Die CDU stellt aller Voraussicht nach den nächsten Kanzler. Er heißt Merz und hatte von 2016 bis 2020 in zentraler Position bei BlackRock die Aufgabe, die Expansion des größten Vermögens-Verwalters der Welt in Deutschland voranzutreiben. BlackRock hat jüngst seine Anteile an Rüstungsfirmen wie Rheinmetall und Leonardo aufgestockt.
Tucholsky schrieb 1931: „Wenn Wahlen etwas ändern, wären sie schon längst verboten.“ Hannah Arendt sagte in Zusammenhang mit ihrer Analyse des Entstehens des Nazi-Regimes: Demokratische Staaten funktionieren zwar im Sinne des Mehrheitsprinzips, werden aber normalerweise von einer Minderheit dirigiert. Die Wähler haben gewählt, entschieden wurde nichts. Und wenn etwas entschieden worden wäre – siehe Tucholsky.
Die CDU/CSU kann nicht alleine regieren. Als Minimal-Konfiguration führt eine Koalition mit der SPD zu einer regierungsfähigen Mehrheit. Ein Dreier-Bündnis (mit den Grünen) gilt nach den Äußerungen von Merz und Söder als unwahrscheinlich und wäre rechnerisch nicht erforderlich.
Die C-Parteien wollten ein Ergebnis von über 30% erzielen. Sie bleiben mit 28,5% (+4,3% gegenüber 2021) darunter, im historischen Vergleich schwach und kein Anlass zum Feiern. Die SPD hat mit 16,4% (-9,3%) ihr schlechtestes Ergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik erzielt. Die Grünen mit Habeck vorne dran haben mit 11,6% (-3,0%) miserabel abgeschnitten. Wie viel schlechter wäre es erst ausgefallen, wenn Habeck & Co von Quantitätsmedien, insbesondere von den mit Zwangsgebühren finanzierten Sendern ARD und ZDF, nicht so hofiert worden wäre? Die FDP ist mit 4,3% (-7%) nicht mehr im Bundestag vertreten. Ihr sind gut 1,3 Millionen Wähler in Richtung Union und 750.000 in Richtung AfD abhanden gekommen, 190.000 sind zu den Grünen, 100.000 zu den Linken und 80.000 zur SPD abgewandert. Lindner hat seinen wichtigsten Satz, es sei besser nicht zu regieren als falsch zu regieren, erst vier Jahre zu früh und dann ein Jahr zu spät gesagt.
Die AfD lag in Hochrechnungen vor der Wahl zeitweilig nahe bei der Sperr-Minorität von 25% und landete bei einem Wahlergebnis von 20,8% (+10,4%). Die Linke erreichte 8,8% (+3,9%). Das BSW verpasste den Einzug in den Bundestag denkbar knapp mit 4,97%, bekam aber immerhin 350.000 mehr Stimmen als die FDP. Bei insgesamt rund zwei Millionen Stimmen fehlen bis zur 5%-Hürde nur gut 13.000 Stimmen. Wäre das BSW ins Parlament eingezogen, hätte die CDU wahrscheinlich auch noch die Grünen mit ins Koalitions-Boot holen müssen.
Und ja: Habecks Größenwahn, unter ihm als Kanzler werde FDP-Lindner nicht Finanzminister, hat sich erledigt. Er gewann nicht einmal sein Direktmandat in Flensburg-Schleswig. Man kennt ihn dort wohl.
Scholz wird sich vermutlich heute schon nicht mehr an das Ergebnis der SPD erinnern und lieber weiter die vermeintlichen Erfolge der Ampelkoalition feiern. Dazu zählt er insbesondere seine Migrationspolitik, die vor der Wahl in zahlreichen Demonstrationen gegen rechts beworben wurde. Die Haltung der SPD zur ungezügelten Einwanderung dürfte aber die wichtigste Erklärung für ihr miserables Ergebnis sein. Viele SPD-Wähler trieb es zur Union oder auch zur FDP und zur AfD.
Das Wahlergebnis lässt sich zum großen Teil von der Migrationsfrage her erklären. Man kann die Haltung der Wähler diesbezüglich in drei Gruppen einteilen. Da ist die Gruppe, die den Weg in Multikulti sofort beenden will. Die zweite will das Gegenteil, ein weiter so in eine multiethnische Gsellschaft. Die dritte Gruppe steht dazwischen und spricht sich für eine Verlangsamung der Zuwanderung und für stärkere Integrationsanstrengungen aus. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 sind mit der Verdopplung des Wahlergebnisses der AfD rund 5,5 Millionen in die erste Gruppe eingewandert. Die zweite Gruppe ist in etwa gleichgeblieben. Die Grünen haben verloren, die Linke hat das in etwa ausgeglichen. Beide zusammen kommen auf 20,4%, was etwa zehn Millionen Wählern entspricht. Die dritte Gruppe setzt sich zusammen aus Wählern von Union, SPD und FDP. Ihr Anteil kommt zusammen auf jetzt 49,3% nach 61,3% in 2021. Damit haben etwa fünf Millionen Wähler dieser Gruppe das Lager gewechselt.
Die AfD ist die Volkspartei im Gebiet der ehemaligen DDR. Es ist zum Scheitern verurteilt, die Wähler der AfD als Nazis zu verunglimpfen und hinter einer Brandmauer einzusperren. Erst recht, wenn man die auch noch mit Stacheldraht und Selbstschussanlagen versieht, wie es von Merz im Zusammengehen mit der SPD zu erwarten ist.
Wie geht es weiter? Die SPD wird den Sozialstaat, so wie sie ihn versteht, mit Zähnen und Klauen bewahren müssen. Ansonsten hätte sie fertig. Die CDU will aufrüsten, zusammen geht das nur, indem die Schleusen der Verschuldung aufgerissen werden. Bei der Migrationspolitik wird vermutlich ein fauler Kompromiss erzielt. In der Wirtschaftspolitik sehe ich auch nicht viel mehr als einen solchen. Die heilige Kuh der Dekarbonisierung der Energieerzeugung wird nicht geschlachtet. Damit ist vorgezeichnet, dass die Deindustrialisierung weitergeht. Der Einstieg in eine Kriegswirtschaft wird dies zeitweilig überdecken und ein von Rüstungsausgaben produziertes Schein-Wachstum erzeugen.
Welche Direktiven werden seitens BlackRock sonst noch ausgegeben werden? Durchaus möglich, dass der Ex-Arbeitgeber von Merz weiter auf die Vorgaben der Trump-Administration einschwenkt. Dann könnte damit gerechnet werden, dass die übelsten gesetzgeberischen Hinterlassenschaften der Ampel zumindest entschärft werden, z.B. das GEG.
Was demokratische Rechte angeht, so war der Kommentar von Merz zur Rede von JD Vance bezeichnend. Sie sei fast schon übergriffig, sagte er und bekräftigte: „… Fake News, Hassrede und Straftaten unterliegen rechtlichen Beschränkungen und unabhängigen Gerichten.“ In der Verfassung und in einem Urteil des Bundesverfassungsgericht vom November 2011 steht etwas anderes. Meinungen sind demnach durch das Grundgesetz geschützt, dabei kommt es nicht darauf an, ob sie als wahr oder unwahr, begründet oder grundlos, emotional oder rational, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden. Auch in dieser Hinsicht haben wir nichts Gutes zu erwarten.
Bezeichnend auch, der erste Beitrag der CDU heute am Morgen nach der Wahl: „Die Ukraine muss den Krieg gewinnen." Tod und Leid sollen in der Ukraine anscheinend aufrechterhalten werden, bis Russland besiegt ist. Und die deutschen Bürger dürfen die Kriegstreiberei bezahlen. Dankeschön all jenen, die der CDU zum Wahlsieg verholfen haben! Der CDU ist die Ukraine offensichtlich wichtiger als ein Dank an ihre Wähler.
Alles in allem wird es unter Merz keinen Aufbruch in eine wirtschaftlich solidere Zukunft Deutschlands und insgesamt bessere Zeiten geben. Die bürgerlichen Freiheiten werden weiter unter Beschuss stehen. Eine Kriegswirtschaft ist inflationär und sorgt für eine Umverteilung von unten nach oben. Und mit der Aufrüstung steigt die Kriegsgefahr.
Kein schöner Land in dieser Zeit!
Ergänzung
– Stellvertretend für viele andere phrasenhafte Wunschträume nach der Wahl heißt es in einer Pressemitteilung der Deutschen Tiefkühlwirtschaft: „In einer ‚Koalition der Verantwortung‘, aus der demokratischen Mitte des Parlamentes heraus, muss die neue Bundesregierung schnell und entschlossen eine Wende in der Wirtschaftspolitik einleiten, die die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie stärkt und Arbeitsplätze und Wohlstand sichert. Deutschland braucht eine Aufbruchstimmung und muss wieder zur ‚Wachstumslokomotive‘ in Europa werden! Damit schaffen wir auch die Grundlage für die Bewältigung der enormen Herausforderungen in der Sicherheits- und Klimapolitik und den Erhalt der sozialen Stabilität in unserem Land.“
– ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann ist da schon realistischer: „Ich rechne mit einer Koalition, in der sich zwei Parteien gegenseitig ausbremsen.“
– Das BSW überlegt, die Wahl anzufechten, und macht geltend, dass 213.000 ins Wählerverzeichnis eingetragene Auslandsdeutsche in erheblichem Maße an der Wahl gehindert wurden.
– Club der klaren Worte: „Wenn 45 % der 18 bis 24jährigen entweder die AfD oder die Linken wählen, bedeutet das, dass die Erzählung der vermeintlich demokratischen Mitte nicht mehr funktioniert. Die nächsten Bundestagswahlen finden nicht 2029 statt.“
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