Jedes Jahr legt Oxfam International aus Anlass des am Mittwoch in Davos beginnenden World Economic Forum eine Studie zur sozialen Ungleichheit vor. Mittlerweile besitzen die 62 reichsten Menschen mit 1,76 Bill. Dollar so viel wie die die 3,5 Milliarden Menschen, die die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung stellen. In 2010 brauchte es dazu noch 388 mega-Reiche, vor einem Jahr waren noch 80 Menschen erforderlich. Und der Trend hält an.
Der Bericht mit dem Titel "An Economy for the 1%" stellt auch heraus, dass sich das Gesamtvermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung in den vergangenen fünf Jahren um rund eine Billion Dollar (etwa 41%) vermindert hat. Im gleichen Zeitraum ist diese Bevölkerungsgruppe um 400 Millionen gewachsen. Das Vermögen der reichsten 62 Personen hat sich zugleich um mehr als eine halbe Billion Dollar vergrößert.
Oxfam zeigt sich von der Entwicklung der ungleichen Wohlstandsverteilung selbst überrascht. Man hatte erst 2016 damit gerechnet, dass das reichste Prozent der Weltbevölkerung, rund 70 Millionen Menschen, mehr besitzt als die übrigen 99%.
Oxfam fokussiert im diesjährigen Bericht die unzureichende Besteuerung von großen Vermögen und Kapitalgewinnen, wie sie sich auch in der Verschiebung von Gewinnen in Steueroasen zeigt. 2014 seien die Investitionen von Unternehmen in solchen Ländern fast viermal so hoch wie im Jahr 2001 gewesen, heißt es. Neun von zehn multinationalen Konzernen haben mindestens eine Niederlassung in einer Steueroase, heißt es in dem Bericht weiter. Entwicklungsländer verlören so jährlich mindestens 100 Mrd. Dollar an Steuereinnahmen.
Die Vermögens-Verschiebung durch reiche Einzelpersonen koste die afrikanischen Staaten jährlich rund 14 Mrd. Dollar, heißt es in dem Bericht. Mit dieser Summe ließe sich in Afrika eine flächendeckende Gesundheitsversorgung für Mütter und Kinder bewerkstelligen. Das könnte jährlich rund vier Millionen Kinder vor dem Tod bewahren.
Oxfam bezieht sich auf eine Schätzung des französischen Wirtschaftswissenschaftlers Gabriel Zucman, wonach reiche Einzelpersonen derzeit Vermögen in Höhe von rund 7,6 Bill. Dollar in Steueroasen angelegt haben. Dadurch entgingen deren Heimatländern Steuereinnahmen von rund 190 Mrd. Dollar.
Oxfam fordert von den 2500 Teilnehmer des Kongresses in Davos, eine weitere Zunahme der sozialen Ungleichheit in der Welt zu verhindern. Ansonsten könnte die Armut nicht mehr erfolgreich bekämpft werden. Konzerne dürften sich nicht länger ihrer Verantwortung entziehen, indem sie Gewinne in Steueroasen verschieben, fordert die Organisation weiter.
Positiv stellt die Studie heraus, dass durch den Aufstieg Chinas viele Millionen Menschen von Armut befreit wurden und der wirtschaftliche Abstand asiatischer Länder zu den Industriestaaten geschrumpft ist.
Oxfam lobt, dass im Rahmen der OECD ein automatischer Informationsaustausch über Finanzkonten zwischen Staaten und Jurisdiktionen beschlossen wurde. Auch der kürzlich verabschiedete G-20-Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnkürzung und -verlagerung von Unternehmen gehe in die richtige Richtung. Das zeige, dass Veränderungen möglich sind, heißt es. Dennoch seien wesentliche Hürden des internationalen Steuersystems bisher nicht eingerissen worden. Insbesondere die Entwicklungsländer seien bisher nicht einbezogen worden, kritisert Oxfam.
In Deutschland ist nach Oxfam die Ungleichheit bei Vermögen, Einkommen und Chancen im OECD-Vergleich besonders hoch. Sie sei in den vergangenen Dekaden erheblich angestiegen, so dass mittlerweile die reichsten 10% der deutschen Haushalte mindestens 63% des Gesamtvermögens besitzen. Andere Studien zeigen allerdings, dass die Einkommensungleichheit in Deutschland in den zurückliegenden zehn Jahren nicht weiter zugenommen hat.
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