Die Bundesbank hat sich in ihrem Monatsbericht vom Juli 2014 mit dem Thema „Wechselkurse und Finanzstress“ beschäftigt.
Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Beobachtung, dass Wechselkurse in Zeiten hoher Anspannung an den internationalen Finanzmärkten größeren Schwankungen ausgesetzt sind. Währungen von Staaten mit vergleichsweise hohen Zinsen werten dann häufig stark und abrupt ab, bei Niedrigzinswährungen ist das Gegenteil zu beobachten.
So legten etwa im Zuge der globalen Finanzkrise der Schweizer Franken, der Yen oder der Dollar zumindest phasenweise kräftig zu, während andere Währungen wie der australische und der kanadische Dollar, sowie die Währungen vieler Schwellenländer deutlich abwerteten. Und in der Zuspitzung der Staatsschuldenkrise der Eurozone gewann der Schweizer Franken im Verlauf des Jahres 2011 gegenüber dem Euro so stark an Wert, dass er annähernd Parität erreichte.
In der Untersuchung werden verschiedene Erklärungsmöglichkeiten für solche starken Wechselkursbewegungen in Krisenzeiten diskutiert. Zum einen sind das Carry Trades, also die Aufnahme von Krediten in Niedrigzinsländern und der Transfer der Mittel außer Landes, die im Krisenfall abrupt abgebaut werden und damit den Preis der Finanzierungswährung erhöhen. Zum anderen spielt die Flucht von Anlegern in vermeintlich sichere Anlagehäfen eine Rolle.
Der Schweizer Franken und der Dollar können demnach als „Safe Haven“-Währungen eingestuft werden werden. Der Schweizer Franken weist zugleich eine negative Beziehung zwischen seiner Änderungsrate und der globalen Aktienmarktrendite auf, daher wird er auch als Hedge-Währung eingestuft.
Der Yen ist die klassische Finanzierungswährung von Carry Trades. Der Dollar wird in einer Nebenrolle ebenfalls als Carry Trade Währung klassifiziert.
Der Euro folgt keinem der beiden Muster, er reagiert auf Stress kaum. Dies wird plausibel durch die Beobachtung, dass der Euro selbst in Hochzeiten der Euro-Staatsschuldenkrise gegenüber den Währungen der wichtigsten Handelspartner nur vergleichsweise wenig an Wert verloren hat. Da der Euro in einer negativen Beziehung zur globalen Aktienmarktrendite steht, klassifiziert ihn die Bundesbank als Hedge-Währung.
Am Beispiel von S&P 500 und Dollar/Yen lassen sich einige interessante Zusammenhänge erkennen. So begann das Währungspaar bereits Mitte 2007 Schwäche zu zeigen, sehr wahrscheinlich wurde damals schon mit dem Abbau von Yen Carry Trades begonnen. Zum selben Zeitpunkt steuerte der Aktienindex noch auf sein Topp im Oktober 2007 zu. Zwischen April und August 2008 kam es zu einer Seitwärtsphase in der Beziehung zwischen beiden, dann tauchten beide Zeitreihen im Zuge der Finanzkise ab.
Das Währungspaar bildete im Januar 2009 einen Zwischen-Boden, der S&P 500 bildete erst Anfang März sein Tief aus. Dollar/Yen toppte im April erneut aus und fand erst im Februar 2012 einen längerfristigen Boden. Um diese Zeit herum beendete auch der S&P 500 seine Konsolidierung, zu der die US-Schuldenkrise im Sommer 2011 den Anlass gegeben hatte. Das Währungspaar hat nun Anfang 2014 ein Hoch ausgebildet und gleitet seitdem leicht abwärts. Aktien hingegen sind bis in den Juli hinein noch weiter angestiegen.
Die seit Jahresbeginn 2014 festzustellende Divergenz erinnert an Mitte 2007, als sich ebenfalls Monate vor dem Topp im S&P 500 Schwäche im Verhältnis Dollar/Yen zu entwickeln begann.
Seit Mitte 2012 bewegen sich S&P 500 und Euro/Dollar im Gleichlauf, keiner der beiden Zeitreihen lässt sich als treibende Kraft identifizieren. Im kurzfristigen Bild seit Mitte Mai zeichnet sich hier jedoch eine Verschiebung ab mit einer relativen Schwäche des Währungspaares gegen relative Stärke des S&P 500.
Die Schwäche von Euro/Dollar korrespondiert mit besonderer Schwäche v.a. im DAX und anderen (großen) europäischen Aktienindices. Die Erklärung hierfür dürfte darin liegen, dass Anlagekapital aus dem Euro-Raum (und hier v.a. aus den Kernländern) abgezogen worden ist. Daraus lässt sich im Umkehrschluss ableiten, dass eine gewisse Festigung bei Euro/Dollar eine kurzfristige Stabilisierung bei Aktien und anderen Assets (Rohstoffen) bewirken würde. Dabei liegt die Betonung auf "kurzfristig".
Ergänzung:
Die Bestimmtheitsmaße in den Beziehungen von S&P 500 zu Dollar/Yen (R²=0,76) und EStoxx50 zu Euro/Yen (R²=0,79) sind im Zeitraum ab Mitte 2012 bis heute nahezu gleich groß und signifikant, was auf einen engen Zusammenhang zwischen Aktien und Yen-Währungspaaren hinweist. Das wiederum legt nahe, dass Carry Trades in Yen eine bedeutende Rolle bei der Aktienskursentwicklung spielen.
Darüberhinaus zeigt das signifikante Bestimmheitsmaß (R²=0,67) eine enge Beziehung zwischen S&P 500 und Euro/Dollar an. Diese Beziehung war zwischen Mitte 2012 und Mai 2014 mit Ausnahme einer Phase im ersten Halbjahr 2013 konvergent.
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