Inflation – wie sieht es aus?

Die Fed hatte in dieser Woche nach ihrem FOMC-Meeting verlautbart, dass sich die wirtschaftlichen Aktivitäten stark entwickelten. Die Geschäftsinvestitionen hätten sich allerdings bezogen auf den starken Zuwachs von Jahresanfang ermäßigt. Die seit einiger Zeit anhaltende Schwäche im Hausbaubereich blieb unerwähnt. Die Leitzinsen wurden nicht geändert. Mit einer impliziten Wahrscheinlichkeit von gut 75% wird die Fed aber im Dezember wohl einen weiteren kleinen Zinsschritt folgen lassen.

Damit geht das Rätselraten hinsichtlich konjunktureller Entwicklung weiter. Und damit steht das Thema „Inflation“ wieder oben auf der Tagesordnung. Preisindices gelten an den Finanzmärkten als Signalgeber für den Zustand der aktuellen Konjunkturphase. Zugleich sind sie ein wichtiger Parameter bei der Geldpolitik der Zentralbanken.

Am Freitag wurde gemeldet, der chinesische Produzentenpreisindex sei im Oktober den vierten Monat in Folge gesunken. China ist aktuell von besonderer Bedeutung, weil sich in chinesischen Makrodaten möglicherweise frühzeitig Hinweise ergeben, wie die Strafzölle auf die Realwirtschaft durchschlagen.

Ebenfalls am Freitag: Der US-PPI (PPIACO) ist im Oktober leicht angestiegen und liegt mit 204,30 knapp unter dem Maximum seit 2009 bei 208,30. Dieser Punkt war im Juni 2014 markiert worden. In etwa auf diesem Niveau hatte sich der Index seit Mitte 2011 gehalten. Danach schrumpfte er bis Februar 2016 auf 181,30 und begann dann einen erneuten Anstieg bis auf das aktuelle Niveau. Vor Ausbruch der Finanzkrise hatte der US-PPI im Juli 2008 bei 205,50 eine Spitze erreicht und war danach bis April 2009 zügig auf 169,10 gefallen. Der US-CPI-Wert für Oktober wird am kommenden Montag veröffentlicht [Korrektur: am kommenden Mittwoch (14.11.)].

In aller Regel steigt der US-PPI vor Eintritt einer Rezession nochmals deutlich an und markiert bezogen auf die jeweils laufende Konjunkturepisode ein Maximum unmittelbar vor, bzw. in der darauf folgenden Rezession. Dies gilt auch für den Verlauf der PPI-Inflationsrate (unterer Chart „y/y Change %“).

Das Verhalten der US-Verbraucherpreisinflation (CPIAUCSL) ist ähnlich, allerdings zeigt dieser Index gewöhnlich vor Beginn einer Rezession bereits Phasen deutlicher Beschleunigung, erkennbar an der roten Signallinie am oberen Chartrand („Trend Hi“).

Das besondere an der aktuellen Konjunkturepisode ist, dass es eine solche Beschleunigungsphase im US-CPI zwar zwischen Juli 2011 und Februar 2012 gab, seitdem aber nicht mehr.

Es ist offenbar so, dass sich eine stabilere Konjunktur auch dadurch auszeichnet, dass der Abstand zwischen der Inflations-Jahresrate nach CPI und der nach PPI positiv ist. An Nebenbedingungen dürfte dabei gelten, dass die CPI-Rate über 0%, aber unter 5% liegt. Der folgende Chart zeigt mit seiner Signallinie am oberen Rand aus Sicht der Preisentwicklung weniger „gesunde“ und „gesunde“ Phasen an (siehe weite Strecken der 1980er und 1990er Jahre). Nach 2000 gab es solch lange „gesunde“ Phasen nicht mehr, die längste lag zwischen Ende 2011 und April 2015.

Der von der Fed besonders beachtete PCE-Preis-Index ohne Nahrung und Energie (PCEPILFE) bewegt sich seit Jahresmitte im Zielbereich der Fed (2%). Etwa zeitgleich zeigt die Trendauswertung des Index eine Trendbeschleunigung („Trend Hi“ – rote Linie am oberen Chart-Rand). Es gibt historisch klare Parallelen zwischen den Trendeigenschaften dieses Preisindex und dem Verlauf der US-Leitzinsen (eff. FFR). Die Fed dürfte bei ihrer Leitzinspolitik auch auf die Preisdynamik achten. Nicht zuletzt deswegen ist es aktuell wenig wahrscheinlich, dass die Fed mit ihrer Politik der graduellen Zinsanhebungen jetzt schon aufhört.

Dem Kupferpreis kommt eine wichtige Bedeutung im Preisgeschehen zu. Ich hatte mich damit zuletzt hier beschäftigt. Seitdem ist er den dort beschriebenen halbwegs konstruktiven Ansätzen nicht gefolgt, sondern ist erneut unter das 38er Retracement gerutscht. Jetzt kommt es auf das 50er Retracement an.

Anhand der Break-even-Raten für US-Treasurys liegen gegenwärtig eher sinkende Inflationserwartungen nahe. Sie hatten, basierend auf der Laufzeit „zehn Jahre“ über weite Strecken im Jahr bei um die zwei Prozent gelegen. Seit kurzem kommt hier Schwäche auf, die liegt aber noch im Rahmen der seit dem zweiten Quartal gesehenen Schwankungen. Deswegen sollte man hier keine voreiligen Schlüsse ziehen.

Per Saldo spricht viel dafür, dass die Preisentwicklung auf dem erreichten Niveau zunächst seitwärts läuft. Ein Ausbruch nach oben erscheint zurzeit weniger wahrscheinlich. Allerdings geht vom Arbeitsmarkt ein gewisser Lohndruck aus (siehe hier!). Die entscheidende Frage ist dabei, ob sich der auf die Endpreise überwälzen lässt. Ist die Antwort „Ja“, würden die Inflationsraten neue Aufwärtsdynamik entwickeln. Bei „Nein“ wäre mit einem Druck auf die Gewinnmargen zu rechnen, es sei denn, dieser kann mit Produktivitätssteigerungen (=Investitionen) abgefangen werden.

Mit dem volkwirtschaftlichen Hintergrund befasse ich mich hier: "Inflation und Rezession – eine Gratwanderung"!

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