S&P 500 – Bullen jetzt besser aufgestellt?

Nach einem starken Anstieg am zurückliegenden Freitag hat der S&P 500 einen Wochenverlust von –0,9% eingefahren. Man kann lange darüber nachdenken, was der Anlass für den freitäglichen Tagesgewinn von 1,9% war. Vielleicht waren es die im Juni nachgebenden Importpreise.

Der Index hat jedenfalls mit einer Aufwärtslücke das 38er Retracement des Bull-Runs zwischen dem „Corona“-Tief aus März 2020 und dem Hoch zu Jahresbeginn übersprungen und über einem bedeutsamem Pegel (3853) geschlossen. Dazu passt, dass sowohl der Sentiment-Indikator von Goldman Sachs wie auch der von Michael Hartnett (BofA) auf „strong buy“ stehen. Das gilt auch für den Indikator von US Investor Intelligence.

Tom McClellan untersucht das Verhältnis zwischen Kupfer und Gold, und vergleicht es mit der Rendite der 10yr TNotes. Abweichungen der beiden Zeitreihen zeigten in der Vergangenheit recht zuverlässig an, wenn die Zinsen zu hoch, bzw. zu niedrig waren. Demnach waren sie etwa in 2019 zu hoch, die Fed beendete ihre Serie von Leitzinserhöhungen in jenem Jahr. Ab Mitte 2020 wurden sie zunächst als zu tief angesehen, seit Jahresbeginn gelten sie als zu hoch. Die Fed steigert die Leitzinsen seit März (Chartquelle). Wie wird die Fed künftig agieren?

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Das Verhältnis zwischen den Preisen von Kupfer und Gold ist abgestürzt, weil Kupfer sich zuletzt sehr viel schwächer als Gold präsentiert hat. Dieses Verhältnis hat auch eine gewisse Aussagekraft hinsichtlich Konjunkturverlauf. So hatte es 2009 ein markantes Tief ausgebildet, auch die Konjunkturschwäche von 2016 findet sich hier wieder, ebenso der „Corona“-Absturz. Bemerkenswert, dass das Verhältnis der beiden Metalle schon lange vorher, im zweiten Halbjahr 2019, deutliche Schwäche zeigte.

Das größte Marktrisiko liegt gegenwärtig beim Verlauf der Unternehmensgewinne. Analysten waren bisher übermäßig optimistisch und fangen jetzt erst an, ihre Schätzungen zu reduzieren. Es wird aber im Jahresvergleich immer noch ein Plus von 5,6% erwartet. Zu Monatsbeginn waren es noch 6,8%. Die folgenden zwei Graphiken zeigen den Verlauf der Gewinne und die Abweichungen vom langfristigen Aufwärtstrend (seit 1880 steigen die Gewinne gemittelt um rund 5,7% pro Jahr).

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Aktien sind zwar nicht die Wirtschaft, aber die Wirtschaft ist das, woher Gewinne und Umsätze der Unternehmen kommen. Daher können die Unternehmen als Gesamtheit über längere Zeiträume nicht schneller wachsen als die Wirtschaft. Durch Produktivitätssteigerungen können die Gewinne zwar zeitweilig schneller zunehmen. Aber die Grenze hierfür liegt darin, dass dann die Zahl der Arbeitsplätze und mithin die kaufkräftige Nachfrage abnimmt. (Ich lasse hier die massiven, seit vielen Jahren Manipulationen v.a. in der Geldpolitik außen vor.)

Langfristig gibt es daher eine enge Beziehung zwischen Wirtschaft, Unternehmensgewinnen und Asset-Preisen (z.B. Aktien). Dies zeigt der folgende Chart (von 1947 bis Ende 2021). Er zeigt aber auch, dass die Synchronität von Unternehmensgewinnen (S&P 500 Earnings), Wirtschaftswachstum (GDP=BIP) und Zuwachs der Aktienkurse (S&P 500 Growth) seit etwa 1995 immer weniger ausgeprägt ist. Das Wachstum zeigt Schwäche, Aktienkurse und Gewinne steigen demgegenüber schneller (die logarithmische y-Achse mildert das Bild ab – Chartquelle).

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Damit wird deutlich, dass Aktienkurse gegenüber den zugrundeliegenden Faktoren übertrieben hoch sind. Da fundamentale Faktoren keine Aufholjagd betreiben (es sei denn, sie werden "frisiert"), wird nur andersherum ein Schuh draus. Der S&P 500 korrigiert die Übertreibung seit Jahresbeginn, er hat bis jetzt 18% gegenüber seinem Hoch eingebüßt. Kurzfristig spricht einiges dafür, dass der Index weiter zulegen kann. Durchaus wahrscheinlich, dass nun der Bereich bei 4030 in den Fokus der Bullen rückt, bei 3953 liegt aktuell die EMA50. Im günstigen Fall könnte sogar noch die Zone bei 4160 erreicht werden. Hier liegt allerdings ein harter Widerstand, auch die EMA200 könnte in einigen Wochen hier landen.

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Die Verteilung der Volumina auf steigende und fallende Aktien befindet sich in weit fortgeschrittener Distribution, das Gesamtvolumen sinkt seit Ende Juni beständig ab. Die Marktbreite (Verhältnis der Durchschnittsvolumina auf fallende und steigende Aktien) ist an einem in Bezug auf die zurückliegenden zwei Jahre bärischen Extrem angekommen. Auch andere Indikatoren stützen eine bullische Bewegung am aktuellen Punkt – bis wohin siehe oben! Aber ein tatsächlich langfristig belastbares Tief halte ich nicht für erreicht.

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