Intensiv-Kapazität und Alternativen

Schon merkwürdig – seit Anfang Juni 2020 beträgt die Anzahl der belegten Intensivplätze in Deutschland stets um die 20.000. In der Spitze wurden davon durch Covid-19-Fälle gut 5700 belegt (Jahreswechsel). Sind nicht-Covid Patienten in der Intensivpflege so eine Art Dispositionsmasse zur Kapazitätsauslastung, die immer dann schnell woandershin verlegt werden, wenn Covid-19 Patienten kommen?

Auffällig ist natürlich auch, dass seit Anfang August 2020 die gesamte Kapazität (ohne Notfallreserve) um bis heute 20% abgenommen hat. Das wird damit begründet, dass nicht genügend ausgebildetes Personal vorhanden ist. Das sollte aber dazu führen, dass die Notfallreserve im selben Maße zunimmt wie die aktuell verfügbare Kapazität personalbedingt abgebaut wird. Dann würde die gesamte Kapazität seit Anfang August 2020 relativ konstant bei 40.000 liegen, das ist aber nicht der Fall – siehe den oberen Chart. Wo sind sie, die 1.400, geblieben?

Aktuell befinden sich 4653 Covid-19 Fälle in Intensivpflege, die freie Kapazität kommt auf 2863 Plätze. Der entscheidende Punkt: Was heißt eigentlich "Covid-19 Fall" in diesem Zusammenhang – auch hier wieder die Frage "an oder "mit" (siehe dazu die Ergänzung unten!).

Die beiden unteren, kleineren Charts geben Aufschluss über die Dynamik des Geschehens. Die Anzahl der neuen Fälle lauft relativ synchron mit der Anzahl der neuen Hospitalisierungen. Vor Weihnachten betrug das Verhältnis der beiden Werte 100 zu 7, aktuell beträgt es 100 zu 3,9. (Die Zeitreihe der Hospitalisierungen ist skaliert – siehe Legende.) Vor Weihnachten kamen 0,30% der neuen Fälle auf die Intensivstation, aktuell sind es 0,43%. Bezogen auf die Anzahl der neuen Fälle kommen also aktuell insgesamt weniger Patienten ins Krankenhaus, aber ein höherer Anteil auf die Intensivstation. (Den Effekt der doppelten Erfassung habe ich unberücksichtigt gelassen.)

Man kann jetzt spekulieren, warum sich das Verhältnis so verschoben hat. Da das Gesundheitswesen auch ein Geschäft ist, mag es wirtschaftliche Gründe dafür geben. Es mag auch darin begründet sein, dass ein Teil der Fälle womöglich deswegen schwerer verläuft, weil am Ende der Grippesaison die Abwehrkräfte nachlassen. Ob dafür auch gefährlichere Virus-Varianten verantwortlich sind? Studien legen nahe, dass aktuellere Varianten vielleicht ansteckender sind, aber nicht gefährlicher.
Klar ist wohl, dass die Intensiv-Patienten jünger werden und alle an mehreren Risikofaktoren leiden. Dabei spielt wohl Adipositas eine wichtige Rolle. Die Verlagerung des Patienten-Alters liegt im Rahmen der typischen Ausbreitung einer solchen Infektion von alt zu jung zurück zu alt.

Vielleicht spielt auch die Impferei hinein, es kommt nach Imfungen nicht selten zu einer schweren Covid-19 Erkrankung, zumindest zu entsprechenden Test-Ergebnissen (z.B. wenn der Test auf Spike-Protein abstellt – E-Gen Test). Abgesehen davon können diese Impfungen andere lebensbedrohliche Nebenwirkungen nach sich ziehen.

Auffällig ist, dass seit Mitte Februar die Positiv-Rate bei den Tests wieder steigt, und zwar nach RKI-Angaben von 6,1% auf 11,1%. Noch „interessanter“ ist, dass seit diesem Zeitpunkt, die Berechnung der Quote nicht mehr nachzuvollziehen ist. Wenn man die Positiv-Quote selbst ausrechnet, kommt man auf beständig niedrigere Werte, nämlich 4,7% auf 9,2%. Dafür habe ich bisher keine Erklärung. Ab Mitte Februar werden verstärkt Schnelltests eingesetzt, die PCR-Test-Positive ohne Symptome herausfischen (v.a. unter den Jüngeren).

Zwei Hinweise: PCR-Tests können keine Infektion feststellen, sondern detektieren lediglich molekulare Strukturen, die auf die Anwesenheit eines Virus oder Bruchstücken davon hindeuten könnten. In der Statistik des RKI wird nicht unterschieden zwischen Todesfällen an oder mit „Corona“. Ein zuverlässiges Bild der Lage kann so nicht entstehen, weder hinsichtlich der tatsächlichen Ausbreitung (irgend)einer Infektion, noch hinsichtlich ihrer Schwere. Der Statistiker Göran Kauermann, Uni München, sagt, es sei erschreckend zu sehen, dass die Datenqualität in Deutschland noch immer eine einzige Katastrophe ist (siehe auch unten!).

Die Orientierung der „modernen“ Medizin an Apparaten und teuren Produkten der Pharma-Industrie trägt dazu bei, dass immer stärker „wirtschaftlich“ gedacht wird. Die Geräte müssen sich amortisieren, die Pharma-Industrie verkauft teure Medikamente mit hoher Marge, an „Allerwelts-Medikamenten“ besteht kein Interesse. Von diesem „wirtschaftlichen“ Denken kann sich kaum einer der im Gesundheitswesen Beschäftigten frei machen, sei es, dass er es selbst im Laufe der Jahre verinnerlicht, sei es, dass er unter entsprechendem Druck steht.

Die verantwortliche Politik hätte längst möglichen Kapazitäts-Engpässen gegensteuern können. Sie hat seit dem Frühsommer von der zweiten Welle gefaselt. Seitdem hätte man einiges bewirken können, einschließlich vernünftiger Bezahlung der in Krankenhäusern beschaftigten Kräfte. Aber – siehe „wirtschaftliches Denken“. Zudem wurden in 2020 Krankenhäuser mit etwa 3.000 Betten geschlossen – unrentabel. So schlimm scheint es ja dann nicht zu sein mit der "Pandemie"…

Außerdem hätte man statt der einseitigen Impf-Orientiertung zeitig die Entwicklung von Behandlungsmöglichkeiten fördern sollen. Darüber hinaus gibt es bereits seit langem wertvolles Wissen darüber, wie man mit vorhandenen (preiswerten) Medikamenten in vielen Fällen einen guten Behandlungserfolg bei Covid-19 erzielen kann. Siehe dazu „Knappheit an Intensivbetten durch Behandlungsfehler? Oder andere Ursachen?“.

Ganz abgesehen davon: Es wäre Aufgabe von Gesundheitsminister Spahn gleich nach dem ersten Auftreten von Covid-19 gewesen, auf breitester Front Aufklärung zu treiben über die Bedeutung des Immunsystems und die Möglichkeiten seiner Stärkung. Aber das bringt der Pharma-Industrie keinen Blumentopf und der Herr Pharma-Minister hat einen Ruf zu verlieren.

Zusammenfassung:
Es mag sein, dass es v.a. in großen, zentralen Kliniken zeitweilig zu einer Überlastung der Kapazitäten kommt. Das ist extrem belastend für das Personal. Es macht aber keinen Sinn, eventuell erforderliche Sofortmaßnahmen zu einer angeblich notwendigen dauerhaften Regelung zu machen. Auch in schwierigen Momenten ist zu fragen: Wie konnte es dazu kommen? Nur aus der Antwort darauf erwächst eine Strategie, die solche Situationen künftig verhindert. Und da gibt es einerseits die Forderung nach anderen Behandlungsmethoden, einige sind seit längerem bekannt, andere hätten längst entwickelt werden können. Zweitens hätte längst begonnen werden können, Kapazitäten aus-, anstatt abzubauen. Drittens kommt eben längst nicht jeder wegen "Corona" auf die Intensivstation, sondern "mit" (siehen unten!). Viertens tut breite Aufklärung not – wie lebe ich gesünder, wie stärke ich mein Immunsystem.

Ergänzung:
Zur Frage „an“ oder „mit“ gibt es in „Nach 13 Monaten SARS-Cov-2 fehlt immer noch eine befriedigende Intensiv-Statistik“ macht ein Medizin-Professor interessante Ausführungen: „Im Jahr 2020 wurden 36.305 Patienten mit der COVID-19-Nebendiagnose auf einer Intensivstation behandelt. Im DIVI-Register zählen sie alle als 'Corona-Patienten' (…) Zudem ist die Diagnose 'COVID-19' falsch, wenn sie nicht symptomatisch waren. Daher dürfte bei diesen Patienten eigentlich nicht 'COVID-19' als Diagnose codiert werden, sondern höchstens der Virusnachweis. Dies ist aber schon ein Fehler in der Codierungsgrundlage, dem Kapitel XXII des Kodierhandbuchs der Diagnosen, ICD-10-GM, Version 2020 (nachzulesen hier!). Hier heißt es: ‚Der Code U07.1!: COVID-19, Virus nachgewiesen. Benutze diese Schlüsselnummer, wenn COVID-19 durch einen Labortest nachgewiesen ist, ungeachtet des Schweregrades des klinischen Befundes oder der Symptome.’ Die Unterscheidung, ob der Virusnachweis zu einem erhöhten Behandlungsaufwand (abgesehen von den Schutzmaßnahmen) geführt hat, erfolgt nicht.“
Und: „Um ein Pandemiegeschehen wirklich abbilden zu können, sollte hier auf ein exaktes Datenmaterial zurückgegriffen werden. Warum das BGM, RKI oder die Länder dies bis heute nicht geschafft haben, erschließt sich mir nicht.“

Sehr, sehr aufschlussreich: "Lage auf Intensivstationen: 'Die Klagen der Spitzenmediziner sind getrost zu ignorieren'"

Ein sehr erhellender, lesenwerter Bericht eines Pressesprechers für fünf Krankenhäuser hier.

Die Weigerung, zwischen "an" und "mit" zu unterscheiden, zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte "Corona"-Politik durch. Und zwar ist das allem Anschein nach kein fahrlässiger Fehler. Es ist alles Covid-19, „ungeachtet des Schweregrades des klinischen Befundes oder der Symptome“, gestützt auf einen Massentest, der keine Infektionen feststellen kann.

(27.4.21) Und natürlich wieder die Qualität der Zahlen (des DIVI-Registers). Das Register weist selbst darauf hin, dass es zu Doppelzählungen kommen kann, wenn ein Covid-Patient verlegt wird, das kommt offenbar in 11% der Fälle vor. Handelt es sich um beatmete Patienten liegt der Wert sogar bei 32%, weil solche Patienten öfter verlegt werden (Quelle). Außerdem natürlich auch wieder: Wird ein Patient, z.B. nach einer Operation, auf die Intensivstation verlegt (etwa zur Beobachtung) und der PCR-Test auf "Corona" fällt positiv aus, so gilt er in den an das DIVI gemeldeten Zahlen als Covid-Fall (obwohl er womöglich nie entsprechende Symptome zeigt).

(29.4.21) Intensivpfleger zerlegt Spahns Corona-Politik – vor laufender Kamera neben dem Minister "Intensivstationen waren vor der Pandemie schon deutlich überlastet"

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