Weltbank sieht Eurozone von Stagnation bedroht

Die Weltbank hat ihren halbjährlichen Bericht "Global Economic Prospects" vorgelegt. Daraus geht hervor, das schwache Wachstum in der Eurozone ein Risiko für die Weltwirtschaft darstellt. Für 2015 wird in den USA mit einem BIP-Wachstum von 3,2% gerechnet, 2,9% sollen es in Großbritannien werden. Unten in der Rangliste stehen Japan mit einem erwarteten Zuwachs von 1,2% und die Eurozone, die nur um 1,1% wachsen soll.

Der Bericht sieht die Gefahr, dass die Eurozone und Japan in eine jahrelange Stagnation fallen und womöglich sogar in eine deflationäre Abwärtsspirale mit fallenden Preisen und sinkendem Wachstum abgleiten. Die Folgen für die Weltwirtschaft könnten gravierend sein, heißt es.

Weltweit soll das BIP in den kommenden drei Jahren von 3 auf 3,3% zulegen. Im vorherigen Halbjahresbericht hatte die Weltbank noch ein globales Wachstum von 3,4% in 2015 und 3,5% in 2016 vorausgesagt. In 2014 ist das Welt-BIP um 2,6% gestiegen, nach +2,5% in 2013. Dabei könnte auch die aktuelle Prognose eher zu hoch als zu niedrig angesetzt sein, heißt es. Die größten Gefahren für die Weltkonjunktur seien die anhaltende Schwäche im Welthandel, eine steigende Volatilität der Finanzmärkte, Verluste bei den Öl-Exportländern durch den niedrigen Ölpreis sowie eben das Risiko von Stagnation bis Deflation in Japan und in der Eurozone.

In der Analyse nimmt der Fall der Ölpreise breiten Raum ein. Vor allem Russland sehen die Volkswirte der Weltbank in Bedrängnis. Durch den Kollaps der Ölpreise und die Wirtschaftssanktionen im Zuge der Ukraine-Krise wird das Wachstum des Landes in 2015 um 2,9% fallen und Russland damit in eine tiefe Rezession stürzen gesehen.

Für die Entwicklung in den Industrienationen und in einigen großen Schwellenländern seien die gesunkenen Rohstoffpreise aber eine große Entlastung, heißt es. Das BIP könnte in Indien und China in den kommenden zwei Jahren um gut 7% zulegen. Insgesamt könnte das kumulierte BIP der Entwicklungsländer nach 4,4% in 2014 in diesem Jahr um 4,8% wachsen. In den kommenden zwei Jahren könnten sogar Werte von über 5% erreicht werden, heißt es.

Die USA und Europa dürften per Saldo ebenfalls vom Ölpreisverfall profitieren. Die Weltbank rechnet im Jahresverlauf mit weiter fallenden Rohölpreisen. Ein Preisverfall um 30% würde das weltweite BIP in 2015 um etwa 0,5% steigern, heißt es.

Die Unterschiede der Geldpolitik in den großen Währungsräumen dürfte laut Weltbank die Volatilität an den Finanzmärkten erhöhen, damit nehme auch die Gefahr von wachstumsschädlichen Turbulenzen zu.

So viel zum Bericht der Weltbank.

Zu Deutschland, der größten Volkswirtschaft der Eurozone, möchte ich anmerken, dass die Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigenstunde 2014 um lediglich 0,1% gestiegen ist. Abgesehen vom Krisenjahr 2009 entwickelte sie sich im vergangenen Jahr so langsam wie seit 1970 nicht, dem Startpunkt der Erhebung. Die Zuwächse sind schon seit der Jahrtausendwende im längerfristigen Bild rückläufig.

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Die Arbeitsproduktivität gilt als der längerfristig wichtigste Einflussfaktor für die Entwicklung des materiellen Wohlstands einer Gesellschaft. Um diesen Trend wirklich umzukehren, bedarf es einer deutlichen Zunahme der Ausrüstungsinvestitionen. Davon war aber 2014 nichts zu sehen, auch wenn sie sich leicht besser als in den Vorjahren entwickelten.

Im Sommer 2014 bewegte sich die deutsche Wirtschaft haarscharf an einer Rezession vorbei. Dass der Einbruch vermieden werden konnte, geht nicht auf innere Stärke der deutschen Wirtschaft zurück. Die Gründe lagen einerseits im zur Jahresmitte einsetzenden Ölpreiskollaps, der eine deutliche Kostenentlastung für Verbraucher und Unternehmen brachte, sowie am Verfall des Außenwerts des Euro. Beides machte Produkte des „Exportweltweisters“ auf dem Weltmarkt günstiger.

Daraus entstand jedoch keine anhaltende Dynamik. Das BIP des Jahres 2014 liegt zwar 1,5% über dem des Vorjahres, aber das geht in erster Linie auf das starke erste Quartal zurück – und da war von Ölpreisverfall und sich beschleunigender Schwäche des Euro noch keine Rede. Euro/Dollar notierte noch im Mai 2014 über 1,38, aktuell sind es gut 1,16.

Diese massiven Vergünstigungen für die deutsche Exportwirtschaft haben sich nicht markant auf die Volkswirtschaft insgesamt ausgewirkt. Das hängt auch mit externen Faktoren zusammen – hier schließt sich der Kreis zum Weltbank-Bericht und dem dort angerissenen globalen Wachstumsproblem.

Ergänzung:
Mit Einschränkungen vergleichbar mit dem Verlauf der deutschen Arbeitsprodukvität (s.0) ist das folgende Bild aus den USA

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Nachtrag:
Auch der IWF hat seine Wachstumsprognosen für 2015 und 2016 zurückgenommen.

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