Stephen S. Roach, früher Chef-Volkswirt von Morgan Stanley, befasst sich in einem aktuellen Kommentar mit der ultralockeren Geldpolitik v.a. der Fed und der BoJ. Beide verfolgen seiner Ansicht nach Strategien, die sich weit entfernt haben von den Volkswirtschaften, die sie steuern sollen. Mehr noch, die jüngsten Manöver der BoJ, bzw. die Untätigkeit der Fed vertiefen die Ausrichtung auf einen immer heimtückischeren Transmissionsmechanismus zwischen Geldpolitik, Finanzmärkten und Asset-abhängigen Volkswirtschaften. Dieser Ansatz hatte schon zur Kernschmelze 2008/2009 geführt und er bringt den Samen für eine nächste Krise in den kommenden Jahren aus.
Bei der Debatte über die Effizienz all dieser alten und neuen QE-und sonstigen unkonventionellen Maßnahmen der Zentralbanken wird ganz die harte Realität des anämischen Wachstums vergessen. Japan ist das beste Beispiel dafür, seit einem Vierteljahrhundert liegt das jährliche Wachstum bei unter einem Prozent. Die BoJ hat zu viel versprochen und zu wenig gehalten. Seit Abe im Herbst 2012 Minsterpräsident wurde, hat sich das Wachstum auf 0,6% p.a. abgeschwächt, ein Drittel weniger als die im Mittel 0,9% in den davor liegenden 22 verlorenen Jahren.
Die Fed hat es nicht besser gemacht. Das jährliche Wachstum des realen BIP hat sich in 28 Quartalen seit Ende der „Großen Rezession“ im dritten Quartal 2009 im Mittel auf 2,1% abgeschwächt. Das ist etwa halb so viel wie die 4% in vergleichbaren Perioden vor 2009.
Die Fed führt als Beleg für den Erfolg ihrer Geldflut-Maßnahmen an, dass sich Arbeitslosenquote in den USA von 10% im Oktober 2009 auf heuzutage 4,9% reduziert hat. Wenn man aber anscheinend solides Beschäftigungswachstum dem schwachen Ausstoß gegenüberstellt, wird eine Produktivitätsabschwächung deutlich, die Fragen aufwirft hinsichtlich des langfristigen Wachstumspotenzials und des Auflaufens von Kosten mit inflationärem Druck.
Während in der Realwirtschaft von Japan und den USA wenig zu spüren ist von den Auswirkungen der Geldpolitik, gilt hinsichtlich der Asset-Märkte das genaue Gegenteil. Die Preise von Aktien und Anleihen sind explodiert, dank einer Geldpolitik mit ultratiefen Zinsen und massiven Liquiditätsinjektionen. Asset-Preisblasen haben die Gesamtnachfrage künstlich angekurbelt, wenn diese platzen wie 2008, tragen sie zur Schädigung Asset-abhängiger Konsumenten (in den USA), bzw. Unternehmen (in Japan) bei. Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, dass die Null-Prozent-Grenze der Leitzinsen kaum Wirkung zeigt. Im Gegenteil, das erinnert an die Liquiditätsfalle der 1930er Jahre.
Die Zentralbanker negieren die Realität. Statt sich die destruktive Rolle ihrer bisherigen Werkzeuge vor Augen zu führen, setzen sie ihre Hoffnung in immer neue Tools mit den dahinterstehenden selben Konzepten wie bisher.
Die Finanzmärkte lieben jede Form monetärer Erleichterung. Das führt aber dazu, dass die Asset-Preise überall manipuliert werden, sei es bei Aktien, Anleihen oder bei Währungen. Im Ergebnis werden Sparer bestraft, die Kapitalkosten werden gedrückt und in einem Kontext eingeschränkter Einkommen wird rückhaltlose Risiko-Orientierung gefördert. Das ist besonders heimtückisch in Volkswirtschaften, die verzweifelt nach Produktivitäts-steigernden Investitionen suchen müssen. Auch die globale Finanzkrise 2008/2009 wurde durch Asset-Exzesse ausgebrütet.
In extremer monetärer Freizügigkeit überschäumende Asset-Märkte nehmen Handlungs-Druck von staatlichen Autoritäten. Die wichtigste (Keysianische) Lehre aus den 1930er Jahren aber ist, dass der einzige Weg aus der Liquiditätsfalle über staatliche Ausgabenpolitik führt. Wird das nicht beherzigt, kann das tragisch enden.
Zentralbanker wollen der Öffentlichkeit glauben machen, dass sie wissen, was sie tun – nichts ist weniger wahr.
[h/t Mauldin Economics, "Desperate Central Bankers"]
Roach reiht sich als Mitglied der "Oberliga" der Finanzindustrie mit diesem[1], sowie früheren Beiträgen in die Reihen derer ein, die fundierte Kritik am Kurs der großen Zentralbanken üben.
- (von mir zusammengefasst) [↩]
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