Skandalöse Willkür der Ampel

Mit Wirkung vom 15. Januar 2022 an wird der Genesenenstatus laut einer Mitteilung des RKI auf seiner Internet-Präsenz von bisher sechs auf drei Monate verkürzt. Zugleich gelten Personen, die sich mit Janssen-Zeug haben impfen lassen, weil sie da mit nur einer Dosis davonkamen, jetzt als ungeimpft. Der Hintergrund ist weitreichend.

Die Schweiz ist den umgekehrten Weg gegangen, sie hat den Genesenen-Status von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert. Beide Maßnahmen, die Verkürzung, wie die Verlängerung des Genesen-Daseins werden mit wissenschaftlichen Erkenntnissen begründet. In der Schweiz scheint die Wissenschaft anders zu gehen als im besten Deutschland, das wir je hatten.

Die Bundesregierung hat diese Entscheidung nicht selbst getroffen, sondern sie bedient sich hierzu eines verordnungsrechtlichen „Verweisungstricks“ auf das Robert Koch-Institut (RKI), wie das Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte (KRiStA) schreibt.

Die alte Version der „Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung – SchAusnahmV)“ regelte bisher direkt die Einzelheiten etwa zum Genesenen-Status. Jetzt legt die geänderte Verordnung fest, dass das RKI selbst „unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft“ Vorgaben macht.

Das KRiStA dazu: „Schon bisher war es rechtlich äußerst zweifelhaft, dass solche Regelungen, die eine extrem weitreichende Auswirkung auf die Grundrechtsausübung haben, nur in einer Verordnung der Regierung, statt in einem Parlamentsgesetz getroffen werden.“ Jetzt delegiert die Bundesregierung solche Regelungen einfach weiter an das RKI (und auch an das PEI). Abgesehen davon, dass die verfassungsrechtliche Legitimation der Bundesregierung für solche Regelungen ohnehin zweifelhaft ist – dieses Vorgehen ist laut KRiStA absolut skandalös. Und das sei eigentlich noch zu schwach formuliert, heißt es.

Verordnungen kann man still und leise ändern. Mit dieser Änderung aber zieht sich die Bundesregierung noch ein Stück weiter aus der Affaire, indem sie die Kompetenzen für wesentliche Auswirkungen der genannten Verordnung einfach delegiert. Sie muss sich nach außen nicht dafür verantworten. Änderungen im „Corona-Regime“ sollen offensichtlich künftig weder im Bundesgesetzblatt noch im Bundesanzeiger erscheinen – es ist ja keine Verordnung geändert worden. Dass das RKI weisungsgebunden ist und somit nur das tun kann, was die Bundesregierung vorgibt, fällt da erst einmal gar nicht auf. Die Regierung verschanzt sich hinter einer Behörde. Und Änderungen sind jederzeit mit sofortiger Wirkung möglich.

Das ist ein absurder Zustand. Die Tragweite der Neu-Regelung ist beachtlich. Es geht dabei um sämtliche infektionsschutzrechtliche Einschränkungen, die daran anknüpfen, dass eine Person geimpft oder genesen ist, nicht nur um eine Regelung zu Quarantäne-Zeiten, sondern um alle Maßnahmen, die dabei auf die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung verweisen.

Die neue Version der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung wendet das gleiche Prinzip der verordnungsrechtlichen Verweisung auch auf Regelungen bezüglich der Impfung an. Das Paul-Ehrlich-Institut beschließt fortan im Benehmen mit dem RKI die Einzelheiten und verkündet diese auf seiner Web-Seite. Und das PEI wurde genauso schnell tätig wie das RKI, es hat jetzt festgelegt, dass der Janssen-„Impfstoff“ als Einmal-Dosis nicht mehr ausreicht, um als geimpft zu gelten.

Das KriSta schreibt: „Hunderttausende, vielleicht sogar mehrere Millionen Maßnahmen werden auf diesen Regelungen beruhen. Sollten sie Gerichte als verfassungswidrig bewerten, werden diese Maßnahmen rechtswidrig sein und die diesbezügliche Behördentätigkeit zum Erliegen kommen.“ Anders als bei formellen Gesetzen, für deren Prüfung allein die Verfassungsgerichte zuständig sind, hätten bei Rechtsverordnungen alle Gerichte eine eigene Verwerfungskompetenz und -pflicht, wenn sie diese für verfassungswidrig halten. Auch greift hier die Remonstrationspflicht, nach dem Beamtinnen und Beamte die auf der Hand liegende Frage der Verfassungsmäßigkeit prüfen müssen.

Die Verordnungsänderung delegiert den Inhalt für die Ausübung von Grundrechten extrem bedeutsamer Vorschriften an untergeordnete Einrichtungen, die ihre Entscheidungen noch dazu lediglich auf Web-Seiten veröffentlichen müssen, die jederzeit undokumentiert geändert werden können. Es sei nicht auszuschließen, so das KRiStA, dass sich auf diese Normen keinerlei Bescheide, Bußgeldbescheide oder Urteile mehr stützen lassen. Denn ein solches Verfahren kollidiere mit dem Grundsatz „keine Strafe ohne geschriebenes Gesetz“ (Art. 103 Abs. 2 GG).

Die Verkürzung des Genesenenstatus ist in jeder Hinsicht dramatisch, zum Beispiel in Bezug auf die Impfpflicht im Gesundheitswesen. Genesene Pflegekräfte konnten den bisherigen Zeitraum ausschöpfen, ohne sich impfen lassen zu müssen. Mit der Halbierung dieses Zeitraums könnten weitere Pflegekräfte, die sich keiner Impfung unterziehen wollen, aus dem Dienst auszuscheiden. Die Pflegekatastrophe wird so weiter verschärft, anstatt das Gesundheitswesen zu entlasten.

Das KRiStA fragt: „Will die Bundesregierung die Wut der durch Impfungen Geschädigten und derjenigen, die ihre wirtschaftliche Existenz verlieren, auf das RKI umlenken, um später, wieder einmal in Deutschland, sagen zu können: Wir haben es nicht gewusst? Die Wissenschaft war es?“

Einerseits zeigt sich in dem diskutierten Vorgehen der Bundesregierung eine besonders krasse Form der Willkür, andererseits fragt man sich, warum man sich auf solch rechtliches Glatteis begibt. Die Frage würde sich erübrigen, wenn die Bundesregierung der Auffassung ist, dass die Judikative bereits ebenso gleichgeschaltet ist wie die Quantitätsmedien. Aber ist das so? Ganz oben, ja, ist wohl so. Aber weiter unten, auf den Ebenen, auf die auf dieser Verordnung beruhende Maßnahmen angefochten werden können? Ich denke, nicht. Vielleicht ist das Vorgehen aber auch ein Hinweis auf zunehmende Kopflosigkeit in dem Bemühen, sich mit heiler Haut aus der Pandemie-Veranstaltung herauszustehlen. Da lässt man dann im Zweifelsfall lieber Veterinäre über die Klinge springen. Wer weiß?
Danke, Ampel!

Ergänzung:
"Wie das Corona-Regime die Bürger vom Rechtsweg abschneidet – und wie das letztlich scheitern dürfte"

Dauer des Genesenen-Status in ausgewählten Ländern (h/t J.G.):

Nachtrag:
(25.1.22) Eine Anfrage der "Zeit" enthüllte, dass im Plenarsaal des Deutschen Bundestages der Genesenenstatus weiterhin sechs Monate gilt. Es ist ein typisches Zeichen des Feudalismus, dass sich die "da oben" ihre eigenen Regeln geben. Sie sind ja kein Pöbel.

(31.1.22) Das Paul-Ehrlich-Institut hat vor wenigen Tagen eine Studie veröffentlicht, nach der die untersuchten Probanden eine mindestens 430-tägige Immunität aufwiesen. Der Zeitraum ist nur deswegen auf 430 Tage begrenzt, weil es keine Teilnehmer mit länger zurückliegenden Infektionen gab. Siehe hier!

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