Scheitelpunkt erreicht?

Zusammen mit der zuletzt wieder sinkenden „Inzidenz“ verliert auch der Anteil der Impfdurchbrüche an Aufwärtsdynamik. Das zeigt der jüngste Situationsbericht des RKI.

Im symptomatischen Szenario ist jetzt über alle Altersklassen hinweg eine Steigerung 77,1% (Vorwoche 77,5%) gegenüber dem Bericht vom 7.10.21 festzustellen. Im Hospitalisierungs-Szenario beträgt der Zuwachs 77,6% (84,1%), im Intensiv-Szenario liegt er bei 102,2% (96,5%). Das würde man aufgrund der zeitlichen Staffelung bei einem Rückgang des Geschehens auch so erwarten. Der Anteil der Todesfälle bei den Impfdurchbrüchen weist eine Steigerung von 42,7% (48,4%) auf.

Das RKI weist auf den Zusammenhang zwischen Impfquote und Impfdurchbrüchen hin. Das ist zwar stichhaltig, erklärt aber nur einen kleinen Teil der Zunahme des Anteils des Impfversagens. Der Anstieg der Impfquote war zuletzt in der Altersgruppe „12-17“ besonders hoch. Zwischen dem 18.11.21 und dem 16.12.21 betrug der Zuwachs 12,4%. Gleichzeitig stieg der Anteil der Durchbrüche im symptomatischen Szenario in dieser Altersgruppe um 62,5%, im Hospitalisierungs-Szenario waren es 127,1%.

Faktenchecker haben eine unfreiwillige Bestätigung für die, sagen wir mal, mangelhafte Qualität der Zahlen über Covid-Kranke im Krankenhaus und auf der Intensivstation geliefert. So heißt es: „Es ist regulär vorgesehen, dass sie (Krankenhäuser) für jeden positiv getesteten Patienten zusätzliches Geld erhalten, weil diese ihnen mehr Aufwand verursachen – egal weswegen sie hauptsächlich behandelt werden.“ Grundsätzlich werden alle positiv getesteten Patienten auf der Intensivstation in das Divi-Intensivregister einbezogen, also auch Menschen gezählt, die nicht primär wegen einer Covid-19-Erkrankung dort gelandet sind. Sie müssen noch nicht einmal Symptome aufweisen (siehe. z.B. hier!). Es sei zwar möglich, dass die Krankenhäuser auch Patienten als „hospitalisiert“ melden, die wegen einer anderen Beschwerde aufgenommen wurden. Einen finanziellen Anreiz gebe dafür aber nicht, sie bekommen die zusätzlichen Gelder auch ohne falsche Angaben.

Wie das folgende Bild zeigt, geht die Hospitalisierung zurück, die Belegung der Intensivstationen mit Covid-Patienten scheint „auszutoppen“. Aktuell sind 25% von insgesamt 19.505 mit Covid-„Fällen“ belegt, 2.510 Plätze sind noch frei. Anfang August 2020 waren 19824 Plätze belegt (Covid-Anteil 0%), es gab 10.317 freie Plätze. Seitdem verschwanden 8.126 Plätze. Die Notfallreserve verringerte sich im gleichen Zeitraum um weitere 3.941. Würde man annehmen, die Zahl der insgesamt verfügbaren Plätze wäre seit August 20 mit 30.141 konstant geblieben, dann wäre der Covid-Anteil an den insgesamt verfügbaren Plätzen 16% und nicht wie aktuell 22% (bezogen auf die verringerte Gesamtzahl der Plätze). So viel zur Überlastung…

Die Zahl der neuen Todesfälle („an“ oder „mit“) pro neue „Fälle“ (positiver PCR-Test) nimmt weiter ab, wie das folgende Bild zeigt. Die zunehmende Diskrepanz zwischen den beiden Zeitreihen ist beachtlich. Beachten Sie bitte die unterschiedlichen Skalierungsfaktoren im oberen Teil, um die Zeitreihen in ein Diagramm zu bekommen. Der mittlere Zeitverzug zwischen Feststellung der Infektion und Todesfall ist mit 24 Tagen berücksichtigt.

Das führt zu Omicron und Südafrika. Der Eindruck, der hier vermittelt wurde, scheint sich zu bestätigen. Die VariTante ist ansteckender, die Krankheitsverläufe sind aber sehr viel weniger schwer. Die Zahl der täglichen Todesfälle in Südafrika gehört zu den niedrigsten Werten der zurückliegenden 18 Monate. Dort sind übrigens 26% geimpft. Weniger als einer von 50 "Fällen" muss im Hospital behandelt werdem, wobei aufgrund der milden Syptome wohl viel weniger "Fälle" erkannt werden, weil sich weniger testen lassen. Die Diskrepanz zwischen den beiden Zeitreihen ist besonders stark.

Eine Studie unter der Leitung von Forschern der LKS-Fakultät für Medizin an der Universität Hongkong (h/t tkp.at) liefert erste Angaben darüber, wie Omicron die menschlichen Atemwege infiziert. Die Bronchien werden bis zu 70 mal schneller infiziert, Omicron vermehrt sich dort auch stärker als die Delta-Variante und das ursprüngliche SARS-CoV-2-Virus. Das könnte auch erklären, warum Omicron schneller von Mensch zu Mensch übertragen wird als frühere Varianten. Die Studie zeigt weiter, dass die Omicron-Infektion in der tiefen Lunge deutlich geringer ausfällt als bei der ursprünglichen SARS-CoV-2-Variante. Das könnte eine Erklärung für einen geringeren Schweregrad der Erkrankung sein.

Nachtrag:
(18.12.21) Die Omikron-Entdeckerin: "Wenn wir überreagieren, laufen wir Gefahr, die Vorteile zu verpassen"

(19.12.21) Die aktuellen Zahlen aus Dänemark stützen im wesentlichen den Eindruck aus Südafrika hinsichtlich der Omicron-Variante. Sie zeigen auch, dass Impfversagen in Europa die hauptsächliche Ursache für den Anstieg der „Fälle“ in diesem Herbst ist: „Stunning Covid data from Denmark“.

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