S&P 500 – Bullen am Zug?

Der Dow steigt auf Wochensicht um zwei Prozent, der S&P 500 brachte es auf +1,8%. Der NDX steigt um 1,7%, er markiert zwar die sechste Gewinnwoche in Folge, jetzt aber ohne relative Stärke. Der DAX gewinnt 0,4%. Er produzierte wie auch der S&P 500 am zurückliegenden Freitag eine Aufwärtslücke.

Euro/Dollar sinkt im Wochenvergleich um weitere 0,2%; Dollar und Euro gegen Yen –0,5%, bzw. –0,6%. Die Ölpreise sinken um 0,9% (Brent), bzw. um 1,0% (WTI). Der CRB-Rohstoffindex sinkt um weitere 0,4%. Gold (in Dollar) unverändert, Silber (in Dollar) steigt um 1,4%.

Die US-Renditen – erneut fester im Vergleich zur Vorwoche: Die der 10yr-TNotes sinkt um 2,8% auf 3,699%, die der 2yr-TNotes –1,1% auf 4,512%. Die Rendite der 13wk-TBills +2,0% auf 5,375%. Die Zinsstruktur zeigt am kurzen Ende eine weiterhin leicht abnehmende, aber nach wie vor starke Inversivität. Am langen Ende ist der Spread leicht positiv und nimmt ebenfalls leicht ab. Über alle Laufzeiten hinweg ist der Spread abnehmend negativ.

Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken steigt auf Wochensicht um weitere 5,2%. Der „Globalisierungsindikator“, Dow Jones Transport Index, steigt um 1,8% und notiert jetzt über seiner sinkenden EMA50. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, sinkt um 1,2%.

Das „Puzzle“ der Einzeldaten zusammengefügt: Der Dow ist mit einem ordentlichen Satz über seine EMA50 gesprungen. Die „Technologieseite“ zeigt leichte Schwäche. Die Renditen gehen zurück. Ausnahme ist die der TBills – anscheinend werden Mittel vom „Parkplatz“ abgezogen. Denkbar, dass jetzt eine Phase folgt, in der „normale“ Aktien wieder stärker gefragt sind. Die Differenz zwischen der Rendite der zweijährigen TNotes und der eff. FFR nähert sich von unten der Marke bei –0,5% an. Wird sie überwunden, dürfte das Erwartungen zumindest einer Zinspause unterstreichen.

Makroseite: Die Löhne sind im Mai weniger stark gestiegen als erwartet. Die Zahl der Jobs steigt hingegen stärker als erwartet. Zugleich steigt die Arbeitslosenquote deutlich an. Das beflügelt die Hoffnung auf eine weiche Landung der US-Wirtschaft und nährt natürlich die Hoffnung auf ein bevorstehendes Ende der geldpolitischen Straffung.

Die Inflations-Indices zeigen für April ein stabiles Preisbild. Die CPI-Headline-Inflation ist gegenüber dem Vormonat unverändert, nimmt im Monatsvergleich um 0,37% zu. Die CPI-Kern-Inflation schrumpft im April um knapp 0,5%, der von der Fed besonders beachtete PCE-Preis-Indikator steigt im Monats-, wie im Jahresvergleich leicht an. Aus meiner Sicht deuten die Verbraucher-Preisdaten für April nicht darauf hin, dass die Inflation deutlich schwächelt. Anders sieht es beim Sub-Index für Preise des ISM-Index aus. Der ist im Mai um 9% gesunken. Auch die Inflation nach PPI (PPIACO) zeigt im April den zweiten Monat in Folge mit –3% Schwäche.

Das FOMC der Fed entscheidet Mitte Juni über den nächsten Schritt, gegenwärtig spricht nach Auswertung der CME wenig für eine Zinspause. Die marktbewegenden Akteure spielen die (vorlaufenden) Rohstoffpreise. Der Kupferpreis befindet sich weiterhin übergeordnet seit Frühjahr 2022 in einer Abwärtsbewegung. In den zurückliegenden Tagen hat er zwar zu einer Gegenbewegung angesetzt, die aber bisher nicht überzeugt.

Sinkende Preis- und Kostentendenzen mögen am aktuellen Punkt zwar den Liquiditätssüchtigen willkommen sein. Aber was ist, wenn sie zugleich heraufziehende wirtschaftliche Schwäche zeigen? Wir bewegen uns ja meiner Meinung nach in einem Umfeld von Stagflation. Der ISM-Report zeigt, dass die US-Fertigungsindustrie im Mai stärker schrumpft als im April. Der Index befindet sich mit 46,90 sechs Monate in Folge in Kontraktion, er notiert über 16% unter seinem Vorjahreswert.

Bill White, vormals Chef-Volkswirt der Bank for International Settlement, der Zentralbank der Zentralbanken, sagt zum Thema Inflation: „Der private Sektor ist hoch verschuldet. In den USA haben sich die privaten Haushalte etwas erholt, was gut ist, aber global gesehen ist die Verschuldung des Privatsektors enorm gestiegen. Betrachtet man die Staatsverschuldung, so ist es fast genau dasselbe. Sie ist enorm angestiegen. Und in gewisser Weise, so denke ich jedenfalls, werden wir, wenn wir wirkliche Probleme auf der Seite der Verschuldung des privaten Sektors haben, eher in eine Deflation hineingeraten. Wenn wir eher Probleme mit der Tragfähigkeit der Staatsverschuldung haben und die Regierung die Kontrolle über die Druckerpressen hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit eines inflationären Ergebnisses größer."

Auch wenn die Zentralbanken bei Problemen mit der Verschuldung des privaten Sektors eher (wie 2008) zunächst dazu tendieren, aus der Blase Luft abzulassen – wie in der Folge von 2008 ebenfalls gesehen, werden sie schnell umschwenken, wenn das Finanzsystem zu taumeln anfängt. So wird es am Ende immer auf massive Liquiditätsflut hinauslaufen. Auf dem Weg dahin kommt es zu wechselweisen Phasen von Deflation und Inflation und zunehmender wirtschaftlicher Instabilität. Dies wiederum führt zu einer zunehmenden Vertrauenskrise in die Institutionen, bei der sich allmählich die Erkenntnis durchsetzt, dass es so nicht weitergehen kann.

Und wie geht es dann weiter? Über viele Dekaden wurde das freie Spiel der Marktkräfte immer weiter eingeschränkt, dabei spielte zunächst die Manipulation der Ölpreise eine wichtige Rolle. Auf die Spitze getrieben wurde das durch die Manipulationen der Renditen, den wichtigsten Preisen in einer schuldenorientierten Wirtschaft: Angefangen mit Fed-Chef Greespan in den späten 1980er Jahren, wurde jede Krise in Liquidität ertränkt. Mit dem Fokus auf die vermeintliche Klimakatastrophe gehen die Regierungen einen großen Schritt in Richtung Planwirtschaft. Letztlich steht am Horizont die ultimative Planwirtschaft im Rahmen des digitalen Zentralbankgeldes und der Abschaffung von Bargeld.

Klug wäre es, sich auf das freie Spiel der Marktkräfte zu besinnen und der heraufziehenden Katastrophe dadurch zu begegnen, dass man ihm (in einem festen Ordnungsrahmen) wieder Raum gibt. Dieser Prozess wäre mit großen „Schmerzen“ verbunden. Der Weg, der uns mit der Allmacht der Zentralbanken droht, führt jedoch geradewegs in eine Diktatur ohne persönliche Freiheiten und zugleich in eine wirtschaftliche Katastrophe, in der sich die Hybris offenbart, das Wirtschaftsgeschehen zentral planen zu wollen. Besser kein Schrecken ohne Ende…

Der Anteil der fünf größten Unternehmen im S&P 500 kommt erneut auf fast 25% der gesamten Marktkapitalisierung.

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Die Kurse der fünf größten Unternehmen im S&P 500 haben sich seit dem Jahreswechsel um mehr als 50% verbessert. Der S&P 500 steigt lediglich um 8,9%.

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Die Netto-Long-/Short-Positionierung im S&P 500 liegt aktuell bei 50%. Über weite Strecken notierte das Verhältnis in 2021 bei 65%. Kommt es dort wieder hin? Oder schlägt die aktuell neutrale Positionierung um in den verstärkten Aufbau von Shorts (Chartquelle).

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Der S&P 500 hat die zurückliegende Woche bei 4282,37 beschlossen. Dabei hat der Index mit einer Kurslücke den flachen Aufwärtskanal aus Mitte April nach oben verlassen. Mitte der zurückliegenden Woche wurde der Index unter hohem Tagesvolumen davor bewahrt, unter die eminent wichtige Zone bei 4150/4160 zu rutschen. Bei 4300 liegt das zyklische Hoch aus Mitte August 2022. Jetzt kommt es darauf an – kann sich der Index oberhalb davon festsetzen? (Chartquelle)

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Der VIX, Angstmesser an Wallstreet, ist mit seinem Fall auf unter 15 nun in einem seit „Corona“ nicht mehr gesehenen Bereich. Der Index notierte im Verlauf des Jahres 2021 immer wieder zwischen 16 und 15, was mit dem Verlauf der Long-/Short-Positionierung (siehe oben) korrespondiert.

Aus Sicht der Marktindikatoren ist das Bild recht bullisch. Die Auswertung des Sentiments nach SPX/VIX und nach Put-Call-Ratio zeigt bullische Signale. Die Markstruktur sieht bei der Volumenverteilung tendenziell Akkumulation, die Marktbreite nach TRIN-Index ist neutral. Die technische Lage nach MACD, RSI und Stochastik befindet sich im bärischen Bereich. Eine Umkehr ist noch nicht in Sicht, auf Sicht einiger Tage aber durchaus möglich. Das würde den bullischen Fall stützen.

Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis legen nahe, dass Aktien sich weiter expansiv entwickeln. Lineare Merkmale dominieren, das spricht üblicherweise für den Fortgang der eingeschlagenen Richtung.

Alles in allem ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sich der S&P 500 nach oben orientiert. Vermutlich ist die Dynamik zunächst nicht besonders hoch, weil 4300 eine starke Hürde darstellt. Und weil Mitte Juni die nächste FOMC-Sitzung der Fed ansteht. Ein kurzfristiger Rücksetzer sollte spätestens bei 4200 enden, dem Hoch von Anfang Dezember 2022. Das übergeordnet bullische Bild wäre aber erst gefährdet, wenn die Zone von 4150/4160 durchbrochen wird.

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