W oder M? Oder?

Die Inflationrate der US-Verbraucherpreise kommt im Oktober auf 2,53%. Die Kernrate hat sich leicht auf 2,1% abgeschwächt, sie liegt damit so tief wie seit April nicht. Das Inflationsziel der Fed notiert mit 2,0% knapp darunter.

Ein paar weitere aktuelle makroökonomische Rahmendaten: Die Basisgeldmenge ist im Oktober im Vergleich zum Vorjahr um 8,1% geschrumpft. Im Oktober hat die Fed ihre Gangart bei der Verkürzung ihrer Bilanz verschärft. Die gesamten Ausleihungen haben aufs Jahr gesehen um 4,4% zugelegt und liegen damit im unteren Bereich der Spanne zwischen 3,6% und 12,7%, in der sich der Wert seit Mitte der 1990er Jahre außerhalb von Rezessionen bewegt hat. Die US-Industrieproduktion ist im Oktober um 4,1% angestiegen. Das liegt unter dem jüngsten Spitzenwert bei 5,6%, der im Vormonat markiert wurde, aber insgesamt im Mittelfeld der Spanne seit Mitte der 1990er Jahre (außerhalb von Rezessionen).

In der zurückliegenden Woche folgte auf die Warnung von Apple, das Weihnachtsgeschäft könnte schwächer ausfallen als gedacht, eine Reihe von revidierten Ausblicken seitens wichtiger Zulieferer. Zuletzt warnte Nvidia vor einer schwächer als erwarteten Geschäftsentwicklung. Als Grund musste in diesem Fall die Kursschwäche bei Kryptowährungen herhalten.

Das alles lastete in der zurückliegenden Woche insbesondere auf dem Technologie-lastigen Nasdaq und trug auch zur Ausweitung der relativen Schwäche von niedriger kapitalisierten Aktien im Vergleich zu LargeCaps bei. Diese relative Schwäche setzte Ende September ein, wobei im folgenden Chart hierzu die Kursentwicklung entsprechender ETFs herangezogen wird.

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Nicht nur das – seit Anfang November zeigt auch der breite Aktienmarkt (ETF auf den MSCI_World) relative Schwäche gegenüber globalen Dividendentiteln. Diese doppelte relative Schwäche führt zu einer abnehmenden Marktbreite – große Anleger konzentrieren sich auf LargeCaps und hier mittlerweile nun auf große Dividendentitel, weil sie glauben, dass sie bei Verkaufsdruck kursschonender agieren können. Zudem gelten Dividendenwerte als robuster, weil ihr Dividendenertrag Kursverlusten entgegenwirkt.

Das gemeldete reale BIP in Q3 liegt über dem Potenzialwachstum, das Verhältnis beider Kennzahlen notiert mit 1,06 so hoch wie seit 18 Jahren nicht. So lange das so ist, wird die Fed in ihrer eigenen Logik wenig Veranlassung haben, mit ihren Zinsschritten jetzt schon zu pausieren. Dabei gibt es sehr wohl Anlass, die vordergründig gute Entwicklung zu hinterfragen – siehe z.B. hier. Zudem hat die Fed zuletzt selbst auf bestimmte Belastungen hingewiesen. Nach Fed Funds Rate gibt es eine etwa 66%-ige Wahrscheinlichkeit, dass die Leitzinsen im Dezember auf einen Bereich zwischen 2,25% und 2,5% angehoben werden. Der Wert ist zuletzt etwas gesunken.

Die Inflationserwartung nach Spread der nominalen Rendite und der der Inflations-indizierten Teasurys kommt gemessen an der Laufzeit von zehn Jahren auf 2%. Alles zusmmengenommen bestärkt das die Erwartung, dass die Fed im nächsten Jahr zumindest eine Pause bei ihren Zinsschritten einlegen wird. Ob das die Finanzmärkte insbesondere bei Aktien dann goutieren werden, steht auf einem anderen Blatt.

Die Rahmenbedingungen für Aktien werden kritischer, wie insbesondere auch aus der relativen Schwäche von SmallCaps und der gleichzeitigen relativen Stärke von Dividendentiteln zu entnehmen. Betrachtet man den Verlauf des S&P 500 seit Jahresbeginn, so stellt sich die Frage, ob sich hier eine W- oder eine M-Formation entwickelt.

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Eine W-Formation ist ein nicht selten anzutreffendes Korrektur-Szenario. Das W hätte seinen Anfang im Hoch aus Ende Januar, der nächste Wendepunkt wäre das Tief aus Anfang April. Dann folgt die mittlere Spitze des W Ende September und aktuell könnte sich der zweite Tiefpunkt herauszubilden beginnen. Die charttechnische Implikation eines vollendeten W (sofern das Hoch aus Januar und auch das Hoch aus Ende September überunden werden könnte) wäre ein Kursziel von rund 3200.

Eine M-Formation kommt ebenfalls häufiger vor. Sie ist in einer Topp-Bildung anzutreffen. In diesem Fall wäre der linke Hochpunkt Ende Januar festzustellen, das Tief in der Mitte wäre im April, der rechte Hochpunkt Ende September. Die Formation wäre vollendet und bestätigt, wenn der Bereich von 2600 überzeugend gebrochen würde. Dann wäre das Kurzsziel irgendwo bei 2300 anzusiedeln.

Das Bild beider Formationen ist nicht eben typisch und lehrbuchhaft. Und so könnte sich als dritte Variante die bisherige Kursentwicklung im Jahr auch als eine Rechteck-Formation zwischen 2600 und 2900 erweisen. Das passt auch zu dem labilen Gleichgewicht zwischen Bullen und Bären und einigen technischen Indikatoren.

Außerhalb der Finanzmärkte spielt momentan die Frage die Hauptrolle, ob sich eine Einigung, zumindest aber ein Kompromiss in Zollstreit China-USA herauskristallisiert. Hier sind alle Augen auf Ende November gerichtet, wo vermutet wird, das sich Trump und der chinesische Regierungschef im Rahmen des G20-Gipfels verständigen. Die Signale, die man vernehmen kann, deuten bisher zart daraufhin, dass aus dem Kontakt irgendetwas herauskommt, was dem Konflikt die aktuelle Schärfe nimmt und ihn vertagt bis weit ins nächste Jahr.

Der in diesem Zusammenhang auch oft zitierte Brexit hat demgegenüber relativ geringe Bedeutung für die Finanzmärkte. Hier kann man, abgesehen von kurzfristigem politischen Störfeuer, davon ausgehen, dass dieser auf die lange Bank geschoben wird und effektiv gar nicht stattfindet. Ich hatte das schon seit dem Referendum in England gemutmaßt, das eine knappe Mehrheit für den Brexit ergeben hatte.

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