Aktien – wenig Bewegung

Viel hat sich nicht getan bei Aktien in der zurückliegenden Woche: Der Dow ist auf Wochensicht praktisch unverändert, der NDX verliert 1,2%, der S&P 500 gibt 0,7% ab, der DAX macht 1,5% an Boden gut. Die Woche blieb arm an kursbewegenden Nachrichten, die Pleite der FTX-Börse hatte keine große Auswirkung – die Größenordnung hält sich in Grenzen, zudem fand sie abseits der Mainstream-Finanzwelt bei digitalen Währungen statt.

„Eigentlich“ hat sich im S&P 500 seit Anfang Mai nicht viel getan. Immer noch, oder schon wieder geht es um die Marke von 4000. Zwischenzeitlich stand der Index schon mal bei 4300, aber auch bei 3500. Der DAX notiert sogar wieder näher an seinem Allzeithoch als an seinem Jahrestief, das erst Ende September erreicht wurde.

Das zentrale Thema bleibt die Inflation. Nach sechs Billionen Dollar an QE und an staatlichen Anreizen nach „Corona“ wollte die Fed im Herbst 2020 keine Prognosen mehr abgeben, sondern sich alleine von der Datenlage leiten lassen. Und sie erklärte steif und fest die ersten Anzeichen von Inflation für vorübergehend, während sie gleichzeitig weiter für monatlich 120 Mrd. Dollar Anleihen kaufte. Dann gab sie zum Jahresende 2021 die Einschätzung „vorübergehend“ auf einmal auf.

Zwar gibt es eine Reihe von disinflationären Faktoren, aber im Großen und Ganzen geht es jetzt darum, dass sich die Inflation im System festsetzt. Das zeigt sich insbesondere an den Lohnentwicklungen. So haben sich etwa die Tarifparteien im güterbezogenen US-Bahntransport im August auf eine Lohnerhöhung von 24% über drei Jahre geeinigt. Diese Mehrkosten müssen getragen werden, das kostet am Ende Kaufkraft. Und das ist nur ein Beispiel. Die Auswirkungen kommen erst 2023 richtig zum Tragen (z.B. auch in den Unternehmensgewinnen).

Die US-Regierung hat die Situation mit ihrer Boom-Bust-Politik heraufbeschworen. Der fiskalische Stimulus war ein großer Teil davon. Aber die Fed hat es erst ermöglicht.

Stanley Duckenmiller, langjähriger Hedge Fonds Manager, glaubt, dass Aktien auf lange Sicht steigen. Das Problem sei nur, dass man ein wenig selbstgefällig geworden ist, was "langfristig" bedeutet. Wenn man 1929 in den Dow einstieg, war man 1954 wieder auf dem gleichen Stand. In den letzten zehn Jahren des Bullenmarktes hat man das Ganze mit weltweit 30 Billionen Dollar QE und Nullzinsen dann auf die Spitze getrieben.

Als der säkulare Bullenmarkt 1982 begann, gab es einen Präsidenten, der glaubte, die Regierung sei das Problem, nicht die Lösung. Der heutige Präsident sieht die Regierung als Lösung, nicht als das Problem. Das lässt erwarten, dass weitere brachiale Markteingriffe zu erwarten sind.

Der anfängliche Aufschwung der Globalisierung in den 1970er, 1980er Jahren steigerte die Effizienz, der Aufbau von Lieferketten auf der ganzen Welt führte zu Disinflation. Das war ein dekadenlanger Trend, der den säkularen Bull-Markt unterstützte. Jetzt geht es in die andere Richtung. Wir sind dabei, das alles zu entflechten. Das wird inflationär sein. Alle diese Faktoren, die die Hausse verursacht haben, hören nicht nur auf, sie kehren sich um.

Duckenmiller wäre daher nicht überrascht, wenn der Dow in zehn Jahren nicht viel höher stehen würde als heute. Das heißt nicht, dass man kein Geld mehr mit Aktien verdienen kann, in den 1970er Jahren gab es u.a. zwei 60%-ige Erholungen, merkt er an.

Die Rendite für Ramsch-Anleihen zeigt sich weiterhin nicht sehr risikofreudig. Zwar ist sie von 5,43% Ende September auf 4,75% zurückgekommen, im Vergleich zur Bewegung des S&P 500 ist die Bewegung bei der Rendite jedoch alles andere als dynamisch. Die beiden Zeitreihen verlaufen gegeneinander. Spiegelt die Rendite die Bewegung beim Aktienindex nicht einigermaßen symmetrisch wider, so ist zumindest Vorsicht angesagt.

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Der Verlauf der bullischen und bärischen Volumenanteile an der NYSE befindet sich seit Anfang November in überdehnter Akkumulation, zudem wird jetzt Tempoverlust sichtbar. Die Auswertung von technischen Indikatoren an einigen großen Aktienbörsen zeigt im stark überkauften Bereich ebenfalls Verlust an Dynamik. Ich würde davon ausgehen, dass es hier demnächst zu einer oberen Umkehr kommt, was gleichbedeutend mit Druck auf den Aktienkursen ist.

Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis zeigen die bullischen Anteile am oberen Anschlag, bärische legen auf sehr niedrigem Niveau zuletzt leicht zu. Hinsichtlich Überkauftheit ist die aktuelle Situation gut vergleichbar mit der von Mitte August.

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Das alles lässt erwarten, dass die bullische Bewegung der Zeit seit Ende September nun zunächst ausläuft. Mag ja sein, dass der nahende Black Friday Erwartungen schürt, die Aktien noch hoch halten, oder woran sich die Bullen auch immer klammern. Gerade der Black Friday könnte auch negative Überraschungen bereit halten, weil die Verbraucher wegen der Inflation vielleicht eher zögerlich in die Weihnachtssaison starten.

Mit Blick auf den Chart des S&P 500 sieht es so aus, als ob sich der Index bei 4000 den Kopf stößt. Knapp darüber verläuft aktuell die EMA200 (4020, waagerecht). Wenig wahrscheinlich, dass diese Hürde jetzt nachhaltig genommen wird.

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Und so kommt die Unterseite in das Blickfeld. Hier fallen bei 3800 mehrere Retracements zusammen. Oberhalb liegt die EMA50 (3850), sie dürfte zunächst umkämpft werden. Hält die Zone bei 3800 nicht, kommt 3750 ins Visier mit dem 50er Retracement des Aufwärtsimpulses aus Ende September.

Unter Intermarket-Gesichtspunkten sollte man einen Blick auf Euro/Dollar werfen. In den zurückliegenden Tagen gab es eine Reihe von Kurslücken und unsymmetrischen Dochten. Das sind aus meiner Sicht Zeichen von nicht-normalen Marktaktivitäten. Eine deutliche Kursbewegung wahrscheinlich nach unten ist zu erwarten. Das wäre im aktuellen Kontext eine eher bärische Botschaft für Aktien.

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Ähnlich auffällige Bewegungen finden sich auch bei Dollar/Yen, weniger ausgeprägt bei Euro/Yen. Geht es hier um das Thema "Carry-Trade-Kredite"?

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