Der S&P 500 hat in der zurückliegenden Woche 0,7% verloren, gleichauf mit dem Dow. Der NDX schafft +0,7%. Der DAX gibt 0,4% ab. Die Rendite der zehnjährigen TNotes geht um 0,7% auf 3,480% zurück, die der zweijährigen gibt 0,6% ab auf 4,194%. Der CRB-Rohstoffindex steigt um 0,9%, Öl Brent gewinnt 2,8%. Der Yen gibt gegen Dollar 1,3% ab, gegen Euro sind es –1,5%. Gold (in Dollar) kommt auf +0,3%.
Der Aufreger der Woche bei Währungen war der Yen. Die BoJ hatt bereits vor einigen Wochen ihren Rendite-Deckel auf 0,5% angehoben. Den musste sie zuletzt mit großvolumigen Anleihekäufen verteidigen. Mitte der Woche entschied sie dann. den Deckel zunächst nicht zu verändern, obwohl die Inflation auch in Japan mittlerweile oberhalb der 2%-Grenze liegt.
Der Yen hat immer noch die Funktion einer Carry-Trade-Währung. Investoren verschulden sich in Yen und investieren den Darlehensbetrag in der Regel außerhalb Japans. Solche Kredite sind wegen der geringen Zinsen in Japan so lange ein gutes Geschäft, so lange der Yen nicht deutlich aufwertet. Und andersherum – der Yen wertet auf, wenn solche Kredite getilgt werden (müssen).
Das jüngste Hoch bei Dollar/Yen war Ende Oktober bei 150. Aktuell werden knapp 130 erreicht. Das Währungspaar hatte Anfang März eine steile Aufwärtsbewegung begonnen. Einige Tage später hatte die Fed begonnen, die Leitzinsen zu erhöhen von damals 0,125% auf jetzt 4,375%. Die Yen-Abwertung kann als Hinweis genommen werden, dass US-Ausländer in größerem Umfang Yen-Kredite aufgenommen haben, um den steigenden Zinsen in den USA zu begegnen. Euro/Yen hat sich bis Ende Oktober ähnlich entwickelt, danach zeigt dieses Währungspaar relative Schwäche, eine Folge der Schwäche des Dollar gegen Euro.
Ein anderer Aufreger war, dass die Schuldenobergrenze von 31,4 Bill. Dollar in den USA erreicht ist. Finanzministerin Yellen erklärte, das Finanzministerium werde „außerordentliche Maßnahmen" (gleich Kosteneinsparungen) ergreifen, um einen Zahlungsausfall zu vermeiden. Sie warnte jedoch, dass „erhebliche Unsicherheit" darüber bestehe, wie lange das gehen kann, bevor der US-Regierung das Geld ausgeht.
Yellen forderte den Kongress mit Nachdruck auf, unverzüglich zu handeln, um den vollen Glauben und Kredit der Vereinigten Staaten zu schützen. Eine solche Einigung dürfte jedoch nicht leicht zu erzielen sein. Nach den Zwischenwahlen im November erlangten die Demokraten die Kontrolle über den Senat, die Republikaner bekamen eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus.
Der Republikaner Kevin McCarthy wurde erst nach 15 Wahlgängen zum Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt. Er hat einer Gruppe rechtsextremer Konservativer beträchtliche Zugeständnisse gemacht. Die Republikaner im Kongress sind fest entschlossen, die Ausgaben von Präsident Biden einzudämmen. McCarthy warf Biden Anfang der Woche Arroganz vor, weil er es versäumt hatte, eine Obergrenze für die Kreditaufnahme auszuhandeln.
Der Vorgang hat das Zeug, Anleihe- und Aktienmärkte erheblich durcheinander zu wirbeln. Der Aktienmarkt ist immer noch alles andere als fair bewertet, und damit besonders anfällig, wie der folgende Chart anhand des Shiller-CAPE-KGV zeigt (Chartquelle). Die Q4-Gewinne im S&P 500 werden aktuell mit -2,9% y/y erwartet. Zu Jahresbeginn waren es noch -1,6%. Der nachstehende Chart zeigt ein statisches Mittel über die gesamte mehr als 100-jährige Geschichte von 17,3. Das wird dem langfristig steigenden Trend nicht gerecht. Ich würde hier eher eine Referenz von aktuell rund 24 sehen – bei einem KGV von momentan 28,9 immer noch eine deutliche Überbewertung.
Mittlerweile ist die Null-Covid-Politik in China Geschichte. Das ist die Grundlage für eine wieder anziehende Wirtschaftstätigkeit und wird die globale Wirtschaft stark beeinflussen. Das gilt auch für die Frage, wie sich die Inflation entwickelt. So wie die Null-Covid-Politik zu Störungen der Versorgungskette und anderswo zu Inflation führte, könnte sich das Rad jetzt rückwärts drehen.
Zunächst trifft die Öffnung das Land hart, das Virus breitet sich rasant in der Bevölkerung aus, die v.a. wegen der permanenten Lockdowns kaum Immunität besitzt. Mal wird von 36.000 Todesfällen pro Tag berichtet, mal von mehr, mal von weniger. Wie üblich muss alles was von dort kommt, mit drei Fragezeichen versehen werden. Und wenn es stimmt, dass dort eine Impfquote von 90% besteht, dann sieht man daran (mal wieder), wozu auch das chinesische Zeug gut ist.
Wenn sich der chinesische Konsum wieder erholt, ist die spannende Frage, wie weit dann Energie- und Rohstoffimporte die Preise weltweit hoch treiben und den Effekt wieder besser funktionierender Lieferketten konterkarieren. Beobachter rechnen damit, dass sich der Konsum im Januar und Februar deutlich erholen wird, auch wenn er möglicherweise erst Ende des ersten oder Anfang des zweiten Quartals wieder das Niveau vor der Pandemie erreichen wird.
Ein auf Euro lautender ETF auf den MSCI China hat seit Anfang November (nach der Jahreskonferenz der KP Chinas) schon über 35% zugelegt und damit die Talfahrt seit Mitte Februar 2021 beendet. Das zeigt die in die Covid-Öffnung gesetzten Erwartungen.
Es ist immer wieder bedeutsam, wie sich SmallCaps im Vergleich zu LargeCaps entwickeln. Laufen SmallCaps besser, ist das ein Hinweis auf steigende Risikobereitschaft. Ich nehme dazu zwei entsprechende ETFs und werte deren Kursentwicklung aus. Damit ergibt sich folgendes Bild. In den zurückliegenden paar Tagen hat sich die relative Performance der SmallCaps deutlich verbessert. Es scheint zudem so, als würden nun die besonders verprügelten Aktien aus dem Technologie-Bereich aufgefangen. Wie der Chart zeigt, war die Abwärtsdynamik von SmallCaps relativ zu LargeCaps seit Ende Oktober besonders ausgeprägt. Die Auswertung zeigt erste deutliche Zeichen einer Bodenbildung des Verhältnisses.
Auf der anderen Seite läuft die Volumenverteilung an der NYSE nun bald in eine Überdehnung hinein. Die Marktbreite nach TRIN hat sich vor einigen Tagen schon bärisch umgekehrt. Viel deutet darauf hin, dass sich die Aufwärtsbewegung bei Aktien nun zunächst allmählich erschöpft (Zeithorizont ca. acht bis 14 Kalendertage).
Am 1. Februar teilt das FOMC der Fed seine Beschlusslage mit. Allgemein wird davon ausgegangen, dass nun ein Zinsschritt von 0,25% erfolgt. Fed-Offizielle beharren auf der Aussicht, der Leitzins werde auf oder sogar über 5% steigen. Nach Rendite der zweijährigen TNotes ist mittlerweile ein faires Niveau erreicht. Tom McClellan geht in seinem aktuellen Newsletter aufgrund einer Intermarkt-Analyse mit den Eurodollar-COT-Daten davon aus, dass im Juli ein Topp der Leitzins-Bewegung erreicht wird. Dann rechnet er mit einer schnellen Umkehr. Ab diesem Zeitpunkt müsste man nach meiner Auswertung von Merkmalen der Zinsstruktur mit dem Beginn einer Rezession rechnen.
Der S&P 500 konnte nach einem Einbruch zur Wochenmitte wieder Boden gut machen und schloss am zurückliegenden Freitag bei 3972,61. Bedeutsam ist, dass er mit kräftigem Schwung wieder über die EMA50 steigen konnte (wie auch der Dow und der NDX). Gleichzeitig hat der Index seine Abwärtslücke wieder geschlossen und hat eine wichtige Abwärtslinie aus Anfang 2022 erreicht. Anfang Dezember hatte er schon einmal versucht, diese Linie zu übersteigen und war daran gescheitert. Versuche davor endeten immer schon an der Linie. In der zurückliegenden Woche notierte er ebenfalls kurz darüber, wie auch knapp über der EMA200 (3990, flach). Dann fiel er zurück.
Ich denke, der Index hat den Versuch, diese Linie, sowie die EMA200 zu überwinden, noch nicht abgehakt. Allerdings glaube ich auch nicht, dass er sich jetzt schon dauerhaft darüber etablieren kann. Die Bedeutung dieser Zone wird noch unterstrichen dadurch, dass bei 4010 62% der Abwärtsbewegung seit Mitte August korrigiert wären.
Auf der Unterseite ist der Pegel bei 3800 zu beachten. Fällt er, wäre das momentan eher bullische Bild zunächst aufgehoben.
Die fraktalen Oszillatoren unterlegen insgesamt den vorsichtig bullischen technischen Zustand bei Aktien. Bullische und sinkende bärische zyklische Kursmuster sind gleich stark ausgeprägt. Es gibt auch keine Zeichen von oberer Umkehr wie etwa Anfang Dezember, allerdings ist die Dynamik nicht gerade überbordend, um nicht zu sagen sehr gering. Das ist manchmal so vor größeren Bewegungen. Die Wahrscheinlichkeit spricht noch für die Bullen.
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