Crédit Suisse "angesteckt" oder "ansteckend"?

Die Crédit Suisse hat heute fast ein Viertel ihres Wertes eingebüßt, die Aktie ist auf ein neues Rekordtief gefallen. Damit setzte sich die Talfahrt fort, die Aktien sind in den zurückliegenden 52 Wochen um 75% gesunken. Ihr größter Anteilseigner hatte erklärt, er könne der Schweizer Bank keine weitere finanzielle Unterstützung gewähren.

Der Vorsitzende der Saudi National Bank, Ammar Al Khudairy, antwortete auf die Frage, ob die Bank für weitere Liquiditätsspritzen offen sei, falls es einen weiteren Bedarf an zusätzlicher Liquidität gebe: „Die Antwort lautet: Absolut nicht, und zwar aus vielen Gründen, abgesehen vom einfachsten Grund, der in der Regulierung und den gesetzlichen Vorschriften liegt."

Das saudische Institut hatte sich Ende letzten Jahres an der Kapitalerhöhung der Crédit Suisse beteiligt und einen Anteil von fast 10% erworben. Es hatte sich verpflichtet, bis zu 1,5 Mrd. Schweizer Franken zu investieren. Auch die Qatar Investment Authority hatte dabei ihren Anteil erhöht. Im Rahmen der Kapitalerhöhung waren neue Aktien im Wert von vier Milliarden Schweizer Franken ausgegeben worden.

Die Kosten für die Versicherung der Anleihen der Crédit Suisse gegen Zahlungsausfälle näherten sich einem Notstandsniveau. Einjährige Credit Default Swaps wurden bei Geschäftsschluss am Dienstag mit 835,9 Basispunkten angegeben. Ihre fünfjährigen CDS-Spreads erreichten einen Rekordwert.

Die breiteren Aktienmärkte fielen am Morgen stark, die Kursverluste der Crédit Suisse entfachte die Ängste der Anleger hinsichtlich der Widerstandsfähigkeit des globalen Bankensystems nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank erneut. Der EuroStoxx Banks Index fiel um 7% und erreichte damit den niedrigsten Stand seit Anfang Januar.

„In einem Kontext, in dem die Marktstimmung bereits geschwächt ist, braucht es nicht viel, um sie noch weiter zu schwächen", so ein Bebachter.

Die Crédit Suisse befindet sich mitten in einer komplexen, dreijährigen Restrukturierung, die die Bank wieder in die Gewinnzone bringen soll. Die jüngste Welle der Baisse, die durch den Niedergang der Silicon Valley Bank (SVB) ausgelöst wurde, hat die Credit Suisse hart getroffen.

Der Vorstandsvorsitzende Ulrich Koerner sagte in einem Bloomberg-Fernsehinterview am Dienstag, dass sich die Geschäftsdynamik in diesem Quartal verbessert habe und dass die Bank nach dem Zusammenbruch der SVB Mittel angezogen habe.

Am 14. März erklärte die Crédit Suisse in ihrem Jahresbericht, dass sie wesentliche Schwächen in der Finanzkontrolle aufweist. Die Bank hat in fünf aufeinanderfolgenden Quartalen Geld verloren. Ihre vermögenden Kunden haben im vierten Quartal mehr als 100 Mrd. Dollar von der Bank abgezogen, so viel wie nie zuvor.

Harris Associates hatte in den vergangenen drei bis vier Monaten die gesamte Beteiligung an der Crédit Suisse Group AG verkauft und vor wenigen Tagen die Beziehungen zu dem Unternehmen nach mehr als 15 Jahren beendet. Damit verstärkte sich der Druck auf die Führung des angeschlagenen Schweizer Kreditinstituts. Harris Associates war jahrelang der grösste Aktionär der Crédit Suisse.

Die Aktien der Crédit Suisse haben seit dem Sommer 2007 rund 95% ihres Wertes verloren. Die Bank hat die Ende vergangenen Jahres einsetzende Rallye ihrer europäischen Konkurrenten verpasst, als die Straffung der Geldpolitik die Aussichten für die Rentabilität des Kreditgeschäfts verbesserte. Harris Associates kommentierte den Rückzug: „Warum sollte man in etwas investieren, das Kapital verbrennt, wenn der Rest des Sektors es jetzt erwirtschaftet?"

Die Entscheidungsträger der EZB tendieren weiterhin zu einer Zinserhöhung um einen halben Prozentpunkt am kommenden Donnerstag, da sie davon ausgehen, dass die Inflation in den kommenden Jahren zu hoch bleiben wird. Anleger hatten begonnen, an der Bereitschaft der EZB zu einer weiteren großen Zinserhöhung zu zweifeln, nachdem der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank die Märkte erschüttert hatte.

Ergänzung:
Die Crédit Suisse steckt schon länger in Problemen. Viele sind hausgemacht, auf miserable Personal- und Investmententscheidungen zurückzuführen. In 2021 hatte die Crédit Suisse in Zusammenhang mit Investitionen in Hedgefonds enorme Verluste erlitten. Die Tatsache, dass die Aktie der Crédit Suisse an der europäischen Banken-Rally zuletzt nicht teilgenommen hat, spricht Bände. Aufgrund der Größe der Bank und ihrer Verflechtungen mit anderen Finanzinstituten besteht allerdings die berechtigte Sorge, dass ihre hausgemachte Schwäche andere Banken „ansteckt". Die folgenden Charts stammen aus dieser Quelle.

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Nachtrag:
(16.3.23) Die Schweizerische Nationalbank leiht der Crédit Suisse 50 Mrd. Schweizer Franken.
(20.3.23) Die UBS kauft die Crédit Suisse mit staatlicher Unterstützung (oder mit staatlichem Druck).

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