Die US-Zollpolitik hat die Finanzmärkte weiter im Griff. Die großen US-Indices geben einen Teil der Gewinne der Vorwoche wieder ab. Der DAX gewinnt deutlich. Fed-Chef Powell sieht die Fed im Dilemma ihrer beiden Mandate – ein Hinweis auf ein mögliches Stagflations-Szenario. Die Renditen gehen etwas nach, Gold mit weiterem Rekord.
Der S&P 500 verliert auf Wochensicht 1,5%, NDX und Nasdaq Composite kommen auf –2,3%, bzw. –2,6%. Der Dow mit –2,7%. Der DAX gewinnt 4,1%. Die Ölpreise der Sorten Brent und WTI fest mit +4,5%, bzw. +3,6%. Der CRB-Rohstoffindex legt 2,2% zu, Kupfer zuletzt volaril seitwärts. Gold (in Dollar) gewinnt auf Wochensicht 2,8%, Silber +1,1%.
Die Rendite der 10yr-TNotes verliert mit -3,6% nicht ganz ein Drittel des Gewinns der Vorwoche. Die Rendite der 2yr-TNotes im Wochenvergleich leichter mit –3,2%, die Rendite der 13wk-TBills knapp behauptet mit –0,2%. Euro/Dollar gut behauptet, der Dollar-Index erneut leichter mit –0,4%. Dollar/Yen gibt auf Wochensicht 0,7%, Euro/Yen ebenso.
Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der BKX-Index regionaler Banken (Fortführung des KBW) legt auf Wochensicht weitere 1,9% zu. Gegenüber dem Allzeithoch aus Mitte Januar 2022 (147,56) steht er 25,0% tiefer. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index (DJT), gut behauptet mit +0,2% und steht nun 24,3% unter seinem Allzeithoch von Ende November 2024 (17754,38). Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, verliert 4,0%. Er notiert nun 35,1% unter seinem Allzeithoch vom 10. Juli 2024 (5904,54).
Der Rendite-Spread am langen Ende nimmt im Wochenvergleich im positiven Bereich deutlich zu. Der Spread über das gesamte Spektrum gibt etwas ab. Der Spread zwischen der Rendite der 2yr-TNotes und der eff FFR baut sein Minus wieder aus. Die Erwartungen hinsichtlich einer Leitzins-Senkung scheinen auf mittlere Sicht weiterhin zwei Zinsschnitte zu sehen. Die Zinsstruktur flacht sich insgesamt etwas ab, sie bleibt auch am kurzen Ende positiv.
Die US-Einzelhandelsumsätze sind im März überraschend stark angestiegen. Das wird auch auf Front-Running bei PKW-Käufen zurückgeführt, um drohenden Preissteigerungen durch Zölle zuvorzukommen. Allerdings sind auch die Umsätze in Restaurants und Bars deutlich angewachsen. Dabei handelt sich mit einem Anteil von 13% um die drittgrößte Kategorie des Einzelhandels nach Auto- und Teilehandel und Einzelhandel ohne Ladengeschäfte (hauptsächlich E-Commerce). Das meiste davon sind diskretionäre Ausgaben, also Geld, das die Verbraucher ausgeben wollen, aber nicht müssen. Und es hat auch nichts mit Zöllen und den Bemühungen zu tun, ihnen zuvorzukommen. Aber es kann etwas aussagen über die Inflationserwartungen. Wenn man eine deutlich steigende Inflation erwartet, kann es sinnvoll sein, sein Geld heute „auf den Kopf zu hauen“, weil man morgen weniger dafür bekommt. Hohe Inflationserwartungen – das ist der Punkt, der sich in der jüngsten Befragung zum Verbrauchersentiment gezeigt hat (Chartquelle).
Globale Aktien erholten sich am Montag, als die USA Smartphones, Computer, Halbleiter, Solarzellen, Flachbildschirme, Flash-Laufwerke sowie Speicherkarten und Solid-State-Laufwerke über das zurückliegende Wochenende von den bilateralen Zöllen mit China ausgenommen haben. Ansonsten bleibt die 145%-ige Abgabe auf chinesische Importe bestehen. Trump betonte, dass der Aufschub nur vorübergehend sei. Zudem sind weitere sektorale Zölle auf Elektronik und Halbleiter geplant.
Am Folgetag schlossen die Aktien der Autohersteller höher, nachdem Trump erklärt hatte, er wolle mit einer zeitweiligen Pause bei den 25%-igen Autozöllen einigen Autoherstellern helfen. Die Autohersteller „brauchen ein wenig Zeit“, um ihre Produktion in die USA zu verlagern, sagte Trump. Ist ja klar!
In der Nacht zu Mittwoch meldete Nvidia Belastungen in Höhe von 5,5 Mrd. Dollar, die im Zusammenhang mit einem Embargo für Hochleistungschips des Unternehmens China betreffend stehen. Ungefähr 20% des Geschäfts von NVDA kommt aus China, daher ist dies kein geringes Problem. Aktien tauchten auf breiter Front ab.
US-Staatsanleihen erholten sich die gesamte Woche über, Treasuries wurden zurückgekauft. Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen fiel auf 4,38% und verzeichnete damit den ersten Rückgang seit dem 4. April. „Dies beginnt, attraktive Möglichkeiten für langfristige Investoren zu schaffen“, sagte Mohit Mittal, Chief Investment Officer of Core Strategies bei Pimco. Hm…
Beobachter wie etwa Yardeni vermuten, dass Aktien am 8. April einen Boden gebildet haben.
Trump wartet nach eigener Aussage immer noch auf einen Anruf aus China zum „Deal-Making“… Dies ist jetzt der zweite Rückzieher von Trump: Zuerst hat er seine reziproken Zölle außer gegenüber China für 90 Tage ausgesetzt. Dann hat er die Zölle auf China erhöht. Nachdem China zurückgeschossen hat, beschloss Trump, dass Elektronik aus China nun zunächst ausgenommen wird.
Der Handelskrieg zwischen den USA und China erhöht das Risiko, dass China in Taiwan einmarschiert. Der Versand von sieben Seltenen Erden, die in der vergangenen Woche von Peking auf eine Exportkontrollliste gesetzt wurden, ist zum Stillstand gekommen. Peking sieht den Export dieser Seltenen Erden und von verwandten Materialien, die in der Verteidigungs-, Energie- und Automobilindustrie verwendet werden, als Teil seiner Vergeltungsmaßnahmen gegen die Zollerhöhungen von Trump auf chinesische Waren.
Wird China mit einer Invasion Taiwans eine militärische Konfrontation mit den USA riskieren? Präsident Xi könnte glauben, dass die USA Taiwan militärisch nicht verteidigen werden, da Trump dies während seines Wahlkampfs erklärt hat. Auf die Frage im Wahlkampf, ob er militärische Gewalt gegen eine Blockade Taiwans einsetzen würde, hatte Trump geantwortet: „Ich würde sagen: Wenn ihr nach Taiwan geht, tut es mir leid, das zu tun, ich werde euch besteuern (…) mit 150% bis 200%.“ Er könnte den Handel zwischen den USA und China sogar ganz einstellen, fügte er an.
Die chinesische Wirtschaft ist anfälliger für einen Handelskrieg zwischen den beiden Supermächten als die US-Wirtschaft. Präsident Xi könnte zu dem Schluss kommen, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, um in Taiwan einzumarschieren, da Trump seine Zoll-Karte bereits ausgespielt hat und Xi eine Ablenkung von der Katastrophe braucht, die seiner Wirtschaft bevorsteht.
Die folgende Graphik zeigt den Verlauf des Anteils der Exporte Chinas in die USA. Er ist in 20 Jahren von einer Spitze bei 22% aus deutlich gesunken und mit 14% auf einem Tief gelandet. Ich komme auf das Thema weiter unten noch einmal zurück.
China hat seine Fluggesellschaften angewiesen, keine weiteren Lieferungen von Boeing-Jets anzunehmen.
Chinas BIP wuchs im ersten Quartal 2025 um 5,4% und übertraf damit die Prognosen von 5,16%. Das Wachstum hält China trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den USA auf Kurs, sein Jahresziel zu erreichen. „Die Umsetzung der Konjunkturmaßnahmen ist immer noch ziemlich dringend“, sagte Michelle Lam, Volkswirtin für den Großraum China bei der Societe Generale. „Die Dinge können sich ziemlich schnell verschlechtern, wenn einige hochfrequente Daten die Auswirkungen von Zöllen auf Lieferungen in die USA zeigen.“ Will heißen, die Auswirkungen der Zölle sind noch nicht „eingepreist“.
Alle ringen mit der Antwort auf Fragen rund um die Zollpolitik, die Unsicherheit belastet die Wirtschaft und die US-Aktienkurse. Am Montag hat eine Gruppe von fünf kleinen Unternehmen Präsident Trump verklagt, um die neuen Zölle zu verhindern, die er in den letzten Wochen auf ausländische Importe erhoben hat. In der Klage wird behauptet, dass Trump die Befugnis des Kongresses, Zölle zu erheben, unrechtmäßig an sich gerissen hat, indem er erklärte, dass Handelsdefizite mit anderen Ländern einen Notfall darstellen. Dies hatte kürzlich schon der Richter und Verfassungsrechtler Napolitano gesagt, ich hatte berichtet.
NVIDIA berichtet, die Produktion von Blackwell Chips in Arizona beginnt. Ein Erfolg der Zollpolitik von Trump? Nicht so ganz. Biden unterzeichnete den Chips & Science Act im Jahr 2022. Während der Inflation Reduction Act (IRA) weniger als sinnvoll war, geht der Verdienst für den Chips & Science Act, der TSMC nach Arizona brachte, an Biden.
Nebenbei gesagt: Das war eines von zwei Dingen, die Biden richtig gemacht hat. Das andere war der Abzug aus Afghanistan. Biden hat das zwar verpfuscht, aber wenigstens hat er es geschafft. Trump hatte das in seiner ersten Amtszeit versprochen und versagt. Man beachte, dass Trump Biden kritisiert hat, dass der dafür bezahlt hat, TSMC in den USA anzusiedeln. Aber ohne diese Maßnahme hätte es den Produktionsbeginn von Blackwell-Chips in den USA jetzt nicht gegeben (den sich Trump vermutlich früher oder später auf seine Fahnen schreibt).
Jamie Dimon, CEO von JPMorgan Chase, hat davor gewarnt, dass der Handelskrieg von Präsident Donald Trump die Glaubwürdigkeit und wirtschaftliche Vormachtstellung der USA untergraben könnte. In einem Interview mit der Financial Times forderte Dimon die USA auf, sich auf China einzulassen und wies darauf hin, dass die Zölle bereits zu erheblichen Marktschwankungen geführt haben. Dimon sprach Finanzminister Scott Bessent sein Vertrauen aus, die Wirtschaft durch diese Herausforderungen zu steuern.
Fed-Chef Powell sagte bei einer Rede im Economic Club of Chicago am Mittwoch, die Wirtschaft schrumpft, aber die Preise steigen. Die bisher angekündigten Zölle seien „deutlich höher als erwartet“, und fügte hinzu, dass „das Gleiche wahrscheinlich auch für die wirtschaftlichen Auswirkungen gilt, zu denen eine höhere Inflation und ein langsameres Wachstum gehören werden“. Später fügte er hinzu, dass diese wirtschaftlichen Auswirkungen die US-Geldpolitik „in ein schwieriges Szenario bringen könnten, in dem unsere Ziele mit doppeltem Mandat in Spannung stehen“. Das doppelte Mandat der Fed besteht darin, die angestrebte Inflation bei 2% zu halten und gleichzeitig ein „maximales“ Beschäftigungsniveau zu erreichen.
Eine „maximale“ Beschäftigung ist in einer Stagflationsperiode nicht möglich, Investitionen versiegen, das Vertrauen bricht ein, die Unternehmen sehen sich mit höheren Kosten von Materialien bis Löhnen konfrontiert. Die Verbraucher verlieren an Kaufkraft und sind weniger bereit, nicht lebensnotwendige Güter zu überhöhten Preisen zu kaufen, Das wirkt sich auf die Unternehmenseinnahmen und das gesamte BIP aus. Es zwingt Unternehmen, Neueinstellungen zu drosseln oder sogar Entlassungen vorzunehmen.
Die Mitglieder des FOMC scheinen sich einig zu sein, dass eine Stagflation unvermeidlich ist. Uneinigkeit herrscht über die Dauer. Die Akteure an den Finanzmärkten warten auf die FOMC-Sitzung der Fed im Mai. Investitionen hängen vom Vertrauen ab. Zinssenkungen helfen da nicht unbedingt weiter. Wenn Vertrauen erst ins Rutschen kommt, dauert es gewöhnlich eine geraume Zeit, bis es wieder hergestellt ist.
Die Sentiment-Indikatoren, die ich verfolge, tauchen jedenfalls schon länger ab – siehe den grünen Punkt in der oberen Chart-Reihe. Auch die „harten“ Fundamentaldaten sehen im Trend anemisch aus.
In das Thema Vertrauen spielt auch hinein: Fondsmanager ändern ihre Aussichten für US-Aktien so schnell wie nie zuvor. Laut der jüngsten Global Fund Manager Survey der Bank of America plant eine Rekordzahl von Fondsmanagern, ihr Engagement in US-Aktien zu verringern, wobei 82% eine schwächere Weltwirtschaft erwarten. Noch vor zwei Monaten zeigte dieselbe Umfrage, dass die Barbestände der US-Investmentfonds ein 15-Jahres-Tief erreicht hatten, während die Manager überwiegend optimistisch und voll in US-Aktien investiert waren – siehe Chart „Perzentil-Rang der Wachstumserwartungen der Fondsmanager, Barmittelbestand und Aktienquote“.
Das Stimmungsbarometer der Bank of America, das die globalen Wachstumserwartungen, die Aktienallokation und die Bargeldbestände der Fondsmanager berücksichtigt, fiel im April auf 1,8, den niedrigsten Stand seit Oktober 2023 und den fünftniedrigsten Stand in der Geschichte. Ein Signal für attraktive Kaufgelegenheiten? Oder zunächst mal nur eine Bedingung?
Die EZB senkt den Leitzins erneut, sie reagiert auf die „außergewöhnlich hohe Unsicherheit“ durch den Zollstreit mit den USA. Es war bereits die siebte Lockerung seit Mitte 2024. Der Rückgang der Inflation schreite gut voran, teilte die EZB mit. Nach Einschätzung von EZB-Lagarde könnten auch die jüngst deutlichen Kursgewinne des Euros die Inflation dämpfen. Sie warnte vor den Folgen der US-Zollpolitik, der Ausblick für die Wirtschaft werde durch eine „außergewöhnliche Unsicherheit“ belastet, die Abwärtsrisiken für die konjunkturelle Entwicklung seien gestiegen.
Die WTO senkt ihre Prognose für den Welthandel von 2,7% Wachstum in 2025 auf Null. Auch für 2026 wird die Prognose von 2,9% revidiert.
In der kommenden Woche gibt der IWF seine vierteljährliche Einschätzung zur globalen Wirtschaftslage ab.
Gestandene Trader wissen: Solange die Welt auf schlechte Nachrichten mit dem Verkauf von Risikopapieren und dem Kauf von US-Staatsanleihen reagiert -insbesondere von 10-jährigen US-Staatsanleihen- ist das ein Vertrauensbeweis für das US-Finanzsystem, den Dollar und letztlich die US-Wirtschaft. Wenn die tiefsten Taschen der Welt in einem See von „rot“ mit dem Kauf von US-Staatsanleihen als sicherem Hafen reagieren, bleiben Integrität und Vorrangstellung des US-Finanzsystems intakt. In der vorherigen Woche wurde diese Regel zum ersten Mal seit mindestens drei Jahrzehnten gebrochen – auf schlechte Nachrichten wurde mit dem Verkauf von US-Staatsanleihen reagiert.
Trump räumte ein, dass er die bilateralen Zölle (außer hinsichtlich China) wegen der Aufregung auf dem Anleihemarkt verschoben hat. Trumps Zollturbulenzen sind voraussichtlich inflationär, wie auch der starke Anstieg der Inflationserwartungen der Verbraucher zeigt (siehe oben!). Damit wächst sich das Dilemma der Fed aus – siehe die Äußerungen von Fed-Powell weiter vorne! Also haben es Anleiheinvestoren möglicherweise nicht eilig, Anleihen zu kaufen, zumal sie nicht davon überzeugt sind, dass Washington genug tun wird, um das Staatsdefizit zu verringern.
Das alles würde bedeuten, dass die längerfristigen Renditen hoch bleiben – wahrscheinlich bis zu dem Punkt, wo die Fed in Panik gerät angesichts stark schwankender Märkte, sehr großer Spreads und geringer Liquidität bei Staatsanleihen. Das wirkt sich auf alle anderen Kapitalmärkte aus – und von denen zurück.
Lacy Hunt von Hoisington Investment schreibt, fünf zentrale wirtschaftliche Überlegungen der USA werden das Wirtschaftswachstum für den Rest des Jahres bis 2026 hinein drücken:
– Erstens, die rezessiven Auswirkungen von Zöllen, die durch zwingende historische Beweise und Wirtschaftstheorie gestützt werden, werden die inflationären überwiegen und möglicherweise zu einem erheblichen Rückgang des Welthandels und der Kapitalströme führen.
– Zweitens könnte die fortgesetzte Aufrechterhaltung einer restriktiven Geldpolitik schwerwiegende Folgen haben. Eine deutliche Kehrtwende in der Politik der Fed in diesem Jahr ist notwendig für eine wirtschaftliche Belebung im Jahr 2026.
– Drittens, die aktuellen Bundesausgaben plus die verzögerten negativen Multiplikatoreffekte von 2021 bis 2024 werden die Wirtschaftstätigkeit in diesem Jahr verringern. Die Vorteile der voraussichtlichen Steuersenkungen werden sich erst
2026 auswirken.
– Der vierte Punkt ist die Verschuldung des Bundes. Nach einem nie dagewesenen Anstieg wird das bestehende Niveau der Staatsverschuldung die Wirtschaftstätigkeit weiterhin belasten.
– Schließlich stellt die Grenzschließung auch eine sehr deutliche Belastung für das kurzfristige Wirtschaftswachstum dar.
In der angegebenen Quelle diskutiert Hunt die angegebenen Punkte ausführlich und bezieht sich dabei auch auf Erkenntnisse anerkannter Wissenschaftler aus den zurückliegenden drei Jahrhunderten.
Ein langsameres Wirtschaftswachstum bedeutet geringere Steuereinnahmen und höhere Ausgaben für Arbeitslosigkeit und andere Sicherheitsnetze – das Gegenteil von dem, was die Trump-Regierung braucht, wenn sie das Defizit verringern will. Eine tatsächliche Rezession wird das Defizit noch weiter verschlimmern. So weit Hunt.
Die meisten Beobachter sehen durch die Zölle verstärkte inflationäre Tendenzen, Hunt sieht per Saldo deflationäre Auswirkungen. Das ist nicht unbedingt ein Widerspruch, nämlich dann nicht, wenn die Zölle zu einem erheblichen Rückgang des Welthandels und der internationalen Kapitalströme führen, wenn es also zu einer globalen Rezession kommt. Oder anders formuliert, wenn ein stagflationäres Szenario in ein rezessives mündet.
Viel, sehr viel wird von Handels-Verhandlungen zwischen China und den USA abhängen. Diese Verhandlungen scheinen insgeheim stattzufinden.
China dürfte wirtschaftlich in einer schwächeren Situation sein, weil seine Wirtschaft stärker exportorientiert ist als die der USA. Zudem wurden enorme Kapitalmittel im un- oder wenig produktiven Immobiliensektor versenkt. Viele Objekte sind nach wie vor unverkauft, die Immobilienbranche ist insgesamt hoch verschuldet (eigentlich bankrott). Die Chinesen sparen 30 bis 40% ihres Einkommens. Das bietet zwar Potenzial, die Wirtschaft über inländischen Konsum zu stärken, aber Mentalitäten sind nicht so schnell zu ändern. Also muss die Hoffnung für China noch weiterhin darin liegen, dass seine Exporte stark bleiben, d.h. die Verbraucher in den USA und anderswo konsumieren. Hinzu kommen muss, dass Dollar und Euro gegenüber der chinesischen Währung stark bleiben (also auch: China seine US-Treasuries nicht (weiter) verkauft).
Es ist nicht das beste Klima für Verhandlungen. Viele chinesische Staatsführer sind sehr verärgert über Trumps Zollpolitik und seinen Stil, wollen ihr Gesicht wahren, zeigen sich „stur“. Trump wiederum ist offensichtlich bereit, eine Mauer um China zu errichten, wenn in Verhandlungen nicht das herauskommt, was er für fair und gerecht hält.
Die Trump-Administration scheint zu glauben, dass sie die Zollfragen in drei bis sechs Monaten lösen kann. Sie ist aber auch eindeutig bereit, notfalls eine Rezession in Kauf zu nehmen, um das globale Handelssystem neu zu strukturieren. Ist die Ungewissheit erst einmal beseitigt, d.h. gelingt der Plan, wird das die Wirtschaftstätigkeit und das Wachstum wahrscheinlich stark ankurbeln. Wenn man das mit einem Abbau des Regulierungswahns und den Steuerplänen kombiniert, könnte dies das Wachstum des verarbeitenden Gewerbes in den USA erheblich anstacheln. Das dürfte die Wette von Trump & Co sein.
Wall Street-Analysten haben ihre Gewinnschätzungen für 2025 für die S&P 500-Unternehmen in den zurückliegenden 17 Wochen mehrfach gesenkt. Zu Beginn des Jahres ging die Konsensprognose für die Unternehmen im S&P 500 von einem Gewinn pro Aktie (EPS) von 273 Dollar in diesem Jahr aus. Jetzt ist sie auf 267 Dollar gefallen. Aktienkurse folgen langfristig den Gewinnen, bei weiter fallenden Gewinnen ist mit weiteren Belastungen zu rechnen.
Gold ist nach wie vor der größte Nutznießer der jüngsten Unsicherheit. Da die Anleger sowohl aus Aktien als auch aus Anleihen geflohen sind, verzeichneten Goldfonds im bisherigen Jahresverlauf Nettozuflüsse in Höhe von 80 Mrd. Dollar – mehr als das Doppelte des bisherigen Jahresrekords aus dem Jahr 2020. Das Edelmetall wird mittlerweile über 3300 Dollar je Feinunze gehandelt und hat im Jahresverlauf bisher um 27% zugelegt. Gold hat sich im Laufe der Zeit als erstaunlich gute Portfolio-Versicherung erwiesen. Und in den letzten Monaten war es weit mehr als eine Versicherung – es war Treibstoff für das Portfolio.
Der SWAN-Weg der Aktienauswahl: „SWAN“ steht für „sleep well at night“. Er gilt für Brad Thomas als seine grundlegende Anlagephilosophie und als das Fundament für die Anlagestrategien bei Wide Moat Research. Er stellt drei aktuell billige Werte vor: PepsiCo (PEP), Johnson & Johnson (JNJ) Caterpillar (CAT).
Tom McClellan untersucht in seinem aktuellen „Chart In Focus“ den Nasdaq Summation Index: „Der sehr niedrige Wert, den der Summationsindex des Nasdaq in letzter Zeit erreicht hat, ist ein Zeichen dafür, dass es in den A-D-Daten in letzter Zeit eine extreme Abwärtsbeschleunigung gegeben hat. Der extreme Wert besagt, dass die Verkaufswelle wahrscheinlich lange genug angedauert hat, und der Aufschwung im Summationsindex zeigt eine Rückkehr zur Aufwärtsbeschleunigung. Ein solches Signal kann, wie jeder Hinweis auf einen Preistrend, Schwankungen unterworfen sein. Aber im Moment ist es ein guter Hinweis auf einen bedeutenden Preistiefpunkt. Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich um einen dauerhaften Tiefpunkt handeln muss.“
Der S&P 500 hat am zurückliegenden Freitag bei 5282,70 geschlossen. Der Index notiert unter der EMA50 (5616, sinkend) und unter der EMA200 (5656, sinkend) (Chartquelle).
Am Donnerstag, dem letzten Handelstag der Berichtswoche, hat der Index knapp über einem Pegel bei ~5270 (Hoch aus Anfang April 2024) geschlossen, der intraday erreicht wurde. Das „Death Cross“ vom 11. April hat Bestand, es gilt als schlechtes Omen. An der Oberseite ist eine Abwärtslücke offen (zwischen 5497 und 5573 vom 3.April).
Die Marktindikatoren notieren mit 14:43 per Saldo mäßig bärisch.. Die Volumenverteilung im S&P 500 verläuft weiter in Distribution. Weitere Daten hinsichtlich der Volumenverteilung zeigen ein bullisches Bild. Die Marktbreite nach TRIN ist jetzt neutral, die ADL-Linie zeigt weiter einen bärischen Status mit noch bullischer Tendenz. Die Stimmungsindikatoren: Das Verhältnis SPX/VIX hat von bärisch auf neutral umgeschaltet, bleibt nach einem Extrem am 8. April in „Fear“. Das Put/Call-Verhältnis hat mit klar bullischer Tendenz ebenfalls auf neutral gedreht.
Der VIX, Angstmesser an Wall Street, notiert bei 29,65 über seiner EMA50 (25,81, steigend). Zu Wochenbeginn war eine Abbwärtslücke entstanden. Nach Stochastik und MACD ist wohl noch mit ‚weiter abwärts’ zu rechnen. Das lässt für den S&P 500 weiteren Aufwärtsdruck erwarten (‚noch’). Die Auswertung seiner tatsächlichen und seiner impliziten Volatilität zeigt keine „Selbstzufriedenheit“. Die jüngsten Volatilitätsausbrüche gab es hier am 25.2., 11.3. und 4.4. Sie treten immer dann auf, wenn die tatsächliche und die implizite (erwartete) Volatilität des S&P 500 zu weit auseinanderklaffen. Sie sind in der Regel dann für den Verlauf des Index relevant, wenn zuvor Selbstzufriedenheit (Complacency) festzustellen war.
Der Verlauf der Rendite von Ramsch-Anleihen zeigt in der Berichtswoche wieder zunehmende Risikoneigung (der Wert wird mit einem Tag Verzögerung veröffentlicht). Eine untere Umkehr ist aufgetreten. Der TQual-Indikator, gebildet aus RSI, Stochastik und MACD internationaler Aktienindices läuft an der Grenze zum neutralen Bereich kurzfristig aufwärts (bullisch). Eine Trendwende ist noch nicht bestätigt, der Status noch bärisch.
Bis hierhin dürfte davon auszugehen sein, dass die Erholungstendenz vorerst weiter anhält, wenn auch mit höherer Unsicherheit behaftet.
Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis sehen bei Aktien lineare Eigenschaften als dominant an. Bullische Kursmuster laufen schlapp aufwärts, bärische dominierend abwärts. Die Prognose der TimePatternAnalysis für den S&P 500 sieht den Index mit stabilem Zyklusgerüst übergeordnet aufwärts laufen mit revidiertem Ziel 5400 (automatische Trading-Empfehlung „Neutral“). Der zuletzt hier avisierte Bereich von 5550 steht zunächst nicht mehr auf dem Plan. Der fraktale Hintergrund zeigt für Aktien allgemein gegenüber Vorwoche bullischen Tempoverlust.
Zusammengefasster Ausblick auf die nächste Woche: Das Bild trübt sich für die Bullen schnell ein, wenn der Pegel bei ~5270 nicht erfolgreich verteidigt wird. Dann käme 5128 ins Visier, das Tief aus Anfang August 2024, sowie das 50er Retracement des Aufwärtsimpulses aus Ende Oktober/Anfang November 2023. Auf der Oberseite liegt das erste Bullen-Ziel bei der Aufwärtslinie aus Oktober 2022 (~5400, steigend). Knapp darunter liegt das 38er Retracement des Aufwärtsimpulses aus Anfang August 2024 (5371). Schaffen die Bullen das, dann steht 5500 auf dem Programm und dann das Schleßen der Abwärtslücke vom 3. April (zwischen 5497 und 5573), dem Tag nach der Verkündung der neuen Zollpolitik, dem sogenannten Liberation Day.
Weitere Perspektive: Ich würde erwarten, dass den Bullen spästestens mit dem Schließen der Abwärtslücke die Puste ausgeht und sich dann eine Handelsspanne zwischen ~5500 und ~5250 eröffnet. Man mag auf eine positive Meldung über das Wochenende hoffen, das Spiel gibt es ja öfter. Mit einer richtig guten Meldung könnten es vielleicht 5630 werden. Aber unwahrscheinlich, dass das Bestand hat. An der Unterseite ist eminent wichtig, dass ~5270 hält.
Das große Bild: …ist extrem stark angeschlagen, so dass momentan alle bullischen Aktivitäten Gegenbewegungen gegen die bärische Schwerkraft sind. Und die Rahmenbedingungen trüben eher weiter ein. Selbstverständlich kann es (irgendwann) neue Topps geben. Aber auf mittlere Sicht (sechs bis zwölf Monate) ist das nun eher unwahrscheinlich.
Der Titel des Beitrags …bald ist Mai: Der Mai mit dem bekannten Börsenspruch Sell in May and go away. Der hat jedenfalls in den beiden zurückliegenden Jahren nicht funktioniert – im Gegenteil. Ich vermute, dass es in den kommenden Wochen volatiles Hin und Her vorherrschen wird. Neue Tiefs jenseits der 5000 sind im Mai und Juni weniger wahrscheinlich. Kurse um 5200 sind aber nicht aus der Welt. Extrem viel wird vom Bond-Markt abhängen, Renditen (10yr TNotes – TNX) über 4,6% signalieren Stress. In diesem Zusammenhang sei auch auf die drei Sargnägel des früheren Hedgefonds-Managers Stan Druckenmiller verwiesen. Zwei der drei, nämlich steigende Zinsen und steigende Ölpreise, geben Warnsignale ab.
Nicht ganz unwichtig: Am 6. und 7. Mai tagt das FOMC der Fed.
Die Charts der zusammengefassten Marktindikatoren, der Auswertung der Rendite der Ramsch-Anleihen, sowie der fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis, die Übersicht über die automatisch generierten Trading-Tipps und der Prognosechart des Tages werden börsentäglich auf der Startseite aktualisiert. Über das Wochenende ist der Bezahl-Bereich der Web-Seite frei zugänglich.
Nachtrag
Vor uns liegt eine ereignisreiche Woche. Zu den wichtigsten Terminen gehören zahlreiche Veröffentlichungen von Wirtschaftsdaten wie US-Frühindikatoren und UMich-Verbrauchersentiment, Flash-PMIs, sowie das Verbrauchervertrauen für die Eurozone und der ifo-Index. In Washington tagen der IWF und die Weltbank. Zudem nimmt die Saison der Quartalsberichte Fahrt auf.
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