Aktionäre hoffen zunehmend auf eine weiche Landung der US-Wirtschaft und ein Auslaufen der Leitzinssteigerungen. Der S&P 500 steigt auf Wochensicht um 1,0%, der Dow legt um 0,7% zu, der NDX +2,1%, der Nasdaq gewinnt 2,0%. Der DAX schiebt sich um 1,8% vor und markiert ein neues Allzeithoch. Der S&P 500 steht per Schlusskurs jetzt so hoch wie seit dem 4. April 2022 nicht.
Euro/Dollar sinkt im Wochenvergleich um weitere 1,0%; Dollar und Euro gegen Yen –0,5%, bzw. –1,5%. Die Ölpreise (Brent, bzw. WTI) steigen um weitere 4,3%, bzw. 4,7%. Der CRB-Rohstoffindex steigt um weitere 1,5%. Gold (in Dollar) –0,1%, Silber (in Dollar) sinkt um weitere 1,2%.
Die US-Renditen steigen: Die der 10yr-TNotes, dem wichtigsten Preis weltweit, steigt um 2,9% auf 3,954%. Die Rendite der 2yr-TNotes steigt um 0,4% auf 4,879%, die der 13wk-TBills steigt um 0,2% auf 5,430%. Die Zinsstruktur zeigt am kurzen Ende eine mit –1,48% etwas abnehmende, deutliche Inversivität. Am langen Ende bleibt der Spread leicht positiv. Über alle Laufzeiten hinweg ist der Spread bei –1,42% abnehmend negativ.
Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken steigt auf Wochensicht um weitere 5,1%, mehr als +30% seit Mitte Mai. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index, steigt um weitere 2,9%. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, dreht erneut und gewinnt 4,1%.
Das „Puzzle“ der Einzeldaten zusammengefügt: NDX und Nasdaq zeigen erneut relative Stärke. Das Bild ist eindeutig – die Akteure werden nach dem kleinen Zinsschritt der Fed in dieser Woche immer optimistischer. Die Zinsstruktur wird weniger invers. Wenn man das Ausmaß der Inversivität als Maß für den Pessimismus nimmt, hätten Aktienkurse noch deutliches Potenzial, bis auch nur die Spekulation auf eine vermiedene Rezession eingepreist ist.
Das Bild der US-Wirtschaft stellt sich nach dem Tempoverlust der zurückliegenden Wochen wieder positiver dar. Das US-BIP ist im zweiten Quartal mit +2,4% stärker gewachsen als mit +1,8% erwartet. Die Gewinne im zweiten Quartal im S&P 500 werden mit +7,7% gegenüber dem Vorjahresquartal prognostiziert [Korrektur: -6,4% nach -7,9% eine Woche zuvor].
Und: Die Inflation nach PCE-Preisindikator steigt zwar im Vergleich zum Vormonat leicht, nimmt aber im Jahresvergleich ab von 4,6% im Mai auf 4,1% im Juni. Dieses Maß wird von der Fed besonders beachtet. Es läuft allerdings recht deutlich nach, auch deshalb, weil hier der Anteil der Mietkosten, bzw. der Eigentümeräquivalente, erhöht ist.
Der inflationäre Impuls dürfte gemessen am Verhältnis zwischen Headline-CPI und Kernpreis-CPI nun vollständig durch die Wirtschaft gelaufen sein. Aber Vorsicht: Diese Entwicklung wurde im wesentlichen von den Energiepreisen getragen und steht damit auf relativ schwachen Füßen. Wenn die US-Wirtschaft nun tatsächlich wieder Fahrt aufnimmt, zieht das sehr wahrscheinlich die Energiepreise mit, wodurch sich Hoffnungen auf ein weiteres Sinken des Headline-CPI (+3,1% im Juni) rasch in Luft auflösen können. Die Ölpreise sind in den zurückliegenden zwei Wochen bereits deutlich gestiegen.
Per Juni sieht die Makrolage so aus: Der Diffusionsindex, gebildet aus dem Index der Industrieproduktion, der Entwicklung der Arbeitsplätze (nonfarm), dem verfügbaren Einkommen und den persönlichen Verbrauchsausgaben, erreicht 88% (rote Linie im mittleren Chart). Das ist im historischen Vergleich ein recht hoher Wert.
Die zusammengefassten Indikatoren für Sentiment und Makroökonomie liegen fast gleichauf im expansiven Bereich (grüner und blauer Punkt in der oberen Chart-Reihe). Die finanziellen Bedingungen (weißer Punkt) haben sich im Juni ebenfalls verbessert. Das unterstreicht den neu belebten Optimismus hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung.
Morgan Stanley-Stratege Mike Wilson hat kapituliert und sich dafür entschuldigt, dass er den Markt in den letzten neun Monaten falsch eingeschätzt hat. Im Jahr 2022 war er jedermanns Lieblingsanalyst. Er galt als der König der Bären. Seit Abby Joseph Cohen im Jahr 1999 gab es wohl keinen Strategen mehr, der so sehr in den Himmel gelobt wurde. Wilson war konstant bärisch von 3.500 bis 4.400 im S&P 500 und lag damit falsch.
Wenn der bärischste Markt-Stratege zum Bullen wird, bedeutet das dann, dass der Markt für eine Korrektur bereit ist? Das ist vielleicht ein wenig kurz gedacht, aber… Der letzte Bär hat kapituliert. Auf jeden Fall ein Zeichen, vosichtig zu werden und eher ins neutrale Lage zu wechseln.
Der folgende Chart zeigt, wie extrem private Kunden der BofA in 2022 TBills, 13-wöchige TNotes, gekauft haben – und wie heftig die Papiere in den zurückliegenden Wochen abgestoßen wurden.
Wo sind die Gelder hingeflossen?
Der folgende Chart stellt den NASDAQ und die invertierte 10yr-TNote-Rendite gegenüber. Der Spread zwischen beiden Zeitreihen ist so groß wie zumindest seit dem Jahreswechsel 2021/2022 nicht mehr. Klar überzogen, mehr ist dazu nicht zu sagen (Chartquelle).
Der NDX-100 bewegt sich seit etwa Mitte März in einem Aufwärtskanal, am 28. März haben EMA50 und EMA200 ein „Golden Cross“ fabriziert – gewöhnlich ein Signal für eine anhaltende Aufwärtsbewegung. Die zurückliegenden Tage zeigen jedoch Schwäche im Index. Die Unterseite des Aufwärtskanals dürfte in den nächsten Tagen intensiv getestet werden. Wird dabei der Pegel bei 15.300 gebrochen, dürfte es zügig zu einem Test des 38er Retracements des Aufwärtsimpulses aus Mitte März kommen (Chartquelle).
Der S&P 500 hat die Woche bei 4582,23 beschlossen. Der Index läuft seit Mitte Juni in einem relativ breiten Aufwärtskanal. Die Tageskerze vom Donnerstag hat seine gesamte obere Häfte durchmessen. Vermutlich wird die Mittellinie weiteren Tests unterzogen werden.
Die Volumenverteilung an der NYSE befindet sich seit acht Handelstagen wieder in Akkumulation, ein per se bullisches Zeichen. Der Eintritt in Distribution wurde mehrfach hinausgezögert. Das Verhältnis von SPX und VIX bewegt sich in einem Extrembereich, das Verhältnis zwischen beiden ist instabil. Normalerweise bewegen sich beide Zeitreihen gegeneinander, aktuell laufen sie eher synchron zueinander.
Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis zeigen weiterhin eine leichte Zunahme der bullischen Kursmuster. Aus dieser Sicht ist noch damit zu rechnen, dass die Aktienkurse insgesamt weiter nach oben laufen. Die Prognose für den S&P 500 stellt zunächst eine Seitwärtsbewegung in Aussicht.
Die Zeichen für eine Korrektur bei Aktien mehren sich. Allerdings ist im Kontext eines intakten bullischen Herdentriebs exaktes Timing schwierig. Ein gestaffelter, vorsichtiger Einstieg auf der Short-Seite erscheint angemessen.
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