Aktien – brenzlig…

Die seit der zweiten Hälfte März anhaltende Rally am Aktienmarkt kann nur als spektakulär bezeichnet werden. Spektakulär wegen des Zugewinns etwa im S&P 500 um rund 40% in nicht einmal vier Monaten, spektakulär erst recht die Performance des NDX von rund 55% im selben Zeitraum, spektakulär aber v.a. wegen der Kluft zwischen Kursen und makroökonomischen Rahmenbedingungen.

Die Rally wird im wesentlichen getrieben von kleinen Anlegern und Hedge Fonds. Institutionelle Investoren sitzen hingegen weitgehend an der Seitenlinie. So hat etwa Warren Buffet im laufenden Bull-Run Cash-Bestände aufgebaut, während er früh in 2009 nach dem Ausbruch der Finanzkrise zum Einstieg geblasen hat.

Die Aktienmärkte fliegen mit geliehenem Geld, sei es über Kredit-finanzierte Aktienrückkäufe oder über Schulden-finanzierte Unterstützung für private Verbauchsausgaben. Die US-Regierung hat in den zurückliegenden vier Monaten mehr als drei Bill. Dollar an neuen Schulden gemacht. Damit wurden Fluglinien gerettet, Boeing wurde herausgehauen, Firmen bekamen Notkredite, Jobs wurden erhalten – und noch viel mehr.

Die Fed hat etwa im gleichen Zeitraum ebenfalls mehr als drei Bill. Dollar an frischer Liquidität geschaffen. Ein Teil davon landete z.B. über Käufe von Unternehmens- und anderen privaten Schulden in der Realwirtschaft, einiges davon floss in die Aktienmärkte und sorgte dort für Inflation.

Damit eine solche Rally weiter laufen kann, müssen steigende Kurse ständig neue Anleger anlocken, die mit ihren frischen Mitteln die Preise weiter hoch treiben. Die Rally nährt die Rally – so lange, bis die den Bull-Run treibenden Kräfte versiegen. In solchen Situationen kommt es gewöhnlich zu einem exponentiellen Kursverlauf. Anzeichen hierfür sind im NDX erkennbar.

Die treibenden Kräfte dieser Rally sind die Zuflüsse aus zunehmender Staatsverschuldung und frischer Liquidität der Fed. Wenn die US-Regierung feststellt, dass sie mit ihrer Verschuldung so nicht weitermachen kann, weil etwa die Käufer von TNotes, TBonds usw. ausbleiben, wird sie deren Neuemission drosseln. Bis zu einem gewissen Grade kompensiert die Fed die nachlassende Nachfrage, was gewöhnlich der Zweck hinter QE-Programmen ist.

Aber die Fed verkürzt ihre Bilanz seit Anfang Juni. In den sieben Tagen vom 26. Juni bis zum 3. Juli etwa hat sie einen Betrag von 88 Mrd. Dollar vom Tisch genommen. Rund die Hälfte davon entfiel auf Währungsswaps. Zu dem resultierenden Abfluss von gut 40 Mrd. Dollar aus dem Finanzsystem kommen fast 25 Mrd. Dollar aus der Woche davor, der letzten vollen Juni-Woche. In der Zeit zuvor, seit Ende Februar, hatte sie wöchentlich bis zu 25 Mrd. Dollar in das Finanzsystem gepumpt.

Die Andeutung eines exponentiellen Verlaufs im NDX, sowie die abnehmende Liquiditätsversorgung sind Warnzeichen. Wenn der Zustrom frischen Kapitals versiegt, fallen die Kurse in einer solchen Situation gewöhnlich mit einem Blow-off von der Fahnenstange. Ein exaktes Timing lässt sich da kaum realisieren, weshalb z.B. Investlegenden wie Jesse Livermore sagen, man solle es aufgeben, das erste und das letzte Achtel eines solchen Bull-Runs zu erwischen. Die hohe Zahl neuer Anleger, wie an der in den zurückliegenden Monaten rapide angewachsenen Zahl neuer Depots zu sehen, macht es nicht einfacher. Im Gegenteil – dann könnte es am Börsenausgang schnell richtig eng werden.

Der S&P 500 versuchte gestern, sein jüngstes Hoch vom 8. Juni zu überwinden, er scheiterte und schloss knapp an einem kurzfristig wichtigen Pegel bei 3165. Es könnte sich ein Barkeil formieren.

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Der NDX schaffte es ebenfalls nicht, auf ein neues ATH zu steigen und fiel in seinen Aufwärtskanal aus April zurück.

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Beide Indices sollten jetzt aufmerksam beobachtet werden. Wahrscheinlich kommt früher oder später die EMA50 ins Spiel, sie notiert beim NDX aktuell bei knapp 9800, im S&P 500 liegt sie bei 3050. Die EMA50 repräsentiert die mittelfristige Bewegung.

Im DAX sieht die Situation ähnlich aus, auch hier konnte das jüngste Hoch aus Anfang Juni gestern nicht überwunden werden, ein Bär-Keil ist in Arbeit. Die EMA50 liegt hier bei knapp 12.000.

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