Energiepreise explodieren

Die Preise für Energie aus herkömmlichen Quellen, die Preise der wichtigsten Energieträger Öl, Kohle und aktuell vor allem Erdgas, explodieren weltweit. Das erinnert an die Ölkrisen der 1970er Jahre. Im Unterschied dazu entwickelt sich die Krise diesmal aber dadurch, dass nicht mehr ausreichend in die künftige Bereitstellung von Öl, Gas und Kohle investiert wird. Die OECD-Regierungen pushen stattdessen die Solar- und Windenergie.

Bisher war es selbstverständlich, dass der Bedarf der Wirtschaft die Sicherstellung der Versorgung mit reichlich vorhandenen, zuverlässigen und erschwinglichen Energiearten bestimmt. Ohne solche Energie kann kein Stahl und kein Beton hergestellt werden, es können keine Rohstoffe abgebaut werden, die gesamte Güter-Produktion kommt in Schwierigkeiten.

In den zurückliegenden Monaten hat sich der Weltmarktpreis für Kohle zur Stromerzeugung verdoppelt, der Preis für Erdgas ist um fast 500% gestiegen, der Ölpreis steuert auf 90 Dollar pro Barrel zu und liegt damit so hoch wie seit sieben Jahren nicht.

Vor etwa 20 Jahren begann man in Europa mit einer umfassenden Umstellung auf erneuerbare Energien, vor allem aus Solar- und Windkraftanlagen. Deutschland, der größte Industriestandort in der EU, lief vorweg mit der von Merkel über Nacht eingeleiteten Energiewende, bei der 2022 die letzten deutschen Kernkraftwerke abgeschaltet werden und alle Kohlekraftwerke in den 2030er Jahren vom Netz gehen sollen. Grüne Energie ist nicht konstant in beliebiger, zumindest ausreichender Menge verfügbar. Der Ausbau intelligenter elektrischer Netze, die Übertragungswege von Nord nach Süd und der Ausbau von Speichern (etwa Wasserstoff) wurde aber sträflich vernachlässigt. So droht nun, was angesichts dieser verfehlten Politik vorhersehbar war – Versorgungsengpässe mit der Gefahr der Strom-Abschaltung großer Gebiete.

Mit den weit verbreiteten Lockdowns von Industrie und Verkehr im Jahr 2020 ging der Erdgasverbrauch in der EU drastisch zurück. Im Jahr 2020 sanken die weltweiten Ausgaben für Öl, Gas und Kohle um schätzungsweise 1 Bill. Dollar. Der größte EU-Gaslieferant, die russische Gazprom, reduzierte seine Lieferungen für den EU-Markt, die EU-Gasspeicher stiegen auf ein Maximum. Als die Nachfrage in der EU in den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 wieder anstieg, lieferte Gazprom entsprechend und übertraf sogar das Rekordniveau von 2019. Das ging auf Kosten der Wiederauffüllung der russischen Gasspeicher für den kommenden Winter.

Ein rekordverdächtiger Windmangel in Norddeutschland Anfang September löste eine Kaufpanik auf den weltweiten LNG-Märkten (Liquid Natural Gas) aus. Zu diesem Zeitpunkt war aber das meiste verfügbare LNG aus den USA, Katar und anderen Quellen bereits an China verkauft worden. Die dortige Regierung hatte angeordnet, Gas und Kohle „um jeden Preis“ zu sichern, nachdem es Ende August und im September mehrfach zu Stromausfällen und Werksschließungen gekommen war. In China ist die Energiepolitik ähnlich verworren wie in der EU, das politisch motivierte Verbot australischer Kohle kommt hinzu.

Zu den realwirtschaftlichen Faktoren aus Angebot und Nachfrage tritt der Effekt der Spekulation verstärkend hinzu – wie kommen die Preise für Energie auf den Finanzmärkten zustande?

Der niederländische TTF-Terminkontrakt, der marktbestimmende Preis für Erdgas, wird an der in London ansässigen ICE-Börse gehandelt. Der entsprechende Future wird gebildet von der Erwartung, wie hoch die Preise für Erdgas in der EU in einem bis drei Monaten sein dürften. Hinter der ICE stehen unter anderem Goldman Sachs, Morgan Stanley, die Deutsche Bank und die Société Générale. Als bekannt wurde, wie niedrig die Gasvorräte der EU für den kommenden Winter sind, schossen die Preise für TTF-Terminkontrakte Anfang Oktober in nur wenigen Tagen um 300% in die Höhe. Seit Februar hat sich eine Standard-LNG-Ladung von 3,4 Bill. BTU (British Thermal Units) um 500 bis 600% verteuert.

Die Endverbraucher-Preise für Strom in der EU richten sich laut dem französischen Energieanalysten Antonio Haya danach, wie „das teuerste Kraftwerk von denen, die zur Deckung der Nachfrage benötigt werden (Grenzkraftwerk), den Preis für jede Produktionsstunde für die gesamte in der Auktion zusammengefassten Produktion festlegt“. Damit bestimmt der heutige Erdgaspreis also z.B. auch den Preis für Strom aus Wasserkraft, der nahezu zum Nulltarif zur Verfügung steht. Steigen die Erdgaspreise rasant, steigen auch die Strompreise rasant. Spekulanten werden begünstigt, die Verbraucher, v.a. Haushalte und Industrie, benachteiligt.

Um die EU-Agenda für grüne Energie voranzutreiben, hat ein Land nach dem anderen –mit wenigen Ausnahmen– mit dem Abbau der Energiegewinnung aus Öl, Gas, Kohle und Atomkraft begonnen. Im Jahr 2011 übernahm die Regierung Merkel ein von Martin Faulstich und dem Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) entwickeltes Energiemodell, in dem behauptet wurde, dass Deutschland bis zum Jahr 2050 eine 100%-ige Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien erreichen könnte. Es wurde argumentiert, dass eine längere Nutzung der Kernenergie nicht erforderlich sei, ebenso wenig wie der Bau von Kohlekraftwerken mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS). Die Studie argumentierte, das würde funktionieren, weil Deutschland bei Bedarf überschüssigen, CO2-freien Strom aus Wasserkraft von Norwegen und Schweden kaufen könnte.

Aufgrund der extremen Trockenheit und der heißen Sommer in 2019 und 2020 sind die Wasserkraftreserven Schwedens und Norwegens zu Beginn des Winters gefährlich niedrig, sie erreichen nur 52% ihrer Kapazität. Frankreich erwägt, ein Drittel seiner Kernkraftwerke abzuschalten, was die Stromversorgung Deutschlands zu Spitzenzeiten ebenfalls gefährdet. Am 1. Januar 2021 wurden aufgrund eines von der deutschen Regierung verordneten Kohleausstiegs 11 Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 4,7 Gigawatt abgeschaltet. Es dauerte nur 8 Tage, bis mehrere dieser Kohlekraftwerke aufgrund einer langanhaltenden Schwachwindperiode wieder ans Netz gehen mussten.

Im Jahr 2022 wird das letzte deutsche Kernkraftwerk abgeschaltet und weitere Kohlekraftwerke werden dauerhaft stillgelegt. Im Jahr 2002 stammten 31% des kohlenstofffreien Stroms aus deutscher Kernenergie. Was die Windenergie betrifft, die das Defizit in Deutschland ausgleichen soll, so werden 2022 etwa 6000 Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von 16 Gigawatt abgebaut, da die Einspeisevergütung für ältere Anlagen ausläuft. Die Genehmigung neuer Windparks wird durch wachsende Bürgerproteste und Klagen u.a. wegen der Lärmbelastung blockiert. Es bahnt sich eine dauerhafte Unterversorgung mit elektrischem Strom an.

Wenn die EU mit dieser Energiepolitik so weitermacht, dürften sich die hausgemachten Probleme schnell zu einer Katastrophe auswachen. Grüne Energie aus Sonne und Wind, auch aus Wasserkraft, ist ohne umfangreiche flankierende Maßnahmen nicht in der Lage, stabile und zuverlässige Energie zu liefern. Dazu gehören neben Maßnahmen auf der Ebene der Netzinfrastruktur und Energiespeicherung (per Elektrolyse und Wasserstoff) eben auch Reservekapazitäten in Gestalt von „konventionellen“ Kraftwerken, die schnell an- und auch wieder abgeschaltet werden können.

Mit dem Ausrufen der „Grünen Revolution“ durch WEF & Co werden die Investitionen in „konventionelle“ Energie-Rohstoffen und in schadstoffarme Kraftwerke immer weiter reduziert. Die Herde der Spekulanten verdient lieber an hoch subventionierten so genannten ESG-Investitionen als sich um die Stabilität der Grundlage der existierenden industriellen Produktion zu kümmern, die stabile und ausreichende Verfügbarkeit von (elektrischer) Energie. Aber sie verdient natürlich auch gerne an Preisexplosionen für herkömmliche Energieträger. Und wenn diese so vorhersehbar waren wie die aktuellen – umso besser.

[Unter Verwendung von Material aus: "The green Agenda or how this Energy Crises is different from all others"]

Ergänzung:
So haben sich die Spotmarktpreise für Strom in diesem Jahr entwickelt – krass ist gar kein Ausdruck (Chartquelle). Wer zahlt am Ende die Zeche?

Die Börsenstrompreise in Deutschland sind vom Jahresanfang 2021 bei gemittelt rund 50 Euro/MWh auf aktuell rund 160 Euro/MWh angestiegen (Quelle). Hier finden sich weitere Informationen zur elektrischen Energieerzeugung, sowohl preislicher wie auch struktureller Art.

Private Haushalte zahlten im bundesdeutschen Durchschnitt per Anfang 2021 31,89 Cent pro Kilowattstunde. Davon entfallen 51,4% auf staatlich veranlasste Steuern, Abgaben und Umlagen (etwa EEG-Umlage), 24,5% auf Nutzung der Stromnetze und 24,1% auf Stromerzeugung und Vertrieb (siehe etwa hier!).

Gut, dass es den mit und ohne Nachfrage solide durchfinanzierten öffentlichen Rundfunk gibt. Dort fand ein mit sicher 10.000 Euro monatlich bestallter Kommentator tröstliche Worte zu den steigenden Energiepreisen: „Er ist da der Preisschock. Gut so. Denn nur, wenn Öl und Gas spürbar teurer werden, kriegen wir die Erderwärmung in den Griff.“

Nachtrag:
(15.10.21) 69 deutsche Unternehmen fordern in Anlehnung an den „Green Deal“ der EU-Kommission von der neuen Regierung ein Paket konkreter Maßnahmen, damit Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden kann. Dazu müssten der Ausbau erneuerbarer Energien und der dafür erforderlichen Stromnetze, klimafreundlicher Industrieanlagen und Verkehrsinfrastrukturen sowie die energetische Gebäudesanierung vorangetrieben werden. Zu den Unterzeichnern zählen u.a. Bayer, Thyssenkrupp, Eon, SAP und Rossmann.

Sind die verrückt geworden? Eher nicht. Beispiel Zementindustrie – sie gilt als großer Umweltverschmutzer. HeidelbergCement hat nach Angaben der ZDF-Magazins "frontal" seit 2008 rund 45 Millionen Zertifikate mehr erhalten als benötigt. Das entspricht einem Wert von gut zwei Mrd. Euro. Für die europäische Industrie insgesamt bedeutet das EU-CO2-Management laut dem niederländischen Institut CE Delft 50 Mrd. Euro Extragewinne. So wird doch ein Schuh draus! (h/t Spaet-Nachrichten).

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