Trump und die Isolation Chinas – wer hat die besseren Karten?

„Trump selbst hat keine eine klare Vorstellung, viele der angeblichen Ziele sind widersprüchlich. Zudem ist er ein Typ, der aus der Hüfte schießt – kein gründliches Nachdenken, immer schwankend, nie beschämt über seine eigenen unverhohlenen Lügen."

Das sagt Hua Bin in einem Interview. Hua Bin ist seinen Angaben zufolge Geschäftsmann im Ruhestand und geopolitischer Beobachter. Ich fasse seine Kernaussagen nachfolgend zusammen.

Gemaß Hua Bin hat Trump mehrere Ziele seiner Zollpolitik genannt:
(1) Zölle als Einnahmequelle, um die geplanten Steuersenkungen auszugleichen
(2) Zölle als Mittel zur Verlagerung von Produktionsstätten und zur Reindustrialisierung
(3) Zölle als Mittel, um den Handel mit China zu unterbinden
(4) Zölle als Verhandlungsinstrument, um von Handelspartnern Zugeständnisse zu erhalten (mehr US-Waren zu kaufen, in den USA zu investieren, 100-jährige zinslose US-Staatsanleihen zu kaufen, US-Waffen zu erwerben usw.)

Die Punkte 2, 3 und 4 sind direkt mit China verbunden. In Trumps Augen ist China der Hauptverursacher für den Verlust von Arbeitsplätzen im verarbeitenden Gewerbe in den USA. Bei der Reindustrialisierung geht es also weitgehend darum, Arbeitsplätze aus China zurückzuholen. Die Verhängung von Handelssanktionen gegen China -bis hin zu einem vollständigen Embargo- wird seit langem als Teil der Entkopplung der beiden Volkswirtschaften und als Vorbereitung auf einen möglichen militärischen Konflikt erwartet. Beide Seiten wollen die gegenseitige Abhängigkeit verringern, Trump geht dabei weit weniger geduldig und strategisch vor.

Hua Bin hat keinen Zweifel daran, dass die Zugeständnisse, die Trump von anderen Handelspartnern verlangt, darauf abzielen, deren wirtschaftliche Beziehungen zu China zu verringern. Ziel ist, China wirtschaftlich zu isolieren. Das ist im Wesentlichen das, was der Westen nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges mit Russland gemacht hat. Trump ist auch ohne einen glaubwürdigen Vorwand bereit, die Auseinandersetzung mit China voranzutreiben.

Trump mag denken, dass er 3D-Schach spielt, aber sein Plan ist nicht gut durchdacht, was jetzt offensichtlich wird, da China sich weigert, nachzugeben. Chinas Außenminister Wang Yi: „Wir werden die Grundregeln des Freihandels aufrechterhalten. Wir werden uns nicht der Machtpolitik oder dem Mobbing beugen.“ Nachdem Aktien, Anleihen und der Dollar in den freien Fall übergingen, geriet er in Panik und nahm einen Teil seines Programms zurück. Das sei ein klares Zeichen für schlechte Vorbereitung und fehlerhafte Annahmen, so Hua Bin. Weitere Anzeichen dafür, dass seine Zollstrategie unausgegoren ist, sind die lächerliche Mathematik hinter der Berechnung der „reziproken“ Zölle und die vielen Widersprüche in Bezug auf das, was er erreichen will.

Hua Bin weiter: Wie China wiederholt gesagt hat, gibt es in einem Handelskrieg keine Gewinner. Wenn es zu keiner Verhandlungslösung kommt, wird China wahrscheinlich kurzfristig mehr unter dem Verlust des US-Verbrauchermarktes leiden. Dies wird sich auf das BIP und die Beschäftigung auswirken.

Es liegt auf der Hand, dass das Land den Binnenkonsum ankurbeln muss, das ist jetzt dringender denn je. Außerdem muss es einen Teil des Handels in andere Länder umlenken. Es könnte zu einem deflationären Druck im Inland kommen, aber China hat viele Möglichkeiten, den Konsum fiskalisch zu stimulieren, um die Auswirkungen abzumildern, zumal der Staat den Kreditfluss über die staatlichen Banken kontrolliert.

Für die USA bedeuten die kurzfristigen Auswirkungen den Verlust des chinesischen Marktes für ihre Agrar- und Energieerzeugnisse (die 70% der chinesischen Einfuhren aus den USA ausmachen). Inflation ist unvermeidlich. Es wird zu Engpässen bei bestimmten Gütern für Verbraucher, Unternehmen und viele US-Hersteller kommen, die für ihre Produktion auf importierte Teile, Komponenten und wichtige Mineralien aus China angewiesen sind (z. B. Werkzeugmaschinen, seltene Erden, Batterien und pharmazeutische Wirkstoffe).

Man darf nicht vergessen, dass China an der Spitze der globalen Lieferkette steht, während die USA am unteren Ende zu finden sind. Jegliche Unterbrechung der Versorgungskette wird sich also kaskadenartig nach unten auswirken und den Schaden für die US-Wirtschaft verstärken.

Angesichts der führenden Position Chinas in vielen Hightech-Lieferketten werden diese Auswirkungen wahrscheinlich zu langfristigen Problemen führen. Die US-Unternehmen werden mehr in CAPEX investieren müssen, um die heimischen Lieferketten, Fabriken, qualifizierte Arbeitskräfte usw. zu stärken, was Hunderte von Milliarden Dollar kosten wird.

Leider werden diese neuen amerikanischen Industrien auf den internationalen Märkten einem harten Wettbewerb ausgesetzt sein und wahrscheinlich noch lange Zeit nicht rentabel sein. Außerdem gibt es nicht viele Führungskräfte von Unternehmen, die das für die Reindustrialisierung erforderliche Kapital investieren wollen, ohne dass die Regierung ihnen ausdrücklich zusichert, dass ihre Investitionen geschützt werden.

Hua Bins Meinung nach wird der Übergang (zurück zu einem „Produktionsland“) für die USA äußerst schmerzhaft und vielleicht sogar unmöglich sein. Wohl auch deshalb verfolgt China eine harte Linie und hat deutlich gemacht, dass es bis zum Ende kämpfen wird, wenn die USA darauf bestehen, einen unfairen Handel durchzusetzen.

Hua Bin: Kurz gesagt – Trump hat gegenüber China keine (guten) Karten.

Es besteht kein Zweifel daran, so Hua Bin weiter, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit für beide Seiten von Vorteil ist, und offen gesagt könnten die USA Chinas Hilfe bei der Reindustrialisierung gebrauchen, wenn dies das eigentliche Ziel der Zollpolitik ist. Die beiden Volkswirtschaften ergänzen sich in vielerlei Hinsicht.

Angesichts des derzeitigen politischen Konsenses in den USA, China als das neue Feindbild zu betrachten, ist ein Kompromiss höchst unwahrscheinlich. Und selbst wenn eine Einigung zustande kommt, glaubt Hua Bin nicht, dass beide Seiten genug Vertrauen haben, um eine Vereinbarung lange aufrechtzuerhalten.

Eine wirtschaftliche und handelspolitische Scheidung ist also sehr wahrscheinlich, wenn nicht sofort, dann in den nächsten drei bis fünf Jahren. Die Welt wird sich hinsichtlich China wahrscheinlich in zwei Lager spalten, wobei die meisten Länder versuchen werden, ein Gleichgewicht zwischen China und den USA zu finden.

China ist die dynamischere der beiden Volkswirtschaften und wird langfristig aus dem derzeitigen Handelskrieg als Sieger hervorgehen, so Hua Bin. Für die USA wird sehr viel schwieriger, sich durchzuschlagen, während sie versuchen, mit einbrechenden Märkten, einer stetig schwächer werdenden Währung und einem Meer von roter Tinte [Staatsverschuldung] fertig zu werden. Die schlimmste Option für die USA wäre natürlich eine direkte militärische Konfrontation mit China. Die USA würden einen Krieg mit China zweifellos verlieren, was den Niedergang Amerikas erheblich beschleunigen würde. In diesem Fall wäre die internationale Nachkriegsordnung am Ende. So weit Hua Bin.

Ergänzung
Die technologische Leistungsfähigkeit der VR China zeigt sich u.a. darin: China betreibt den ersten esperimentellen Thorium-Salzschmelzen-Reaktor weltweit. Anfang April gelang es, dem Reaktor im Betrieb neuen Brennstoff zuzuführen. Thorium ist eine viel sicherere und häufiger vorkommende Alternative zu Uran. Es ist weithin verfügbar, billiger zu gewinnen, es hat eine höhere Energiedichte und erzeugt weitaus weniger langlebige nukleare Abfälle. Es ist weitaus sicherer als Uran, da es selbst nicht spaltbar ist und somit nicht als Waffe eingesetzt werden kann. Thorium gilt neben der Kernfusion als heiliger Gral für eine Energiewende. Siehe hier: „What Is Really Going to Change the World – China’s Nuclear Energy Breakthrough“!

Nachtrag
(29.4.25) Für China ist es wichtig, die Sozialsysteme (Renten, Gesundheitssystem) zu verbessern. Das würde mittelfristig einen Anreiz schaffen, die hohe Sparquote zu senken. Das käme der Stärkung des internen Konsums zugute.

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