Gaza – Waffenstillstand an der Riviera

Ein Waffenstillstand ist normalerweise der erste Schritt auf dem Weg zu einem Friedensabkommen. Im Fall von Gaza ist er aber aller Wahrscheinlichkeit nach lediglich „eine Pause“ beim Exodus der Palästinenser aus ihrer Heimat. US-Präsident Trump hat sowohl Jordanien als auch Ägypten unter Druck gesetzt, die Einwanderung von Palästinensern zu erleichtern.

Der aktuelle Waffenstillstand im Gaza-Streifen soll die öffentliche Meinung in die Irre führen. Der Gazastreifen ist fast vollständig zerstört. Die Gräueltaten und der Verlust an Menschenleben sind unbeschreiblich. Schätzungen, die noch zu bestätigen sind, gehen davon aus, dass bis zu einem Viertel der Bevölkerung des Gazastreifens umgekommen ist.

Der Waffenstillstand dürfte nicht zu einem Friedensabkommen führen. Ganz im Gegenteil. Israel wirft der Hamas bereits vor, den Waffenstillstand verletzt zu haben. Malaysias ehemaliger Premierminister Tun Mahathir Mohamad fragt, wie sollte irgendjemand glauben, dass ein Staat seine Zusagen einhält, der zahllose Resolutionen der Vereinten Nationen verletzt und die Weltmeinung missachtet hat.

Das Waffenstillstands-Abkommen besteht aus drei Phasen. Zunächst ist ein „vollständiger Waffenstillstand“ vorgesehen, der 42 Tage andauern soll. Während dieses Zeitraums wird die Hamas 33 Geiseln, Israel im Gegenzug 1.900 palästinensische Gefangene freilassen. Vertriebene palästinensische Zivilisten sollen in ihre Viertel zurückkehren dürfen, hunderte von Hilfslieferungen dürfen täglich in den Gazastreifen einfahren, die israelischen Streitkräfte werden bewohnte Gebiete verlassen und sich in die Grenzgebiete des Gazastreifens zurückziehen. Die zweite Phase wird 16 Tage nach dem Beginn der ersten Phase eingeleitet. Die Verhandlungen zu Beginn dieser zweiten Phase sollen zu einem dauerhaften Waffenstillstand führen, in dem sich die israelischen Streitkräfte vollständig zurückziehen. Die dritte Phase sieht die Rückkehr aller verbleibenden Leichen der toten Geiseln und den Wiederaufbau des Gazastreifens vor, der voraussichtlich Jahre dauern wird. So steht es auf dem Papier. Und das ist geduldig.

In den Verhandlungen wird die Netanjahu-Regierung nicht wie sonst allgemein üblich von zivilen Kabinettsmitgliedern, sondern von hochrangigen Geheimdienstmitarbeitern vertreten: Die Chefs von Mossad und Shin Bet wurden mit dem Waffenstillstandsmandat betraut.

Palästina, die palästinensische Autonomiebehörde, ist bei den Gesprächen nicht dabei. Es gibt nur einen symbolischen Vertreter der Hamas, Khalil al-Hayya, der Nachfolger von Saleh al-Arouri, der Anfang Januar vergangenen Jahres von Israel ermordet wurde.

Trumps Beauftragter Steve Witkoff bekräftigt sein Engagement für das Erreichen der zweiten Phase des Geiselabkommens für den Gazastreifen angesichts der Befürchtung, dass Israel die Kämpfe nach dem Ende der ersten Phase wieder aufnehmen könnte. Brett McGurk, der bis vor kurzem Bidens Berater für den Nahen Osten war, wird nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Der Premierminister von Katar, Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim Al Thani, ist ebenfalls an der Waffenstillstandsinitiative beteiligt und fungiert als Vermittler.

Ist der Waffenstillstand eine Geheimdienstoperation? Es ist der israelische Geheimdienst, der in Absprache mit der CIA die Fäden in der Hand hält. Das Verhandlungsteam wird von drei Geheimdiensten dominiert, nämlich dem Mossad, dem Shin Bet und dem ägyptischen Generalgeheimdienst (GIA). Der Leiter des Mossad, David Barnea, ist „Israels Top-Unterhändler“.

Steve Witkoff ist ein enger Freund von Donald Trump, er ist Rechtsanwalt und milliardenschwerer Immobilieninvestor. Witkoff wird für das Weiße Haus die Strippen ziehen. Auf US-Seite ist noch John Ratcliffe, der neue CIA-Direktor, zu nennen. Auf gute Zusammenarbeit mit seinen israelischen Kollegen David Barnea und Ronen Bar, sowie Hassan Rashad vom ägyptischem Geheimdienst!

Witkoffs Rolle steht auch im Zusammenhang mit dem Gaza-Wiederaufbauprojekt, bei dem es sich nach Trumps Vorstellungen um ein milliardenschweres Projekt zur Immobilienentwicklung mit Luxushäusern und Hotels handelt. Trump hat es zynisch die Riviera des Nahen Osten genannt.

US-Präsident Trump hat unmissverständlich erklärt, dass die Palästinenser ihre Heimat verlassen sollen – Exodus in die Wüste Sinai in Ägypten und vom Westjordanland nach Jordanien. Der Exodus und die Zerstörung des palästinensischen Nationalstaates sind ein Akt des Völkermords.

Während sich die Berichte der Quantitätsmedien auf die Verhandlungen über die Freilassung von Gefangenen und Geiseln konzentrieren, ist das unausgesprochene Ziel dieser Verhandlungen von israelischen, ägyptischen und US-amerikanischen Geheimdienstmitarbeitern die Umsetzung, Koordinierung und Finanzierung des EXODUS der Palästinenser.

Das ultimative Ziel besteht nicht nur darin, die Palästinenser aus ihrer Heimat zu vertreiben, sondern auch darin, die milliardenschweren Offshore-Erdgasreserven des Gazastreifens zu konfiszieren – siehe hier und hier.

Hat Israel nur vorgetäuscht, von dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 überrascht worden zu sein? Philip Giraldi: „Als ehemaliger Geheimdienstoffizier finde ich es unmöglich zu glauben, dass Israel nicht mehrere Informanten innerhalb des Gazastreifens sowie elektronische Abhörgeräte entlang der gesamten Grenzmauer hatte, die Bewegungen von Gruppen und Fahrzeugen hätten auffangen können.“

Die Hamas wird vom israelischen Geheimdienst als nachrichtendienstliche Einrichtung betrachtet. Netanjahu hat dazu bei einem Treffen der Knessetmitglieder seiner Likud-Partei im März 2019 gesagt: „Wer die Gründung eines palästinensischen Staates vereiteln will, muss die Hamas unterstützen und Geld an die Hamas überweisen.“ Und: „Das ist Teil unserer Strategie – die Palästinenser in Gaza von den Palästinensern im Westjordanland zu isolieren.“ (Haaretz, 9. Oktober 2023)

Laut Zeev Sternell, Historiker an der Hebräischen Universität Jerusalem, „dachte Israel, dass es ein kluger Schachzug sei, die Islamisten gegen die palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) aufzubringen“.

Tötungen unter falscher Flagge sind sowohl nach israelischem als auch nach internationalem Recht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Unabhängig davon sind die Gräueltaten der Hamas genauso zu verurteilen.

Wenn es so ist, dass Israel nur vorgetäuscht hat, vom Überfall der Hamas überrascht worden zu sein, wofür es starke Indizien gibt – dann planen jetzt genau die an der Vorbereitung und Umsetzung dieser „Falschen Flagge“ beteiligten Geheimdienstler den so genannten „Waffenstillstand“. In Medienberichten geht es vor allem um den Austausch von Gefangenen und Geiseln. Die Art der nächsten Phase dieser Geheimdienstoperation, ethnische Säuberung, wird kaum erwähnt.

Ein Wiederaufbau nach einem Krieg erfolgt normalerweise im Namen der und für die Opfer eines Krieges. Im Falle Palästinas aber soll ein ganzer Nationalstaat beseitigt und sein Gebiet vom Staat Israel übernommen werden. Der Wiederaufbau des Gazastreifens erfolgt nicht im Namen der Palästinenser, die beschuldigt werden, einen Krieg gegen Israel geführt zu haben.

Der Wiederaufbau nach dem Krieg ist in Phase 3 des Waffenstillstands festgelegt. Er ist eine milliardenschwere Operation, seine Planung erfordert eine „Pause“.

Die Mittel für den Wiederaufbau nach dem Krieg sind für Israel bestimmt. Sie werden zur Finanzierung eines gigantischen Immobilienprojekts mit luxuriösen Häusern, Hotels und Wohngebäuden verwendet. Ein Teil der Gelder wird nach Ägypten fließen, um die Flüchtlingslager in der Wüste Sinai zu finanzieren.

Die Auslandsschulden Ägyptens gehen in die Milliarden. Seine Gläubiger sind bereit, Mittel zur Finanzierung des Exodus der Palästinenser bereitzustellen, wenn Ägypten mitspielt. Der IWF hat bereits zugesagt, die Finanzierung zu übernehmen. Der IWF bietet also jetzt finanzielle Unterstützung für ethnische Säuberungen? Es sieht jedenfalls so aus. Der IWF will sicherstellen, dass El-Sisi über genügend Geld verfügt, um die Kosten für die Versorgung und Unterbringung von eineinhalb Millionen Flüchtlingen zu decken.

Es geht darum, Palästina als Nationalstaat vor der Landkarte zu tilgen und die Palästinenser von ihrem letzten verbliebenen Stücken Land zu vertreiben. Das ist ein lange gehegter Plan der israelischen Führung. Bereits im Februar soll Ägyptens Präsident Abdel Fattah el-Sisi „Israel dabei helfen, 1,4 Millionen Palästinenser aus Rafah in Zeltstädte in der Wüste Sinai zu verlegen.“

Es gibt keinen „Waffenstillstand“. Der Völkermord, die ethnische Säuberung, soll weitergehen.

Staats- und Regierungschefs anderer Länder, die Völkermord und ethnische Säuberungen unterstützen, machen sich gemäß der Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes „mitschuldig“ (Artikel III (e) Mittäterschaft am Völkermord). Die Konvention wurde als eine der ältesten Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen am 9. Dezember 1948 beschlossen und trat am 12. Januar 1951 in Kraft. Sie schützt grundlegende Menschenrechte, das Recht auf Leben, und bewahrt vor einer Ausrottung aus nationalistischen, rassistischen, religiösen oder ethnischen Gründen.

[Unter Verwendung von Material aus dieser Quelle; anderes ist im Text verlinkt]

Nachtrag
(6.2.25) Simplicius: „Ein unterwürfig wirkender Trump blubbert seine Pläne für den größten Völkermord und die größte ethnische Säuberungskampagne der modernen Geschichte mit der Lässigkeit von jemandem, der ein Frühstückssandwich bestellt.
(9.2.25) Die Fackel: Israel schlägt „Evakuierung“ des Gazastreifens vor, mit westlichen Ländern als wahrscheinliches Ziel. Israels Verteidigungsminister Katz wird mit den Worten zitiert, er begrüße Trumps „mutigen Plan, der es einem großen Teil der Bevölkerung in Gaza ermöglichen könnte, an verschiedene Orte in der Welt zu gehen“. Es geht aber nicht um freiwillige „Auswanderung“, sondern darum, die Bewohner des Gazastreifens allesamt wegzuschaffen. Wohin? Katz erwähnt ausdrücklich potenzielle Zielländer wie Spanien, Irland, Norwegen und andere Länder, die „falsche Anschuldigungen“ in Bezug auf Israels Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen erhoben haben. Und dann werden den 1,7-1,8 Mio. Bewohnern des Gaza-Streifens Palästinenser aus dem Westjordanland, dem Südlibanon und Teilen des ehemaligen Syriens folgen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Bewertung: 4.0/5
Please wait...
blank