Was hat Fiat-Geld mit Corona und Klima gemein?

Was haben das unbegrenzte Gelddrucken und das Corona-, sowie das Klima-Regime gemeinsam? Das fragt Prof. Michael Esfeld in einem Artikel, der zuerst auf der Web-Seite des Brownstone Institute und in überarbeiteter Übersetzung beim Ludwig von Mises Institut Deutschland erschienen ist. Ich stelle nachfolgend seine Überlegungen dar.

Esfeld schreibt, offensichtlich ist Ersteres die Voraussetzung für Letztere. Ohne Geld aus dem Nichts zu schaffen, könnte es weder die Corona-Lockdowns noch die Wende hin zu ineffizienten und unzuverlässigen Energiequellen geben, weil dann die Menschen die wirtschaftlichen Folgen dieser Politik direkt (noch direkter…) im Portemonnaie spüren würden.

Nach der schmerzhaften Erfahrung der Religionskriege im 16. und 17. Jahrhundert entwickelten sich in der Aufklärung sowohl die moderne Wissenschaft als auch der moderne Rechtsstaat, so Esfeld. Die moderne Wissenschaft sieht sich ganz der Erkenntnis verschrieben und entzieht sich machtpolitisch motivierten Vorschriften. Der Rechtsstaat setzt im Gegensatz zum Feudalismus keine bestimmte Auffassung von Gemeinwohl durch. Die Menschenrechte sind ausschließlich Abwehr-Rechte gegen ungewollte äußere Eingriffe in die eigene Lebensführung. Eingriffe in die persönlichen Freiheiten müssen auf objektiven, für alle nachvollziehbaren Tatsachen beruhen.

Wissenschaft und Rechtsstaatlichkeit sind die beiden Säulen der Moderne. Die moderne Gesellschaft wird nur durch die Achtung der Menschenrechte aller und die Anerkennung objektiver Tatsachen zusammengehalten, die von Wissenschaft und Alltagsverstand entdeckt werden, so Eisfeld. Beide zusammen versuchen im Wechselspiel, die Ausübung von Macht zu begrenzen.

Die intellektuelle Strömung der Postmoderne lehnt es demgegenüber ab, die Vernunft als Mittel zur Begrenzung von Machtausübung einzusetzen, schreibt Esfeld. Demnach gibt es weder objektive Tatsachen, die mit Vernunft entdeckt werden können, noch universelle Menschenrechte, die jeder Person aufgrund dessen zustehen, dass sie mit Vernunft im Denken und Handeln ausgestattet ist. Ohne objektive, für alle verbindliche Kriterien aber gibt es keine andere Berufungsinstanz als die Macht.

Fiat-Geld läutet die erste, wirtschaftliche Phase dessen ein, was man als „real existierende Postmoderne“ bezeichnen kann; das Corona- und das Klima-Regime läuten dessen zweite, die totalitäre Phase ein, die alle Bereiche des Zusammenlebens betrifft.

Die real existierende Postmoderne in der Wirtschafts- und Finanzpolitik ist die Konstruktion einer Realität in Form der Kaufkraft des Geldes für reale Güter und Dienstleistungen aus dem Nichts, per Fiat. Es gibt keine objektiven Umstände, die diese Realität bestimmen und damit einschränken. Die Geldschöpfung ist ungedeckt und damit potenziell unbegrenzt. Ist eine Währung hingegen an Gold, Silber oder an einen Warenkorb gebunden, wird ihre Kaufkraft durch die ihr zugrunde liegenden begrenzt verfügbaren Sachwerte bestimmt. Politische Entscheidungen können die Grundlagen einer solchen Währung nicht vermehren.

Die Goldbindung des Dollars brach 1971 zusammen, weil der Staat immer mehr Wohlfahrtsansprüche nach innen befriedigen wollte, ohne die realen Voraussetzungen dafür zu schaffen und Machtansprüche etwa im Vietnamkrieg auch mit militärischen Mitteln nach außen durchsetzte. Vor die Wahl gestellt, diese Ansprüche der Realität anzupassen oder die Illusion einer Realität zu schaffen, um diese zu befördern, entschieden sich die USA –und darüber hinaus alle anderen Staaten– für Letzteres.

Der Wohlfahrtsstaat wird durch die Gewährung von Anspruchsrechten auf alle Arten von Leistungen zusammengehalten; diese Anspruchsrechte werden von der Staatsgewalt geschaffen, um deren Einfluss auszuweiten. Ihre Erfüllung wird schließlich von der unbegrenzten Schöpfung von Fiat-Geld abhängig. Solange sich dieses Regime noch auf Brot und Spiele –den Wohlfahrtsstaat und seine mediale Inszenierung– beschränkt, ist der Eingriff in die Privatsphäre der Menschen und ihre Lebensgestaltung begrenzt. In dieser ersten Phase der real existierenden Postmoderne wird kein kollektives Gemeinwohl postuliert, das allen aufgezwungen wird, wie das im Feudalismus der Fall war.

Die woke- und cancel culture markiert den Übergang zur „praktischen Postmoderne“. Sobald diese geistige Strömung zu einer politischen Macht wird, entsteht Tyrannei, wie Esfeld unter Bezugnahme auf den US-Kulturhistoriker Michael Rectenwald schreibt. (Anmerkung: Dies lässt sich m.M. nach verallgemeinern, es gilt für alle geistigen Strömungen.) Die real existierende politische Postmoderne bricht mit dem Rechtsstaat, der die Abwehrrechte gegen ungewollte, äußere Eingriffe in die Freiheit zur selbstbestimmten Lebensführung schützt.

Mit dem Corona- und dem Klima-Regime tritt die real existierende Postmoderne in ihre zweite, totalitäre Phase ein. Sie umfasst nun alle Lebensbereiche, es gibt keine Privatsphäre mehr. Die Corona-Lockdowns regulieren soziale Kontakte auch innerhalb der Kernfamilie. Nicht einmal der eigene Körper unterliegt mehr der Selbstbestimmung: Er steht dem Staat zur Verfügung, wie die Corona-Impfkampagne bis hin zu Impfanweisungen zeigt. (Anmerkung: Totalitarismus bedeutet allgemein die uneingeschränkte Regulierung des Lebens der Menschen durch eine politische Autorität im Namen eines vermeintlichen Gemeinwohls. Direkte physische Gewalt ist dabei ein hinzukommendes Merkmal.)

Das Klima-Regime maßt sich beliebige Eingriffe in die Intimsphäre an. Eine absichtlich herbeigeführte Verknappung von Ressourcen dient dazu, ein Regime umfassender sozialer Kontrolle zu installieren. Wir sollen eine generelle Einschränkung unserer Lebensqualität und unserer Möglichkeiten hinnehmen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Die gegenwärtigen Regierungen insbesondere im "Westen" entlarven sich mit der Konstruktion einer postfaktischen, allen aufgezwungenen Realität als spezifisch postmodern. So gibt es keine Fakten, die belegen, dass der Coronavirus-Ausbruch gefährlicher wäre als frühere Virenausbrüche wie die Hongkong-Grippe 1968-70 oder die Asiatische Grippe 1957-58, die stets allein mit medizinischen Mitteln behandelt wurden. Klimawandel ist eine Tatsache. Aber es gibt keine Fakten, die eine reelle –statt lediglich in Modellen herbeigerechnete– Gefahr eines menschengemachten, lebensbedrohlichen Klimawandels beweisen. Es gibt auch keine Fakten, die die Fähigkeit von Wissenschaft und Politik belegen, dass diese durch Zwangsmaßnahmen und Verstöße gegen die Menschenrechte den Wandel des Weltklimas steuern könnten.

In der Konstruktion einer postfaktischen Realität kehrt sich das Verhältnis von Recht und Staat um: In der Moderne war es Aufgabe des Staates, die Grundrechte zu schützen. In der real existierenden Postmoderne gewährt der Staat Freiheiten als Privileg für Konformität. Dabei wird vom Staat definiert, was konformes Verhalten ist. Mit dem Schüren von Angst und Hysterie werden die Bürger verunsichert und auf Linie gebracht.

Die Wissenschaft übernimmt die Rolle der Religion in vormoderner Zeit, indem sie etwa mit willkürlich eingestellten Modellrechnungen beliebige Katastrophenszenarien an die Wand malt. Die Dominanz von Modellen gegenüber empirischer Evidenz passt perfekt zur postfaktischen Konstruktion von Realität in der Postmoderne, so Esfeld. Die Wissenschaft sieht sich im postmodernen Umfeld nicht länger allein der Erkenntnis verpflichtet, sie liefert die Ergebnisse, die die Staatsführung haben möchte.

Der Staat schafft den Generalverdacht, dass der einzelne Bürger durch seinen eigenen, alltäglichen Lebenswandel andere schädigt. Von dem Generalverdacht, andere zu schädigen, befreit man sich durch den Erwerb eines Sozialpasses, oder eines Impfpasses oder einer anderen Form eines Zertifikats als Dokument für Gehorsam gegenüber dem Regime. Der zertifizierte Mensch ersetzt so den mündigen Bürger, Belohnungen für Konformität treten an die Stelle von Grundrechten. (Anmerkung: Im Corona-Regime wird etwa „per default“ unterstellt, dass der Einzelne krank ist, es sei denn er beweist, dass er dies nicht ist. In vor-postmoderner Zeit hingegen galt umgekehrt jemand grundsätzlich als gesund, es sei denn, es wird eine Krankheit festgestellt.)

Um die Willkür der staatlichen Eingriffe zu verschleiern, wird ein Kult errichtet. Der Glaube an magische Kräfte gegen das böse Virus äußert sich im generellen Tragen von Masken in der Öffentlichkeit und Impfungen der allgemeinen Bevölkerung, obwohl von dem Virus keine spezifisch erhöhte Gefahr für die allgemeine Bevölkerung ausgeht. Aberglaube ist es auch, zu denken, durch ineffiziente, unzuverlässige Energieträger wie Wind und Sonne bei uns die Energie erzeugen zu können, die die Menschen brauchen, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.

(Anmerkung: Hinzu kommt, dass viele der befohlenen Maßnahmen kontraproduktiv im Sinne der Erreichung des vorgeblichen Ziels sind. Das gilt für das Maskentragen, für die Corona-Impfung, wie auch etwa für die umweltbeeinträchtigenden Einflüsse von Windrädern – siehe auch die Ergänzung unten!)

Das alles ist ein abergläubischer Kult als eine Form des gesellschaftlichen Zusammenhalts, der von einer zentralen politischen Instanz kontrolliert und durch den Anspruch vermeintlich wissenschaftlicher Erkenntnisse legitimiert wird.

Im Unterschied des aktuellen postmodernen Totalitarismus zu früheren Totalitarismen gibt es heutzutage das große, singuläre Narrativ eines absolut Guten nicht mehr, also etwa die rassisch reine Gesellschaft im Nationalsozialismus oder die klassenlose Gesellschaft im Kommunismus. Stattdessen gibt es mehrere kleinere Narrative wie Gesundheitsschutz, Klimaschutz usw.. Jede dieser Erzählungen kann zu ebenso umfassender sozialer Kontrolle führen wie eine singuläre Erzählung. Die besondere Gefahr der real existierenden Postmoderne liegt darin: Wenn ein einzelnes Narrativ zusammenbricht (wie derzeit das Corona-Narrativ), dann ist dies nicht das Ende des totalitären Regimes. Man wechselt dann von einer kleineren Erzählung zur nächsten, von Corona über das Klima zu verschiedenen Arten von „sozialer Gerechtigkeit“, wie das etwa dem Gendern zugrundeliegt. Das Regime einer allumfassenden sozialen Kontrolle bleibt dabei bestehen.

Wenn das so stimmt, dann reicht es nicht, das Corona-Narrativ, das Klima-Narrativ et cetera jeweils einzeln zu entlarven, so Esfeld. Man muss die real existierende Postmoderne an ihren Wurzeln packen. Das bedeutet eine Rückbesinnung auf die Grundlagen der Moderne: Rechtsstaatlichkeit besteht in der Durchsetzung negativer Freiheit, nämlich der Nichteinmischung in die Lebensgestaltung der einzelnen Menschen. Und Rechtsstaatlichkeit ist mit der allgemeinen Anerkennung wissenschaftlicher Orientierung eng verknüpft.

Machtkonzentration ist immer ein Übel. Sie führt mit der Zeit unweigerlich zu Missbrauch. Den guten, mit Zwangsgewalt ausgestatteten Staat gibt es nicht, weder den immerwährenden Wohlfahrtsstaat mit seiner Abhängigkeit von Fiat-Geld, noch den auf eine bestimmte Auffassung von Gemeinwohl ausgerichteten Staat.

In seinem berühmten Aufsatz „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“ definiert Immanuel Kant hat 1784 die Aufklärung als den „Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“ bezeichnet. Der öffentliche Gebrauch der Vernunft muss nach Kant jederzeit und unter allen Bedingungen frei sein, um Aufklärung zu ermöglichen.

Es ist daher von größter Bedeutung, gegen die „woke- und cancel culture“ anzugehen. Statt sich in Selbstzensur von Politikern und deren Sprachrohren in den Medien vorschreiben zu lassen, was man sagen darf und was nicht, sollte man Kant beherzigen: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“

Wenn genügend Menschen diesen Mut aufbringen, werden wir wieder den Weg einschlagen, der zum friedlichen Zusammenleben führt, zum technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt und damit zu mehr Lebensqualität und Entwicklungschancen für ein selbstbestimmtes Leben für alle: Das ist der Weg der faktenbasierten Wissenschaft und eines Rechtsstaates, der die Grundrechte jedes Menschen wahrt, scheibt Eisfeld abschließend.

Michael Esfeld ist Professor für Wissenschaftsphilosophie an der Universität Lausanne, Mitglied der Deutschen Nationalakademie Leopoldina und Mitglied im Stiftungsrat des Liberalen Instituts der Schweiz. Esfeld forderte im Dezember 2020 die Rücknahme einer Erklärung der Leopoldina, in der diese einen harten Kurs in der Corona-Politik gefordert hatte.

Mein Resümee:
Die Wende in Richtung wirtschaftlich-ideologisch-politischer Postmoderne bedeutet den Versuch der Rückabwicklung der vor weit mehr als 200 Jahren eingeleiteten Entwicklung hin zum Kapitalismus mit seinem nach Marx im doppelten Sinne freien Lohnarbeiter – frei von Produktionsmitteln und frei, seine Arbeitskraft zu verkaufen. Diese doppelte Freiheit fand seine Entsprechung in den Menschen- und Eigentumsrechten, die der moderne Staat zu wahren hatte. Nun scheitert der Kapitalismus an seinen inneren Widersprüchen und versucht, seine Haut zu retten, indem er Zuflucht nimmt in die Ideologie und Politik der vorkapitalistischen Ära, den Feudalismus. Die Freiheit des Lohnarbeiters/Bürgers wird reduziert auf den Aspekt der Existenzsicherung. Der postmoderne Staat bestimmt, was das Gemeinwohl ist – die Bürger haben zu folgen.
Die Geschichte entwickelt sich in Zyklen – oder?

Ergänzung:
Umwelt-Thema – Es geht meiner Meinung nicht in erster Linie um die Art und Weise, wie Energie erzeugt wird. Es geht um die Einschränkung des Ressourcenverbrauchs einer Konsumwirtschaft, die etwa den Verbrauchern nahelegt, Produkte lange vor Ende ihrer Nutzbarkeit auf den Müll zu werfen und durch neue zu ersetzen. Der eingeschlagene Weg des Aufbaus einer neuen Energie-Infrastruktur macht genau dasselbe: Eine intakte Infrastruktur wird lange vor Ablauf ihrer sinnvollen Nutzbarkeit ersetzt durch eine neue, die noch dazu weder quantitativ, noch qualitativ (Stabilität) in der Lage ist, die Anforderungen einer modernen Industrie-Gesellschaft zu erfüllen. Dadurch wird der Ressourcen-Verbrauch über viele Jahre zusätzlich gesteigert, was u.a. zu steigenden Rohstoffpreisen und damit auch zu steigenden Verbraucherpreisen führt (wie auch zu entsprechender CO2-Belastung – Kontraindikation)

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