Wumms!

Die Bundesregierung will die hohen Gaskosten für Unternehmen und Verbraucher abfedern. Finanziert werden soll das mit einem 200-Milliarden-Euro-Paket über den bestehenden Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds (WSF) und damit außerhalb des Bundeshaushalts. Auf die bislang geplante Gasumlage wird verzichtet, in der Gasversorgung tätige Unternehmen sollen stattdessen direkt unterstützt werden. Die ursprünglich geplante Gasumlage ist vom Tisch, sie sollte morgen inkraft treten.

„Mit den 200 Milliarden Euro haben wir die Möglichkeiten, das alles zu finanzieren", sagte Scholz und nannte das Paket einen „Doppel-Wumms". Damit auch jeder versteht, was gemeint ist. „Wumms“ ist ja auch das Wort, was gerne in Zusammenhang mit (Gas-)Explosionen gebraucht wird.

Und wieder die Unwahrheit: Der Kanzler behauptete erneut, die Preisentwicklung am Energiemarkt sei Folge des Vorgehens Russlands, das „seine Energielieferungen als Waffe" einsetze. Nein, die Sanktionen des Wertewestens haben die Spirale ingang gesetzt. An denen wird stur festgehalten. Der Staat bekämpft mit dem Paket die Ursachen seiner eigenen falschen Energiepolitik nicht, er hält unbeirrt an dieser fest.

Man könnte versucht sein, Erleichterung in der Stimme von Scholz zu hören: Durch die Sabotage der Bord Stream Pipelines wurden vollendete Tatsachen geschaffen. Ein zurück zu Gaslieferungen aus Russland gibt es nicht mehr. Insofern ist jeglicher Forderung aus der Bevölkerung, etwa Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen, die Spitze abgebrochen.

Durch das Maßnahmen-Paket wird das hauptsächliche Problem, der Gasmangel, nicht gelöst. Im Grunde wird es sogar verschärft, wenn der unmittelbare Zwang wegen der wieder vordergründig günstigeren Preise wegfällt, beim Gasverbrauch zu sparen. Wie Scholz sagte, die Maßnahme dient vor allem dazu, die Entlastung „schnell feststellbar" zu machen. Es geht um den Schein, nicht um die Ursachen.

Um die Größe des Pakets ins Verhältnis zu setzen: Es entspricht mehr als der Hälfte des Bundeshaushalts aus 2020 oder 5,6% des deutschen BIP aus 2021. Oder so: Auf jeden Bundesbürger, alt oder jung, entfallen bei 200 Mrd. Euro stolze 2439 Euro.

Mit solchen Preiskontrollen, um nichts anderes handelt es sich, geht die Wirtschaft ein Stück weiter in Richtung Planwirtschaft. Der Mangel besteht fort, nach marktwirtschaftlichen Mechanismen muss damit der Preis steigen. Das tut er nun vordergründig nicht mehr. Im Endeffekt bleibt er hoch, nur dass er zunächst einmal nicht mehr vom Nachfrager, sondern von einem Dritten, nämlich der Regierung, bezahlt wird.

(Die Manipulation der Zinsen durch die Geldflut der Zentralbanken war der wesentliche Schritt in Richtung Planwirtschaft, Zinsen sind in einer hoch verschuldeten Wirtschaft der wichtigste volkswirtschaftliche Preis.)

Die Zeche der hohen Gaspreise müssen die Verbraucher als Steuerzahler trotzdem bezahlen. Das geschieht aber nicht mehr direkt nachvollziehbar, sondern über künftige Steuern und eine zu verzinsende enorme Neuverschuldung. Die staatlichen Geldflüsse an die Gas-Anbieter heizen zudem die Inflation an, wobei der Effekt weniger schnell und deutlich ist als bei direkten Zahlungen an die Verbraucher. Dafür aber ist er vermutlich langlebiger und natürlich sind die Zusammenhänge ebenfalls schwerer nachzuvollziehen. Da die Mittel des Pakets zudem nicht beim Verbraucher, sondern auf der Unternehmensseite landen, verschärft sich die Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen weiter. Genauso verhält es sich mit den Zinszahlungen auf die Kredite, mit denen die Gaspreisbremse finanziert werden woll.

Die Absicht der Regierung ist, das Problem aus dem Blickfeld der Bevölkerung wegzuräumen und sich als Retter darzustellen. Als Retter aus einer Lage, zu der die Regierung entscheidend beigetragen hat.

Denken Sie daran: Der Winter steht vor der Tür. Wenn die Menschen es leid sind, zu frieren oder ein Vermögen für Heizung zu zahlen, könnten sie auf die Straße gehen und von ihren Regierungen Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine verlangen, damit die russischen Gaslieferungen wieder aufgenommen werden. Aber jetzt, da die Nord-Stream-Pipelines schwer beschädigt sind, ist diese Möglichkeit ausgeschlossen, nicht wahr?

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