Bernanke gibt Anlass für Gewinnmitnahmen

Kurz schien es so, als könnte der Goldpreis gestern über 1800 Dollar steigen. Doch dann sprach Fed-Chef Bernanke und zum Handelsschluss kämpfte Gold an der Marke von 1700 Dollar.

Bernanke hatte gestern im Finanzausschuss des Repräsentantenhauses gesagt: „Der Jobmarkt ist noch weit von Normalität entfernt.“ Für eine anhaltende Besserung sei wahrscheinlich ein stärkeres Wachstum von Nachfrage und Produktion nötig. Er signalisierte eine Fortsetzung der expansiven Geldpolitik bis mindestens Ende 2014. Zum Thema „Quantitative Easing“ sagte er, das FOMC werde auf seiner Sitzung Mitte März kein QE3 beschließen. Das enttäuschte entsprechende Erwartungen. Zudem wurden seine Äußerungen zum Arbeitsmarkt mehrheitlich so interpretiert, als stünde die US-Wirtschaft vor einem kräftigeren Aufschwung. Das wiederum führte zu Befürchtungen, der Liquiditätshahn könnte früher zugedreht werden.

Gold als sicherer Hafen vor allerlei Unbill durch Inflation und überbordende Verschuldung war da auf einmal gar nicht mehr so sicher.

Neben Edelmetallen gaben aber auch Industrierohstoffe wie z.B. Kupfer deutlich nach.

Gleichzeitig stieg der Dollar-Index wieder über den langfristig wichtigen Pegel bei 78,40, der zuvor knapp unterboten worden war. Euro/Dollar gab deutlich nach. Das brachte zusätzlichen Verkaufsdruck bei Rohstoffen und Edelmetallen.

Die Ölpreise gaben in volatilem Handel gestern zeitweilig deutlich ab. Hier wirkte zum einen die Meldung von gestiegenen Lagerbeständen. Zum anderen wurden Nachrichten lanciert, die US-Regierung könnte einen Teil der strategischen Ölreserven freigeben, um den Anstieg bei den Benzinkosten zu bremsen. Dies ist in Präsidentenwahljahren ein erprobtes Spiel. Der Nutzen solcher Aktionen ist gering, politisch lässt sich daraus jedoch Kapital schlagen – zur Not in der Form, dass Benzin ansonsten noch schneller gestiegen wäre. Beweisen kann’s keiner…

In der zweiten Schätzung kam das US-BIP im vierten Quartal 2011 mit plus 3% etwas stärker herein als in der ersten Schätzung von plus 2,8%. Die Stimmung der US-Verbraucher ist unerwartet stark angestiegen, der Einkaufsmanager-Index der Region Chicago als Vorläufer des landesweiten ISM-Index steigt ebenfalls deutlich an. Weitere Steine im Konjunktur-Puzzle, allerdings auf der Unterseite, sind der weiter sinkende Hauspreisindex, sowie die deutliche Abnahme der Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter.

Wahrscheinlich macht es wenig Sinn, in einer Situation deutlicher Überkauftheit der Aktienmärkte allzu viel an makroökonomischer Logik und quer gedachter Psychologie in Kursbewegungen hineinzuinterpretieren. Vermutlich haben Anleger sehnlichst auf irgendeinen Anlass gewartet, Gewinne mitzunehmen.

Zur Gemengelage passt, dass der S&P 500 zum Handelsschluss unter die Marke von 1370 fällt, dem intraday-Hoch aus 2011 (2. Mai). Auch der Dow kann sich nicht über 13000 halten. Beide Indices hatten sich in den zurückliegenden Tagen in dieser Region schon schwer getan. Zudem geht jetzt die Quartalssaison zu Ende, die hinsichtlich ihrer „Beat-Rate“ eher kurzfristig unterdurchschnittlich verlaufen ist. Da nun auch der zweite LTRO der EZB im erwarteten Umfang über die Bühne gegangen ist, sind Katalysatoren für weitere Aufwärtsschübe erst einmal Mangelware.

Belastungsfaktoren dürften jetzt wieder stärker an Bedeutung gewinnen, wie z.B. die Frage, ob der Haircut in Griechenland ein „credit event“ ist und folglich CDS triggert. Oder die Schuldensituation Portugals. Oder…

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