Die Aktienmärkte zeigten in der zurückliegenden Woche wiederum wenig Bewegung. Der Dow sinkt auf Wochensicht um weitere 1,1%, der S&P 500 gibt weitere 0,3% ab. Der NDX steigt um 0,6% und zeigt in der dritten Woche in Folge relative Stärke, wiederum jedoch nur in geringem Ausmaß. Der DAX mit -0,2% knapp behauptet, das Allzeithoch bleibt noch in Reichweite.
Euro/Dollar sinkt im Wochenvergleich um 1,5% und notiert nun deutlich unter der Marke von 1,1000; Dollar und Euro gegen Yen +0,7%, bzw. –0,8%. Die Ölpreise fallen um jeweils weitere rund 1,5%. Auch der CRB-Rohstoffindex sinkt um nochmals 1,4%. Gold (in Dollar) sinkt um 0,3%, Silber (in Dollar) stürzt um 6,6% ab.
Die US-Renditen – fester im Vergleich zur Vorwoche: Die der 10yr-TNotes steigt um 0,8% auf 3,468%, die der 2yr-TNotes +2,3% auf 3,996%. Die Rendite der 13wk-TBills kaum verändert bei 5,178%. Die Zinsstruktur zeigt am kurzen Ende eine leicht abnehmende, aber immer noch starke Inversivität. Am langen Ende ist der Spread gering positiv und nimmt ebenfalls leicht ab.
Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices findet sehr wohl Bewegung statt. Der KBW-Index regionaler Banken verlor auf Wochensicht weitere 6,2%. Der Dow Jones Transport Index verliert 2,4%. Der Halbleiterindex SOX geht um 1,2% nach unten. Das ist insofern bemerkenswert, als er zum NDX divergiert. Er hatte Ende März sein jüngstes Hoch produziert. Jetzt notiert er unter seiner leicht abwärts geneigten EMA50.
Da die Berichtssaison ausläuft, stehen Makrodaten wieder stärker im Fokus. Die CPI-Inflation zeigt sich im April mit 4,96% kaum verändert, gegenüber dem Vormonat steigt der CPI-Index um 0,37%. Auch die Kern-Inflation ohne Lebensmittel und Energie zeigt sich mit 5,54% kaum verändert. Der Eindruck entsteht, dass die Inflation auf relativ hohem Niveau zum Stillstand gekommen ist. Vor einem Jahr lag die CPI-Headline-Inflation bei 8,23%, die Kern-Rate bei 6,14%.
Der VIX, Angstmesser an Wall Street, bleibt unter seiner EMA50 im Bereich zwischen 16,30 und 18,00. Die tiefsten Pegel seit „Corona“ liegen bei knapp unter 15. Die 21-Tage-Volatilität ist in den zurückliegenden Tagen leicht zurückgegangen, das gilt auch für des S&P 500.
Alles in allem entsteht der Eindruck, die Aktienmärkte schlafen allmählich ein. Entsprechend sinkt auch das Handelsvolumen an der NYSE. Das ist im Allgemeinen das Vorspiel zu einer heftigen Bewegung – ich komme darauf weiter unten zurück.
Selbst das allmählich hoch kochende Thema „Schuldendeckel“ vermag an der „Schläfrigkeit“ bis jetzt nichts zu ändern. Der Chef der Securities and Exchange Commission warnt, die Märkte könnten anhaltenden Schaden nehmen, wenn keine Einigung erreicht wird, den Deckel weiter anzuheben. Finanzministerin Yellen warnt, die internationale Führerschaft der USA könnte tangiert werden, ebenso die nationale Sicherheit. Der Kongress sollte überlegen, den Deckel gleich ganz abzuschaffen.
Der US-Schuldendeckel war in den 1930er Jahren eingerichtet worden, um eine allzu eine ausufernde Verschuldungspolitik zu bremsen. Er hat wenig mit unserer „Schuldenbremse“ in der Verfassung gemein. Oder vielleicht doch? Auf jeweils andere Art sind beide beliebig.
Stanley Druckenmiller stellt fest: „Ich sitze hier und starre in das Gesicht der größten und wahrscheinlich breitesten Vermögensblase.“ Die USA sind nicht mehr weit von dem Punkt entfernt, an dem jährlich über eine Billion [korrigiert von "Milliarde" – danke an einen aufmerksamen Leser] Dollar an Zinsen für die Staatsverschuldung gezahlt werden müssen. Angesichts der Tatsache, dass der Dollar in seiner Rolle als Weltleitwährung zunehmend geschwächt wird, wird die US-Schuldenthematik zu einem immer größeren Problem.
Auch bei Druckenmiller stirbt die Hoffnung zuletzt: „Wenn wir eine harte Landung erleben, werden wir dann endlich die kreative Zerstörung und den Kapitalismus zulassen? Ich denke, wenn wir das tun, haben wir eine Chance und das, was Amerika 200 Jahre lang groß gemacht hat, könnte möglicherweise wieder aufleben." Er meint auch, auf jeden Fall müssten die Ansprüche in diesem Land gekürzt werden – entweder jetzt geordnet oder später unter chaotischen Umständen. Bei den „Ansprüchen“ denkt er insbesondere an die Senioren, also an Renten und Pensionen.
„Volcker hat uns absichtlich in eine Rezession gestürzt. Wir hatten '82 eine furchtbare Rezession. Die Arbeitslosigkeit stieg stark an. Aber wissen Sie was? Reagan hat 1984 49 Staaten gewonnen. Wir hatten 20-30 Jahre Wohlstand. Wir haben den Schmerz hingenommen und uns aufgeräumt,“ so seine Hoffnung.
Meiner Meinung nach ist der Zug längst abgefahren. Oder anders herum, wenn die entwickelten finanzkapitalistischen Länder die Kurve noch bekommen wollen, ist das, was Duckenmiller als Schmerz der frühen 1980er Jahre bezeichnet, ein leises Lüftchen gegenüber dem, was heute geschehen würde.
Lacy Hunt, Hoisington, sieht, dass wir in einer Tretmühle feststecken. Das Vertrauen in eine expansive Geld- und Finanzpolitik als Antwort auf wirtschaftliche Herausforderungen setzt nur einen Kreislauf fort, der längst keine zufriedenstellenden Ergebnisse mehr bringt. Maßnahmen der Fed können vorübergehende Wirkung zeigen und Abschwünge abmildern. Mehr nicht.
Im Gegenteil – in den zurückliegenden 25 Jahren führte die Geldpolitik der Fed zu Instabilität, die sich negativ auf die aktuelle Wirtschaftslage auswirkt. Geldpolitische Interventionen wie Zinssenkungen führen nicht zu dauerhaftem Wirtschaftswachstum. Und die Fiskalpolitik führt tendenziell zu einem Rückgang der Wirtschaftstätigkeit.
Daher muss nach Hunt eine weitere Koordinierung zwischen Geld- und Finanzpolitik unterbleiben. Sie hat in der Vergangenheit zu Inflation und lang anhaltenden Folgen geführt. Die Fed soll die Inflation bekämpfen, die Finanzpolitik soll sich mit Interventionen zurückhalten, so sein Credo.
Insgesamt hält Hunt eine Abkehr von übermäßigen geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen für nötig. Guter Vorschlag – Chance auf Realisierung gleich Null. Natürlich müsste man wieder die kreative Zerstörung zulassen, eines der wesentlichen Prinzipien im Kapitalismus. Schumpeter propagierte dieses in seiner Konjunkturtheorie – aber zu einer Zeit, da eine solche Zerstörung immer nur einen recht kleinen Teil der Gesamtwirtschaft betroffen hat.
Heutzutage wäre wegen des ausufernden Verschuldungsgrades der überwiegende Teil der Wirtschaft betroffen. Und nicht nur das, die Verschuldung hat auch zu einer katastrophalen Fehlallokation beigetragen und –nicht zuletzt– unternehmerischen Elan und Schöpfungskraft eingeschläfert. Die Dominanz der großen Monopole trägt dazu ebenfalls bei.
Was wünschenwert wäre, wird meiner Meinung nach nicht geschehen. Es wird genauso weiterlaufen wie seit Dekaden, die politische und wirtschaftliche Macht des Finanzkapitals wird dazu führen, dass wir letztlich mit digitalem Zentralbankgeld in der höchsten Stufe der zentralen Plan- und Kontrollwirtschaft enden. Jedenfalls ist das der Plan. So muss es nicht kommen, aber wenn Otto Normalverbraucher weiterhin dahindämmert…
Die herrschenden Kreise haben ganze Arbeit geleistet dabei, den Bürgern ihren gesunden Menschenverstand und ihr Vertrauen auf die eigene Kraft, ihre Urteilsfähigkeit und ihre soziale Kompetenz zu nehmen. Sie sind eingepanzert in stumpfem Konsumdenken und werden mittels erfundener Bedrohungen wie Pandemien und Klimakatastrophe an der Nase herumgeführt. Parallel dazu läuft die Einschränkung der demokratischen Rechte und der Freiheit der Meinungsäußerung.
Wenn man über Wirtschaft spricht, muss man auch über die Gesellschaft und die Machtverteilung im Staat reden. Denn die Wirtschaft folgt dem Ergebnis eines gesellschaftlichen Wirkens von Individuen. Die Propagierung irgendwelcher abstrakter ökonomischer Gesetze verschleiert das willentlich und bewusst.
Natürlich gibt es bestimmte wirtschaftliche Zusammenhänge, Regelmäßigkeiten, wenn man so will. Aber letztlich ist das gesellschaftliche Wollen entscheidend. Es gibt die Einsicht in die Notwendigkeit und die Möglichkeit, das wirtschaftliche Geschehen bewusst zu steuern.
Der S&P 500 wird weiterhin gerade einmal von den 15 größten Unternehmen getragen. Im europäischen Stoxx600 sieht es etwas anders aus, dort reicht deren Einfluss nur für knapp 40% (Chartquelle).
Die „Kopflastigkeit“ in den USA erstreckt sich auf die MegaCap-Technologie-Unternehmen. Besonders deutlich wird das im Dow-Index, in dem diese keine Rolle spielen. Der kämpft schon wieder um seine EMA50-Linie. Da sie noch dazu nun in die Horizontale einschwenkt, ist für die nahe Zukunft zu erwarten, dass sich diese ungute Struktur fortsetzt. Damit gilt aber auch: Die Marktentwicklung in den USA steht auf tönernden Füßen.
Der S&P 500 notiert mit 4124,08 weiterin unter dem eminent wichtigen Pegel bei ~4160. Er hat diese Linie noch nicht aufgegeben, wie ein langer unterer Docht in der freitäglichen Tageskerze zeigt. Gleichzeitig offenbart sich darin Schwäche, weil er erneut tiefer schloss. Es scheint sich ein Seitwärtsdreieck herauszubilden, was nahelegt, dass die Seitwärtsbewegung noch anhält (Chartquelle).
Das Volumen an der NYSE trocknet weiter aus, es befindet sich in Distribution. Da dies bei sinkenden Kursen geschieht und gleichzeitig der VIX am unteren Rand seines seit „Corona“ etablierten Bereichs notiert, deutet das auf eine gewisse „Sorglosigkeit“ hin.
Die Marktbreite nach TRIN zeigt mittlerweile eine leicht bullische Tendenz, das Sentiment ebenso. Das spricht dafür, dass es aktuell eher zu einem Ausbruch nach oben kommt. Allerdings dürfte es bei dem Versuch bleiben. Mit anderen Worten, man sollte mit einer Bullenfalls rechnen.
Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis spiegeln die Situation wider. Seit Anfang Dezember schwingen diese immer weniger durch, wie der mittlere Chart zeigt.
Danach würde ich erwarten, dass übergeordnet die Bären das Ruder in die Hand nehmen, getragen von der Dominanz linearer Merkmale. Das legt auch nahe, dass die Dynamik einer solchen Bewegung hoch werden dürfte, also ein Volatilitätsausbruch nach unten.
Das wäre mein bevorzugtes Szenario: Nach einem bullischen Fehlausbruch sehen wir tiefere Kurse im S&P 500 bis herunter zu zunächst rund 3950. Hier verläuft auch das 62er Retracement des Anstige aus Mitte März. Ob dieser Pegel hält, ist fraglich. Wahrscheinlicher ist übergeordnet das Durchrutschen durch 3900. Und dann dürfte strategisch entscheidend sein, ob der Pegel bei 3800 hält.
Ergänzung:
Der Dow Jones Transport bestätigt die hierzu relative Stärke des DJIA erneut nicht – siehe etwa ab Jahresmitte 2019 oder ab Jahresmitte 2021 oder ab November 2022 oder seit Mitte März.
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