Alpha – Delta – Omicron

Am Freitag gingen die internationalen Aktienmärkte in die Knie, Stimmungsindikatoren schlugen insbesondere in Europa stark aus. Die WHO hat eine neue Variante des SARS-CoV-2-Virus als besorgniserregend eingestuft und ihr den Namen „Omicron“ gegeben.

Omicron wurde zuerst in Südafrika entdeckt und ist mittlerweile auch in Mitteleuropa angekommen. Vermutlich wird es bei Einzelfällen nicht bleiben. In Nordamerika wurde bisher noch kein Vorkommen gemeldet.

Nach ersten Untersuchungen verfügt das neue Virus über zahlreiche Veränderungen, und zwar auch im Bereich der Spikes an seiner Oberfläche. Die mRNA-Impfungen sind auf das Spike-Protein ausgerichtet. Es scheint aktuell so, als sei Omicron ansteckender, gleichzeitig aber auch weniger gefährlicher ist als die Delta-Variante – Untersuchungen laufen.

Nach Berichten aus Südafrika ist das Risiko einer Covid-Zweiterkrankung erhöht. Die Symptome sind ungewöhnlich, so wird teilweise über extreme Müdigkeit berichtet. Bisher zeigte noch kein mit Omicron Infizierter so schwere Symptome, dass eine Krankenhausbehandlung erforderlich wurde.

Unklar ist bisher, inwieweit die Wirksamkeit der Impfstoffe etwa von Pfizer/BioNTech oder Moderna beeinträchtigt sein könnte. Pfizer glaubt, hierzu in etwa zwei Wochen Angaben machen zu können. BioNTech hat erklärt, dass es rund 6 Wochen dauert, bis der aktuelle Wirkstoff nachjustiert ist. Danach vergehen etwa 100 Tage bis zur Auslieferung des neuen Impfstoffs.

Forscher der Universität von Minnesota postulierten im April 2020, dass mit einer Gesamtdauer des „heißen“ Infektionsgeschehens von 18 bis 24 Monaten, also bis Herbst 2021, bzw. Frühjahr 2022, zu rechnen ist. Nach dem von ihnen favorisierten Szenario sollte es nach einer ersten kleineren Infektionswelle im Herbst/Winter 2020 zu einer größeren kommen, der dann weitere folgen. Mit der Verbreitung der Infektion wird SARS-CoV-2, wie andere Corona-Viren auch, in der menschlichen Gesellschaft nach und nach zu einem endemischen Erreger minderer Gefährlichkeit. Dieser Ausblick wird auch von anderen Wissenschaftlern geteilt.

Im Zuge der Ausbreitung der Infektion waren zunächst die älteren Jahrgänge (70+) betroffen, weil deren Immunsystem typischerweise Schwächen aufweist. Dann wurden Zug um Zug jüngere Jahrgänge infiziert, schließlich dürfte die Infektion zu den älteren Jahrgängen zurückkehren.

Die massiven Impfkampagnen, noch dazu in eine laufende Infektionswelle hinein, provoziert Variationen des Virus mit dem Ziel, der durch die Impfung erzielten Immunisierung zu entgegen. Die gegenwärtigen mRNA-Impfstoffe setzen hochspezialisiert am Spike-Protein des Virus an. Das Immunsystem lernt dabei nur wenige Merkmale des Virus kennen. Insofern ist es für das Virus relativ leicht, die Impfwirkung durch Ausbildung veränderter Eigenschaften zu umgehen.

Manche Forscher haben davor gewarnt, dass die Impferei in eine laufende Infektionswelle hinein auch dazu führen kann, dass gefährlichere Varianten/Mutanten entstehen. Dies ist bisher nicht eingetreten und bei Omikron sieht es aktuell auch nicht so aus, als träfe diese Befürchtung zu.

Unklar ist (aus meiner Sicht), warum gerade in Südafrika eine neue Virus-Variante entstanden ist. Die Impfquote ist dort sehr gering, Covid-19 recht wenig verbreitet. Außerdem ist dort gerade keine Virus-Saison. Es würde besser ins Bild passen, wenn eine neue Variante in Ländern mit hoher Impfquote entstanden wäre. [Anmerkung: Das könnte aber gerade Sinn machen, wenn nämlich das Virus auf dem evolutionären Weg in Richtung endemisches Erkältungsvirus ist – vergleiche dazu auch den Nachtrag!]

Nach Angaben des RKI wurde am 24.12.2020 erstmals in Deutschland der Nachweis der Alpha-Variante des SARS-CoV-2-Virus erbracht. Sie war schon im September 2020 in Kanada und in Großbritannien nachgewiesen worden. Sie ist leichter von Mensch zu Mensch übertragbar als die zuvor zirkulierenden Varianten. Alpha hat sich in Deutschland rasch verbreitet und wurde zunächst die dominierende Variante. Ab Ende Mai 2021 nahm jedoch der Anteil der Delta-Variante sehr stark zu, sie ist seit Ende Juni 2021 die dominierende Variante in Deutschland. Delta zeichnet sich durch Mutationen aus, die die Übertragbarkeit des Virus erhöhen und mit einer reduzierten Wirksamkeit der Immunantwort in Verbindung gebracht werden. Delta war zuerst im Oktober 2020 in Indien nachgewiesen worden.

Die Virusvariante Beta wurde erstmals im Dezember 2020 in Südafrika nachgewiesen. Mehrere Studien wiesen darauf hin, dass Menschen, die mit der ursprünglichen Variante infiziert waren oder einen auf dieser beruhenden Impfstoff erhalten haben, weniger gut vor einer Infektion mit Beta geschützt sind. Auch für diese Variante wird eine höhere Übertragbarkeit diskutiert. "Beta" hatte in Deutschland keine besondere Bedeutung.

Das folgende Bild zeigt den Verlauf der täglichen Todesfälle „an“ oder „mit“ Corona, sowie die tägliche Zahl neuer „Fälle“ (positive Testergebnisse, nicht normalisiert mit der Anzahl der Tests). Das Verhältnis zwischen beiden Zeitreihen ist im unteren kleinen Chart abgebildet. Demnach wurde im „Regime“ der Alpha-Variante gegen Ende Januar ein lokales Maximum erreicht (etwa zeitgleich auch Maximum der täglichen Todesfälle. Mit Aufkommen der Delta-Variante Ende Mai ging die Zahl der täglichen Todesfälle weiter zurück (hat auch saisonale Gründe), sie liegt aktuell (24.11.21) mehr als 70% unter dem Maximalwert aus Januar. Das Verhältnis der Todesfälle zu Fällen beträgt aktuell 28% des Maximalwerts aus Januar.

blank

Der „Spike“ von Ende Juli im unteren Bild erklärt sich so, dass zu diesem Zeitpunkt die Zahl der „Fälle“ 24 Tage zuvor (üblicher Zeitverzug zwischen „Fall“ und Todesfall) extrem gering war („Fall“ im Nenner des Verhältnisses). Beachten Sie bitte auch die Skalierungen im größeren Bild, um die Zeitreihen in ein Diagramm zu bekommen.

Aus dem Chart lässt sich klar ersehen, dass sich der Verlauf der „Fälle“ und der der Todesfälle seit März entkoppelt hat. Dafür lassen sich mehrere Erklärungen angeben. Eine dürfte sein, dass das Corona-Virus im Laufe des Infektionsgeschehens ansteckender, aber weniger gefährlich geworden ist. Delta ist harmloser als Alpha (und Beta), Omicron dürfte harmloser als Delta sein.

Ergänzung:
Omicron soll 50 Mutationen (gegenüber dem originalen Wuhan-Virus) umfassen, mehr als 30 betreffen das Spike-Protein (siehe hier!). Dabei ist der Teil des Virus, der zuerst mit menschlichen Zellen in Kontakt kommt, von zehn Mutationen betroffen. Das ist deutlich mehr als die zwei bei der kursierenden Delta-Variante gegenüber der Vorgänger-Variante. Die Aminosäureänderungen im Spike-Protein haben Auswirkungen auf Transmission, Immunevasion und Übertragbarkeit. Omikron ist offenbar unabhängig von der derzeit dominierenden Delta-Variante entstanden. Es scheint weniger stabil zu sein als "Delta".

Nachtrag:
(29.11.21) Ein Kommentator, Samual Gamgee, schreibt auf der Seite des früheren New-York-Times-Gesundheitsreporters Alex Berenson (sinngemäße Übersetzung): Wenn Omicron keinen Geschmacks- und Geruchsverlust und anscheinend auch weniger schwere Verläufe verursacht, könnte das bedeuten, dass seine Fähigkeit eingeschränkt ist, sich an den Rezeptor ACE2 auf menschlichen Zelloberflächen zu binden. Das wiederum könnte ein Hinweis darauf sein, dass sich das Coronavirus einen Schritt weiter in Richtung Erkältungsvirus entwickelt.

(30.11.21) "Omicron Is 'Extremely Mild' Says Doctor Who First Discovered Strain; Numerous Mutations 'Destabilize' The Virus"

(10.12.21) Laut einer Studie von Forschern von nference könnte die neue Omicron-Variante genetisches Material von einem Virus übernommen haben, das normale Erkältungen verursacht. Die Forscher vermuten, dass dies der Grund ist, warum es im Vergleich zu anderen Coronavirus-Varianten eine höhere Übertragungsrate und eine geringere Virulenz aufweist. Die Studie ist vorläufig, noch nicht validiert. nference mit Sitz in Cambridge, Massachusetts, analysiert biometrische Daten mittels KI-Methoden.

(12.12.21) Ein britischer Mediziner sagt, SARS-CoV-2/Omicron könnte sich als das Beste erweisen, was sich im Verlauf der Pandemie bislang ereignet hat, eine Variante, die weitgehend mit geringer Gefahr für die Infizierten durch die Bevölkerung geht, dort zur Bildung von Immunität führt und die Bevölkerung gerüsteter zurücklässt, als dies die derzeitigen Impfstoffe (Gentherapien) tun. Damit bestärkt er hier bereits angestellte Vermutungen.

Auch diese Quelle argumentiert in dieselbe Richtung: "URGENT: Stunning data from South Africa suggest Omicron may be the end of Covid (and of Covid vaccines)"

Das könnte Sie auch interessieren:

Bewertung: 5.0/5
Please wait...
blank
Schlagwörter: