S&P 500 – Window-Dressing und dann?

An den Aktienmärkten will man vor dem Quartalsende die bisherigen Gewinner im Portfolio haben. Der Dow steigt auf Wochensicht um 2,0%. Der S&P 500 brachte es auf +2,3%. Der NDX steigt um 1,9%, er steht 39% höher als zu Jahresbeginn; der breitere Nasdaq bringt es auf +31%, das ist die beste Performance in einem ersten Halbjahr in 40 Jahren.

Der DAX gewinnt 2,0%. Seit Jahresbeginn ist er um 15% gestiegen. Das ist doppelt so viel, wie er in seiner 35-jährigen Geschichte durchschnittlich pro Jahr zugelegt hat. Der DAX feiert an diesem Wochenende Geburtstag. Schauen wir mal, wie es am Jahresende aussieht. Bloomberg sieht ihn gemäß einer Umfrage bei 15.300 Punkten, also rund 850 Punkte tiefer als aktuell.

Euro/Dollar steigt im Wochenvergleich um 0,2%; Dollar und Euro gegen Yen +0,4%, bzw. +0,6%. Die Ölpreise (Brent und WTI) drehen erneut und steigen um 1,6%, bzw. 1,9%. Der CRB-Rohstoffindex sinkt um weitere 0,4%. Gold (in Dollar) kaum verändert, Silber (in Dollar) steigt um 1,6%.

Die US-Renditen steigen: Die der 10yr-TNotes, dem wichtigsten Preis weltweit, steigt um 2,8% auf 3,863%, die der 2yr-TNotes steigt um 3,0% auf 4,895%. Die Rendite der 13wk-TBills +0,3% auf 5,315%. Die Zinsstruktur zeigt am kurzen Ende eine abnehmende, mit –1,47% nach wie vor starke Inversivität. Am langen Ende ist der Spread nahezu Null mit abnehmender Tendenz. Über alle Laufzeiten hinweg ist der Spread bei –1,45% leicht abnehmend negativ.

Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler US-Banken steigt auf Wochensicht um 2,9%. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index, dreht erneut und steigt um 5,7%. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, dreht ebenfalls erneut und gewinnt 4,7%.

Das „Puzzle“ der Einzeldaten zusammengefügt: Aktien werden auf breiter Front gekauft. Was die großen Aktienindices der USA angeht, so ist das Verhältnis zwischen dem Technologie-lastigen NDX und den breiteren Indices in der zurückliegenden Woche ziemlich ausgeglichen. Der Transportindex unterstreicht nach Dow-Theorie die Entwicklung. Der DAX schafft den Sprung zurück über seine wieder steigende EMA50.

Der Spread am langen Ende der US-Renditen läuft auf Inversion zu – kein Indiz für eine gute Konjunktur-Entwicklung. Ein nächster kleiner Zinsschritt gilt als sicher. Die Ölpreise steigen, was damit zusammenhängen dürften, dass ab Juli weitere Förderkürzungen greifen. Ansonsten zeigen sich Rohstoffe insgesamt kaum verändert. Kupfer notiert nach S&P GSCI Copper Index weiter unter seiner EMA200 und seiner EMA50.

Sowohl im Dow als auch im S&P 500 ist am zurückliegenden Freitag mit leicht erhöhtem Handelsvolumen eine Aufwärtslücke entstanden. Sie schließt eine am 20. Juni gerissene Abwärtslücke. Anlass für den „Freudensprung“ dürfte die Veröffentlichung des PCE-Kernpreisindex für Mai sein. Der zeigt nun mit einem Monatsanstieg von 0,31% eine Inflation von 4,62%. Im April war ein Wert von 4,68% gemeldet worden, bei einem monatlichen Zuwachs von 0,38%. Eine wahrhaft imposante Abschwächung der Inflation…

Neben der deutlichen Aufwärtsrevision des US-BIP in Q1 auf nunmehr 2,0% dürfte auch die Abnahme der Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sowie das verbesserte Verbrauchersentiment für Juni die Bullen in ihrer Sicht bestätigt haben, dass die Wirtschaft „brummt“ und die avisierten weiteren Zinsschritte daran auch nichts ändern werden. Mal sehen…

Der Nasdaq zeigt eine Rekord-Performance, aber fast 60% der Aktien haben über die zurückliegenden 12 Monate einen negativen Gewinn pro Aktie (EPS) gemeldet. Das ist Rekord im Zeitraum ab 1981 – gleichzeitig der Index mit Rekord-Performance bezogen auf die zurückliegenden vier Jahrzehnte (siehe oben). Historisch gingen solch deutliche Anstiege der Zahl der Unternehmen mit Verlusten gewöhnlich einher mit Rezessionen.

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Noch einmal ein Blick darauf, wie sich die jeweils 15 größten Unternehmen in einzelnen Indices auf der Welt entwickelt haben. Der S&P 500 sticht heraus.

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Ein Blick auf Hypothekenzinsen und Preise existierender Häuser: Vor drei Jahren lagen die Zinsen für Hypotheken mit 30-jähriger Laufzeit bei 3,13%, der Hauspreisindex stand bei 284.000 Dollar. Aktuell sind die Zinsen bei 6,67% und die Preise bei 396.000 Dollar. Wer kann sich das wie lange leisten?

Spricht auch nicht gerade für kommendes beständiges Wirtschaftswachstum: Der Leading Economic Index (LEI) des Conferenceboard ist im Mai den 14ten Monat in Folge zurückgegangen. Das gab es nur im Umfeld der 1973 und 2007 gestarteten Rezessionen (Chartquelle).

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Wenig überraschend zeigt sich die Verteilung der Zuflüsse in Sektoren der globalen Aktienmärkte. Technologie ist der größte Gewinner, Energie und Rohstoffe sind die beiden stärksten Verlierer.

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Der High-Yield Bondmarkt gilt oft als vorlaufender Indikator für das, was bei Aktien geschehen wird. Die Renditen dort sinken mit zunehmender Risikobereitschaft und gewöhnlich steigen dann auch die Aktienkurse. Im folgenden Chart lässt sich gut erkennen, dass dieses gegenläufige Verhalten bis Ende März noch recht ausgeprägt war. Seitdem allerdings bestätigt der Renditeverlauf den des S&P 500 kaum noch. Es gab sogar den Mai über eine Phase, in der beide parallel liefen. Erst Anfang Juni war wieder eine gegenläufige Episode festzustellen, allerdings mit vergleichsweise geringer Dynamik bei der Rendite.

Die gestrichelte Linie (gelb) markiert den Bereich, um dem die beiden Zeitreihen gegenwärtig schwingen. Aktuell liegt eine deutliche Asymetrie vor – der Abstand des S&P 500 ist größer als der der Rendite. Früher oder später stellt sich wieder Symmetrie ein, indem der S&P 500 korrigiert. Der Chart wird täglich auf der Startseite aktualisiert.

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John Mauldin sieht steigende Energiepreise vorher – die ESG-Bewegung verringere das Angebot an Öl und Gas, die weltweite Nachfrage wird jedoch steigen. Auch beim sich gegenwärtig verlangsamenden weltweiten Wachstum blieben die Energiepreise überraschenderweise stabil. Die Geschichte zeige deutlich, dass die zunehmende Nutzung von Energie (aller Arten) die Wirtschaft, die Gesundheit und den Wohlstand der Menschheit antreibt. Auch in diesem Jahr werde die Nachfrage nach Öl und Gas ein Allzeithoch erreichen, ein Trend, der im letzten Jahrhundert nur während Rezessionen kurz unterbrochen wurde.

Das nachstehende Schaubild zeigt, dass wir eine Menge Bohrungen vornehmen müssen, nur um den Bestand zu sichern, geschweige denn die steigende Nachfrage zu decken, so Mauldin (Chartquelle).

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Der S&P 500 hat die zurückliegende Woche bei 4450,38 beschlossen. Und steht damit wieder dort, wor er vor genau 14 Tagen den Rückzug angetreten hat, der ihn im Tief bis an das 38er Retracement des Impulses aus Ende Mai heranführte. Die runde Marke von 4500 ist in Sichtweite, zugleich ein Pegel, der in der Topp-Bildungsphase von 2021/2022 eine Bedeutung hatte. Zudem wäre mit 4500 auch Symmetrie erreicht: Ein Anstieg von 3800 (Mitte März) auf 4150/4160, eine konsolidierende Pause, ein weiterer Anstieg von dieser Marke aus (Ende Mai) bis 4500.

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Ich hatte zuletzt mehrfach die Regelmäßigkeit in meinem TQUAL-Indikator angesprochen. Bleibt diese mit dem Abstand der lokalen Maxima von rund 50 Handelstagen bestehen, so wäre das nächste Topp in wenigen Tagen zu erwarten. Das Niveau der Topps hat seit Mitte August beständig abgenommen. Der Indikator wird aus den populären Indikatoren RSI, Stochastik und MACD gebildet (von einigen internationalen Aktienindices). Der Verlauf offenbart mittelfristige technische Schwäche. Das schließt aber nicht zwingend aus, dass demnächst eine Periode außergewöhnlicher Stärke folgen könnte.

Die Marktbreite nach TRIN meldet mittlerweile einen bärischen Status. Die Volumenverteilung an der NYSE befindet sich noch in (überdehnter) Akkumulation. Das Verhältnis von SPX zu VIX läuft auf einem extremen Niveau und signalisiert Instabilität. VIX und SPX bewegen sich synchron, nicht gegenläufig wie normalerweise. All das zeigt einen stark überzogenen Bull-Run an.

Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis legen mit dem gestrigen Handelstag nahe, dass die Bullen wieder das Ruder übernommen haben. Der Chart wird täglich auf der Startseite aktualisiert. Die Prognose des S&P 500 zeigt noch kurzfristiges Potenzial bis gut 4500.

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Die kurzfristige Perspektive sieht aus meiner Sicht für den S&P 500 so aus: Die Bullen werden letztlich im Bereich von 4500 scheitern (womöglich mit Überschwinger bis 4570, der 38er Ausdehnung des laufenden Impulses). Gut möglich, dass die Veröffentlichung der US-Arbeitsmarktdaten für Juni am kommenden Freitag den Anlass bietet, Gewinne vom Tisch zu nehmen. Etappen an der Unterseite wären dann rund 4300, ~4270 (EMA50 aktuell bei 4251) und die Zone bei 4150/4160.

Ergänzung:
Aktien starten in die saisonal beste Phase des Jahres: Die ersten 15 Tage des Juli liefern im Mittel seit 1928 das beste zwei-Wochen-Ergebnis (Chartquelle).

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