Neues von Omicron

Forscher aus den USA, Kanada und Indien haben eine gute Analyse zu Omicron erstellt. Demnach weist Omicron (b.1.1.529) 37, und nicht wie bisher angenommen 32 Mutationen auf dem Spike-Protein auf.

26 der 37 Mutationen finden sich bei keiner anderen, Omicron vorausgegangenen „Variant of Concern“ (VoC), also auch weder bei Alpha, noch Beta, Gamma oder bei Delta. Eine der 26 Mutationen ist ein Insert (Einfügung). Diese Einfügung mit der Bezeichnung ins214EPE (Position 214 im Spike-Protein von SARS-CoV-2) ist einzigartig, sie wurde in der Entwicklungsgeschichte des SARS-CoV-2-Virus bisher nicht beobachtet.

Das Insert kommt von HCoV-229E, einem Coronavirus, das jeden Winter unter Menschen verbreitet wird und in der Regel zu einer normalen Erkältung führt. Es gilt unter den menschlichen Coronaviren als eines der harmlosesten, und führt nur dann zu schweren Krankheits-Verläufen, wenn es zusammen mit einem anderen Coronavirus auftritt (insbesondere mit MERS-CoV, SARS-CoV-1 oder SARS-CoV-2).

Infektionen mit den humanen Coronaviren (HCoV) HCoV-OC43, HCoV-229E, HCoV-HKU1 und HCoV-NL63 sind für etwa 5–30% aller akuten respiratorischen Erkrankungen verantwortlich. Sie werden relativ leicht durch Tröpfchen und Aerosole von Mensch zu Mensch, und im Gegensatz etwa zu SARS-CoV-Viren gewöhnlich auch schon in einem frühen Stadium der Erkrankung übertragen.

Diese humanen Coronaviren sind typische Erreger oberer Atemwegserkrankungen („Erkältung“). Infektionen des unteren Respirationstrakts sind in der Regel nur bei Koinfektionen mit anderen respiratorischen Erregern (insbesondere Rhinoviren, Enteroviren, RSV, Parainfluenzaviren) möglich.

Mehr als 80% aller Erwachsenen besitzen Antikörper gegen humane Coronaviren. Vorausgegangene Infektionen hinterlassen jedoch keine lang anhaltende Immunität, Reinfektionen mit dem gleichen Erreger sind bereits nach einem Jahr möglich. Auf zellulärer Ebene entwickelt sich durch mehrmalige Infektion eine Immunantwort offenbar nahezu ausschließlich über CD4-T-Helferzellen. Diese erkennen einen bestimmten Bereich des Spike-Proteins, was auch zu einer gewissen Kreuzimmunität bezüglich SARS-CoV-2 beiträgt. Spezifische CD8-zytotoxische T-Zellen ("Killerzellen") scheinen bezüglich der HCoV-Viren keine bedeutende Rolle zu spielen.

Bei der Gelegenheit gemeinsamer Infektionen von HCoV-229E und SARS-CoV-2, möglicherweise bei geimpften Personen, scheint es zu der beschriebenen Einfügung gekommen zu sein mit dem Ergebnis, dass Omicron als hybride Kreuzung aus HCoV-229E und SARS-CoV-2 anzusehen ist. Wahrscheinlich steht eine derartige Wandlung von SARS-CoV-2 in Zusammenhang mit dem evolutionären Prozess, in dem solche Viren z.B. auch Impfstoffen zu entgehen suchen.

Forscher der Universität von Minnesota postulierten im April 2020, dass mit einer Gesamtdauer des „heißen“ Infektionsgeschehens von 18 bis 24 Monaten, also bis Herbst 2021, bzw. Frühjahr 2022, zu rechnen ist. Nach dem von ihnen favorisierten Szenario sollte es nach einer ersten kleineren Infektionswelle im Herbst/Winter 2020 zu einer größeren kommen, der dann weitere folgen. Mit der Verbreitung der Infektion wird SARS-CoV-2, wie andere Corona-Viren auch, in der menschlichen Gesellschaft nach und nach zu einem endemischen Erreger minderer Gefährlichkeit. Dieser Ausblick wird auch von anderen Wissenschaftlern geteilt (siehe auch hier!).

Die momentan verimpften Stoffe gegen Covid sind sehr speziell an dem Spike-Protein einer frühen Variante von SARS-CoV-2 ausgerichtet. Daher wird vermutet, dass ihre Wirksamkeit bezüglich Omicron wegen der zahlreichen Mutationen hier gering ist.

Menschen mit einem funktionierenden, „trainierten“ Immunsystem dürften vermutlich von Omicron eher weniger tangiert werden. Da die Symptome einer normalen Erkältung ähneln, dürfte wohl auch die Dunkelziffer der Verbreitung höher sein als etwa bei der Delta-Variante, weil weniger Infizierte sich zu einem Test veranlasst sehen.

Eine Studie an der LKS-Fakultät für Medizin der Universität Hongkong (h/t tkp.at) liefert erste Angaben darüber, wie Omicron die menschlichen Atemwege infiziert. Die Bronchien werden bis zu 70 mal schneller infiziert, Omicron vermehrt sich dort auch stärker als die Delta-Variante und das ursprüngliche SARS-CoV-2-Virus. Eine Infektion tieferer Lungen-Bereiche scheint selten zu sein.

Omicron hat also im Vergleich zu anderen Varianten eine höhere Übertragbarkeit, führt aber offenbar zu vergleichsweise harmloseren Krankheitsverläufen, auch weil es v.a. die oberen Atemwege betrifft. Beides dürfte ein „Erbe“ des Erkältungsvirus HCoV-229E sein. Südafrikanische Ärzte halten eine Infektion mit Omicron für einen wirksameren Weg zur Herdenimmunität als Impfungen.

[Unter Verwendung von Material aus NIH, Heilpraxisnet, Uni Regensburg, Sciencefiles und Trillium]

Siehe auch:

Nachbemerkung: Das Titelbild dieses Artikels ist bewusst provokativ gewählt, das musste einfach sein gegen diese erneute unsägliche Panikmache aus Berlins Beratergremien. Omicron ist keine Garantie gegen schwere Krankheitsverläufe, aber nach allem, was bis jetzt bekannt ist, ist deren Wahrscheinlichkeit deutlich reduziert.

Nachtrag:
(22.12.21) Die WHO sagt, die Ausbreitung von Omicon verdoppele sich alle 1,5 bis drei Tage. Nichts besonderes – das war bei Delta anfangs auch so.

(23.12.21) Unbedingt lesenswert (nicht nur zu Omicron): COVID-19-Maßnahmen: Eine Widerlegung in 7 Akten

(23.12.21) Eine vorgestern veröffentlichte Preprint-Studie aus Südafrika zeigt, dass das Risiko, mit Omicron ins Krankenhaus eingeliefert zu werden, ein Fünftel des Risikos bei Delta beträgt.

(24.12.21) Eine Preprint-Studie aus Dänemark hat die Impfeffektivität in Bezug auf Omicron untersucht. Diese ist durchgängig geringer als bei der Delta-Variante und nähert sich ab dem 60. Tag der Nulllinie an. Ab dem 90. Tag ist sie stramm negativ.

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