S&P 500 – reicht es jetzt?

Der Nikkei steigt über sein Allzeithoch bei 38.916 vom 29. Dezember 1989, bis 40.000 fehlen 89 Punkte. Was wird da gefeiert? Die Frage kann man auch beim DAX stellen, der die Woche ebenfalls auf einem Allzeithoch beschliesst.

Der S&P 500 steigt auf Wochensicht um 1,0%. NDX und Nasdaq Composite gewinnen mehr. Der Dow erneut knapp behauptet. S&P 500 und NDX haben zum Wochenende neue Allzeithochs gebildet. Die Frage nach dem Grund dieser Anstiege kann man auch hier stellen, auch wenn der Bull-Run aus fundamentaler Sicht etwas plausibler ist.

Die Ölpreise steigen im Wochenvergleich deutlich stark an. Der CRB-Rohstoffindex gewinnt ebenfalls. Gold steigt um 2,3%, Silber um 1,0%.

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Die US-Renditen zeigen sich über das gesamte Laufzeitenspektrum schwächer. Die der 10yr-TNotes sinkt auf Wochensicht um 1,6%, die der 2yr-TNotes verliert 2,8%, die der 13wk-TBills leichter mit -0,5%. Der Dollar-Index knapp, Euro/Dollar gut behauptet. Die Währungspaare Dollar/Yen und Euro/Yen knapp behauptet mit –0,3%, bzw. –0,1%. Der Yen baut Stärke auf, von der BoJ kommen erneut Signale, die ultralockere Geldpolitik abzubauen.

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Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken sinkt auf Wochensicht um 1,0%. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index (DJT), gibt 0,6% ab. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, mit starken 6,8%. Er riss am Freitag eine Aufwärtslücke.

Der Rendite-Spread am langen Ende vergrößert sich im leicht positiven Bereich. Die Inversion der Zinsstruktur über das gesamte Spektrum unverändert bei 1,04%. Die negative Differenz zwischen der Rendite der 2yr-TNotes und der eff FFR nimmt zu. Die Erwartungen hinsichtlich einer baldigen Leitzins-Senkung scheinen wieder größer zu werden.

In den großen US-Indices, wie auch im DAX entstanden am 22. Februar bedeutende Aufwärtslücken, nachdem die Fed getagt und nichts beschlossen hatte. Kurslücken werden in der Regel in einem überschaubaren Zeitrahmen geschlossen, so lange sie nicht vom Typ „Break away“ sind. Angesichts des bereits seit November anhaltenden Bull-Runs ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich nicht um einen solchen Typ handelt. Aber nichts ist unmöglich…

Die PCE-Kerninflation, die von der Fed bevorzugte Kennzahl für die allgemeine Preisentwicklung, ist im Januar mit 2,8% weniger angestiegen als mit 2,9% erwartet. Also ist die Inflation besiegt? Financial Sense sagt nein: Die Frühindikatoren für die Inflation verdichten sich und geben Anlass zur Sorge. Derjenige, der wirklich schockiert hat, war der PMI für Dienstleistungen… er deutet darauf hin, dass die Talsohle durchschritten ist und dass wir nicht auf die von der Fed angestrebten 2% kommen, sondern dass wir tatsächlich wieder auf eine Inflationsrate von 3,5 bis 4% zusteuern könnten. Der ISM-Dienstleistungs-PMI-Bericht über die Unternehmenspreise läuft in der Regel etwa drei Monate vor der allgemeinen Inflation.

Der ISM-Index für die US-Fertigungsaktivitäten ist im Februar den 16. Monat in Folge in Kontraktion, seine Schwäche ist deutlicher as erwartet. Der Index ist ein „Diffusionsindex“, die Richtung ist wichtiger als die Größe. Der Sub-Index für neue Aufträge ist in Kontraktion zurückgefallen.

Mish Talk: Eine Rezession in Europa ist unvermeidlich, Frankreich und Deutschland nehmen dabei eine Führungsrolle ein. Der folgende Chart zeit die Entwicklung der Industrieproduktion (ohne Bausektor). Wahrlich beeindruckend, der Abstieg seit Ende 2017 um 14%. Halten sich mal den Kursverlauf des DAX dagegen! Der ist in dieser Zeit um 33% angestiegen.

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Gemessen an der Verschuldung im Verhältnis zum BIP ist Frankreich in einer schlechten Verfassung. Frankreichs Staatsverschuldung machte im September 2023 111,7% des nominalen BIP des Landes aus. Die Schuldenquote in Deutschland liegt bei 66,1%, in Griechenland bei 173%, in Italien bei 142% und in Belgien bei 104% des BIP. Das Ziel ist laut EU-Vertrag 60% – viel Glück wünscht Mish Talk.

Eine weitere kleine „Divergenz“. Der Kursverlauf eines ETF auf den italienischen Aktienindex MIB. Er hat seit November 2017 um 78% zugelegt. Da sage noch einer, Aktienkurse und wirtschaftliche Fundamentaldaten hätten nichts miteinander zu tun…

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Mit einem ETF auf griechische Aktien sieht es ähnlich beeindruckend aus – er ist seit März 2020 um 170% gestiegen.

Befinden sich Aktien in einer Blase? Ray Dalio meint, nein.

Jeffrey Gundlach sieht schwarz.

Laut Bloomberg haben kanadische Pensionsfonds endlich erkannt, dass es tatsächlich so etwas wie Schwerkraft gibt. Sie zählten bis vor kurzem zu den weltweit profiliertesten Käufern von Immobilien und haben die Pensionspläne auf der ganzen Welt dazu inspiriert, ihnen nachzueifern. Und so ergreift der größte unter ihnen, das Canada Pension Plan Investment Board, die Initiative und hat vor kurzem drei Geschäfte zu stark reduzierten Preisen abgeschlossen. Es verkauft seine Anteile an zwei Hochhäusern in Vancouver und einem Gewerbegebiet in Südkalifornien. Aber es war sein Projekt zur Sanierung von Bürotürmen in Manhattan, das die Branche schockierte: Der kanadische Vermögensverwalter stieß seinen Anteil für nur einen Dollar ab. Die Sorge ist nun, dass solche „Firesales" ein Beispiel für andere Großinvestoren sein werden, die ebenfalls einen Ausweg aus den Turbulenzen suchen, und einen umfassenden Zusammenbruch des Immobilienmarktes in Manhattan erzwingen, der bis jetzt eine echte Preisfindung vermeiden konnte.

Nicht nur in den USA geht es im wichtigen Segment der Gewerbeimmobilien abwärts (siehe z.B. hier!). Auch deutsche und andere Kreditgeber in Europa geraten aufgrund des Abschwungs an den Heimatmärkten unter Druck. Dies zeigt sich u.a. an Kreditherabstufungen durch führende Ratingagenturen wie Moody’s und auch anhand der Performance von Aktienkursen im Bankenbereich.

Die im Rahmen von Basel III Endgame vorgeschlagenen Änderungen würden sich negativ auf die Kapitalmarktaktivitäten der Großbanken auswirken und die Wirtschaft, Unternehmen, Verbraucher und Sparer beeinträchtigen, schreibt SIFMA-Präsident und CEO Kenneth E. Bentsen Jr. und verweist auf die Ergebnisse einer kürzlich durchgeführten quantitativen Auswirkungsstudie.

Inflationsdruck und geopolitische Risiken führen zu einer „größeren Unsicherheit" in Bezug auf eine sanfte Landung der Wirtschaft, so David Solomon, Geschäftsführer von Goldman Sachs. „Der Markt ist sehr stark auf eine weiche Landung ausgerichtet. Und wenn man sich die Faktenlage der letzten drei oder vier Jahre ansieht, fällt es mir schwer zu glauben, dass es so einfach sein wird", sagte Solomon.

Die Inanspruchnahme der Overnight-Reverse-Repo-Fazilität der US-Notenbank ist von einem einmaligen Höchststand von 2,5 Bill. Dollar auf unter 500 Mrd. Dollar an täglichen Guthaben gefallen. Viele Analysten und Portfoliomanager gehen davon aus, dass die Inanspruchnahme des Programms, das im Zentrum der Funktionsweise des Finanzsystems und der Wirtschaft steht, weiter zurückgehen wird. Dies schränkt seine Rolle als Schockabsorber auf dem Markt für Staatsanleihen ein und könnte zu höherer Volatilität und höheren Zinssätzen führen.

The Marketear: Die gefühlte NASDAQ-Hausse war in den letzten Wochen stärker als die tatsächlich realisierte. Im Grunde haben wir uns auf den Höchstständen konsolidiert. Eine ähnliche Entwicklung haben wir im letzten Sommer gesehen. Wir sehen viele weitere Ähnlichkeiten zwischen damals und heute. Ein Durchbruch unter die Trendlinie könnte ähnliche Verkäufe auslösen wie im letzten Sommer.

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Die Rendite der 10yr-TNotes dürfte zum Wochenende hin eine obere Umkehr eingeleitet haben. Sie hat sich am 32er-Retracement des Abwärtsimpules aus Mitte Oktober den Kopf gestoßen und ist nun aus dem Aufwärtskanal aus der Jahreswende herausgefallen. Sie notiert an der EMA50, darunter liegt das 50er-Retracement (~4,15%). Bonds sind wieder „in“.

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Der S&P 500 hat am zurückliegenden Freitag bei 5137,08 geschlossen. In den Tagen zuvor hatte er die Linie aus Ende Oktober getestet, zugleich die Unterseite eines kurzfristigen Aufwärtskanals. Die jüngste Aufwärtsbewegung steht im Konzext der Veröffentlichung der PCE-Kernpreisinflation und des ISM-Index. Im Grunde zeigen beide, insbesondere aber der ISM-Index, aktuell willkommene wirtschaftliche Schwäche an. Und das steht wiederum in Zusammenhang mit der vermuteten oberen Wende bei der Rendite der 10yr-TNotes. Aber die Luft wird sehr dünn für den Index (Chartquelle).

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Auf der Oberseite herrscht unchartiertes Gelände, auf der Unterseite kommt bei rund 5100 zunächst die Aufwärtslinie aus Anfang November in den Fokus. Bei 5050, 5000, 4950, 4850 und 4800 liegen leichtere statische Supports. Die EMA50 verläuft bei knapp 4900 (steigend). Bei 4750 liegt das 38er-Retracement des Aufwärtsimpulses aus November (falls der Impuls jetzt endet).

Die Marktindikatoren zeigen sich per Saldo im Wochenvergleich mit 71:0 bullisch. Das Verhältnis von SPX zu VIX ist hoch, tendiert aufwärts, „Greed“ nimmt zu. Die Volatilitätsauswertung des VIX zeigt riskante Selbstzufriedenheit. Die Volumenverteilung ist in Akkumulation kurz vor Überdehnung, die Marktbreite nach TRIN zeigt sich bullisch. Der TQUAL-Indikator, gebildet aus RSI, Stochastik und MACD internationaler Aktienindices, läuft divergent in bärischer Richtung.

Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis sehen lineare Eigenschaften klar dominieren an der Obergrenze des in den zurückliegenden Jahren gebildeten Bereichs (mittlerer Chart), die expansive Bewegung hat zunächst nicht mehr viel Spielraum. Die Prognose sieht für den S&P 500 kurzfristig eine volatile Seitwärtsbewegung, vor drei Wochen war hier übergeordnet ein Ziel von rund 5150 ausgegeben worden.

Die Rendite der Ramsch-Anleihen markiert zusammen mit dem Höhenflug des S&P 500 weiterhin keine neuen Tiefs, sondern tritt mehr oder weniger auf der Stelle. Sie notiert weiter über dem jüngsten Tief zum Jahresende 2023, eine Bestätigung für eine nachhaltige Aufwärtsbewegung beim S&P 500 ist das nicht – ein ähnliches Bild gab es in der zweiten Hälfte Juli 2023.

Die Charts der aggregierten Marktindikatoren, der fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis, sowie der Rendite der Ramsch-Anleihen werden börsentäglich auf der Startseite aktualisiert.

Der S&P 500 dürfte zunächst einen Support aufsuchen – siehe oben! Bei Unterscheiten der oben benannten Aufwärtslinie dürfte es zu Gewinnmitnahmen kommen. Ein nochmaliges Aufbäumen ist möglich – der Herdentrieb befruchtet sich selbst. Bis zu einem Rückgang auf 5000, 4950 dürfte es genügend Schnäppchenjäger geben, die den Index bremsen.

Thema Rezession und folgend: Wie immer gibt es gegensätzliche Meinungen und Einschätzungen (siehe z.B. hier!). Das ist auch gut so, weil es ermöglicht, unterschiedlichste Aspekte kennen zu lernen. Ich denke, eine Rezession ist nahe, durchaus denkbar, dass sie zur im ersten Halbjahr hereinbricht, etwa getriggert durch die Lage bei Gewerbeimmobilien. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass das im März 2023 aufgelegte Programm zur Bankenrettung am 11. März ausläuft. Noch ist nicht von Verlängerung die Rede. Wir hatten eine in etwa vergleichbare Situation im März 2020. Damals lief eine auf acht Monate befristete Geldflut-Aktion der Fed aus. Sihe dazu hier!

Was die Verschuldung angeht, so ist sie seit vielen Jahren untragbar und wird es immer mehr. Wenn bald die Hälfte der Steuereinnahmen der USA für Zinsen ausgegeben werden muss – wie soll der Staat dann seine Kernaufgaben noch wahrnehmen oder seinen sonstigen Verpflichtungen nachkommen können? Ein Pulverfass auch hinsichtlich sozialer Unruhen…

Eine Chance, aus den Schuilden herauszuwachsen, besteht meiner Meinung nach nicht. Die Wachstumskräfte erlahmen immer mehr. Genau deshalb wird KI (K_eine I_ntelligenz) so hochgepusht – es ist der rettende Strohhalm. Die Divergenz zwischen Aktienkursen und wirtschaftlicher Realität wird immer größer. Das ist natürlich der langen Null-Zins-Politik zuzuschreiben.

Diese Phase dürfte zwar aus historisch-zyklischen Gründen zu Ende sein, aber die Zentralbanken werden in der nächsten schweren Krise sofort wieder hierzu zurückgehen – mehr noch, sie werden perspektivisch negative Zinsen anstreben. Dazu aber muss das Bargeld abgeschafft und digitale Zentralbank-Währungen eingeführt werden. Dass vieles auf eine Ex- oder Implosion im Finanzwesen zum Ende des Jahrzehnts hindeutet, ist offensichtlich.

Die kommende Rezession wird vermutlich noch mit den bekannten Mitteln einigermaßen beherrschbar sein. Danach dürfte es zu einem weiteren Bull-Run bei Aktien kommen – möglicherweise begleitet sogar von steigenden Renditen. Ganz entgegen der „reinen Lehre“. Das dürfte dann aber auch die Phase sein, in der sich Anleger auf das, was kommt einstellen müssen.

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