Erich Fried zum 100. Geburtstag

Erich Fried wäre heute 100 Jahre alt geworden. Er wurde Österreich geboren. Fried, Jude, flieht vor dem Holocaust nach England, von wo aus er den Widerstand gegen die Nazis unterstützt. Sein Vater wurde von der Gestapo totgeschlagen, die Großmutter kam im KZ um. Fried war ein Linker, ein Antifaschist. Er starb 1988.

Er hat wunderbare Liebesgedichte geschrieben. Etwa „Dich“, in dem es heißt:
„Wer nur die Hälfte liebt
der liebt dich nicht halb
sondern gar nicht
der will dich zurechtschneiden
amputieren
verstümmeln“

Dieses jemanden ganz nehmen, alles von jemandem annehmen, ihn ganz so nehmen wie er ist – das ist, denke ich, ein zentraler Wesenszug von Fried. Und dieser Wesenszug hat ihn wohl auch bewogen, eine mehrere Jahre währende Brieffreundschaft mit dem jungen Neonazi Michael Kühnen zu pflegen, dem Mitte der 1980er Jahre der Prozess wegen NS-Propaganda und der Verherrlichung Hitlers gemacht wurde.

Erich Fried sprach in einer Rede 1978 über die Feindesliebe, die „heisst freilich auch nicht, vergessen, dass Feinde –oder doch viele von ihnen– immer noch Feinde sind (…) und ihrerseits gar nicht beseelt von Feindesliebe.“

Fried suchte das Gespräch mit Andersdenkenden, selbst mit Feinden. Es ging ihm um Verständigung, um Verstehen. Es ging ihm nicht darum, Widersprüche zuzukleistern oder Verbrechen zu verharmlosen.

Hätte es damals schon Twitter & Co gegeben, Fried hätte sich mit seinen Kontakten zu Kühnen einem nicht enden wollenden Shit-Storm ausgesetzt – „mit so einem redet man nicht“.

Verständigung – das ist das, was wir in der heutigen Zeit von Fried lernen können, in der häufig genug keine Argumente mehr ausgetauscht werden mit dem Ziel, eine sachliche und produktive Diskussion zu führen. Es geht oft nur noch um Abgrenzung und Ausgrenzung. Es ist schon wie in einem Glaubenskrieg – und das gilt inbesondere hinsichtlich „Corona“, wie es etwa die Schauspieler mit ihrer Aktion „#allesdichtmachen“ erlebt haben.

Brücken statt Gräben – Vernunft statt Panik!
(Prof. Dr. Haditsch in „Corona – auf der Suche nach der Wahrheit“)

Thomas Wagner hat jetzt ein Buch geschrieben: „Der Dichter und der Neonazi – Erich Fried und Michael Kühnen“. Es ist im Klett-Verlag erschienen. Das folgende Bild zeigt das Cover des Buchs.

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