dem Strich schlicht die, die Finanzindustrie herauszuhauen. Das hat er geschafft dank der Berater, die ihm Wall Street zur Seite gestellt hat. Was hat er gegen die Finanzindustrie zu Wege gebracht, um zu verhindern, dass es noch einmal zu einer solchen Finanzkrise kommt? Unter großen Geburtswehen wurde im Juli 2010 der Dodd-Frank-Act zustande gebracht worden, der dafür sorgen soll, dass die Finanzinstitute nicht noch einmal zu groß werden, um zu fallen. Diese „große Finanzmarktreform“ war zuvor so entschärft worden, dass man es auch hätte lassen können. Der übrig gebliebene Rest zeichnet sich durch extreme Komplexität und lange Fristen aus.

Vergessen wir Obama und Romney. Aus finanzwirtschaftlicher Sicht viel entscheidender ist, dass Fed-Chef Bernanke am Ruder bleibt. „Obama gewinnt, Bernanke bleibt und damit auch die Risiko-Asset-Rally," sagte ein Beobachter gestern, als im Vorfeld des Wahlergebnisses Aktien, Edelmetalle und Rohstoffe bereits anstiegen.

Seit Obama US-Präsident ist, ist der S&P 500 um 67% angestiegen – das ist eine der stärksten, jemals gesehenen Aktien-Bewegungen in einer vierjährigen Präsidentschafts-Phase. Der Goldpreis hat sich im selben Zeitraum mehr als verdoppelt. Der Preis von Öl Brent ist noch stärker gestiegen.

Dass im selben Zeitraum auch die US-Staatsverschuldung dramatisch angestiegen ist, ist hinlänglich bekannt, tangierte die „Märkte“ aber über weite Strecken nicht. Im Gegenteil – sie zeigten in der jüngeren Vergangenheit eine zunehmende Neigung, politische Probleme herunterzuspielen, nur um sich dann umso „konsternierter“ zu zeigen, wenn die Politik in kritischen Situationen keine Lösung fand. Man denke an April 2010, als Griechenland zum ersten Mal pleite ging, man denke an Juli/August 2011, als Demokraten und Republikaner sich dabei verhakten, die Schuldenobergrenze aufzusprengen.

Aus dieser Zeit bleibt ein „Erbe“, die „fiscal cliff“. Nachdem man damals in letzter Sekunde den Schuldendeckel gehoben hat, einigte man sich auf automatisch Anfang Januar wirksam werdende Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen. Eine zwischenzeitlich eingesetzte Arbeitsgruppe, die hierzu alternative Maßnahmen erarbeiten sollte, brachte nichts zustande.

Die Demokraten verfügen im Senat über die Mehrheit, die Republikaner dominieren das Repräsentantenhaus. Obama muss nun sehen, wie er mit diesem Patt zurecht kommt. Falls keine Lösung gefunden wird, befürchten Volkswirte, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession stürzen und die „Märkte“ in den Keller schicken könnte. Das würde die Weltwirtschaft auf dem falschen Fuß erwischen. Die chinesische Wirtschaft versucht gerade so etwas wie eine Bodenbildung, die der Eurozone ist dabei, noch tiefer in die Rezession rutschen.

Nachtrag:
(8.11.12) „Bei einem Sieg Obamas wird es mehr Inflation, mehr Gelddrucken, mehr Schulden und mehr Ausgaben geben”, sagt Jim Rogers. Das wäre für niemanden gut. Und: "Es sieht für mich so aus, dass sowohl Gelddrucken wie Geldausgeben Amok laufen." Rogers sagt, er habe weder für Romney noch für Obama gestimmt, weil beide "schlimm" seien. Die Rohstoffpreise würden steigen, der Dollar an Wert verlieren, glaubt er.

(8.11.12) Eine lesenswerte Stellungnahme zur US-Wahl: "Die speziellen Interessen haben wieder gewonnen".

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