S&P 500 – der Mai ist gekommen

Der S&P 500 hat am letzten Tag der zurückliegenden Woche im Kontext der Veröffentlichung der US-Arbeitsmarktdaten für April eine aufschlussreiche Bewegung vollführt. Der Index stieg um 1,3%, der NDX sogar um 1,9%. Die Apple-Aktie lieferte dabei kräftige Unterstützung.

Eine der unzähligen Sprüche an den Finanzmärkten lautet: "Sell in May and go away." Oder heißt es dieses Mal vielleicht: "Buy in May and fly away"? Fragt sich wohin man fliegt – aus der Kurve, in den Keller oder in den Himmel…

Die Eckpunkte der US-Arbeitsmarktdaten für April:
– Die Arbeitslosenquote ist so tief gesunken wie seit der zweiten Hälfte des Jahres 2000, bzw. seit Anfang 1970 nicht.
– Die Zahl der neuen Arbeitsplätze ist weniger stark gestiegen als erwartet.
– Die Wochenarbeitszeit hat sich nicht verändert.
– Die durchschnittlichen Stundenlöhne sind weniger stark gestiegen als erwartet.

Der S&P 500 hatte am Donnerstag seine EMA200 intensiv getestet, erkennbar am langen unteren Docht der Tageskerze, und hat dabei auch die Untergrenze des Mitte Februar 2016 etablierten Aufwärtskanals (hellgrün) unterboten. Am Freitag reagierte er zunächst offenbar auf die Rekord-tiefe Arbeitslosenquote vergräzt und kam dieser Linie, wie auch der EMA200 erneut nahe. Der Index konnte es aber kaum abwarten, diesen Bereich nochmals intensiv auf seinen Bestand hin zu testen und drehte zügig nach oben ab (Chartquelle).

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Beobachter nennen als Grund für die Kehrtwende, dass die Analyse der übrigen Daten, insbesondere der Lohnentwicklung, ergeben hätte, dass die Inflationsgefahr weniger groß ist als zuvor befürchtet. Das mag als Anlass durchgehen.

Das Ergebnis der überraschenden Kursentwicklung vom Freitag ist, dass der Index nach einem intraday-Test der EMA50 knapp darunter schloss und nun auch die Abwärtslinie vom ATH aus Januar wieder im Visier hat – er schloss 16 Punkte darunter. Das wäre dann der nächste Versuch innerhalb recht kurzer Zeit, über diese entscheidende Linie auszubrechen.

Vielleicht klappt es dieses Mal – angesichts der voraus liegenden Widerstände und der nicht besonders günstigen sonstigen technischen Rahmenbedingungen wird hierfür eine hohe Energie benötigt. Wenn der Ausbruch tatsächlich gelingen sollte, würde rechnerisch ein Potenzial(!) von rund 300 Punkten freigesetzt, was bis zum ATH aus Ende Januar reicht. Wenn der Ausbruch aber erneut scheitert, ergibt sich umgekehrt Potenzial(!) bis zum Bereich des 62er Retracement des Impulses seit der Machtergreifung von Trump unterhalb von 2400.

Was die Makroökonomie angeht, so stellt der folgende Chart (Chartquelle) die Lohnentwicklung und den Verlauf des von der Fed besonders beachteten PCE-Preis-Index gegenüber, jeweils im Vergleich zu ihren Vorjahreswerten. Der Preis-Index ist mit einer jährlichen Steigerungsrate von 1,9% fast am Inflationsziel der Fed bei 2% angekommen. Die Löhne liegen aktuell 2,6% über ihrem Vorjahreswert. Beide Werte kommen damit ihren jeweiligen Maxima seit Ende der Rezession im Gefolge des offenen Ausbruchs der Finanzkrise nahe.

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Interessant ist, dass die Lohnsteigerungen, die „erforderlich“ sind, den Preisindex in Richtung 2% zu befördern, aktuell recht gering ausfallen. Vor 2008 waren dazu mehr als 4% nötig, ebenso vor 2000/2001. Vor 1990 lagen beide Steigerungsraten bei jeweils rund 4%. Seit 2013 ist der Gleichlauf zwischen den beiden Zeitreihen recht eng. Daher dürfte es in der aktuellen Situation richtig sein, dass bei der Frage der infkationsentwicklung ein besonderes Augenmerkt auf den Löhnen liegt.

Der folgende Chart (Chartquelle) zeigt den Verlauf der Anteile der Löhne und der Gewinne jeweils an der Nettowertschöpfung der nicht-Finanz-Unternehmen. Es ist plausibel, dass ein nachhaltig steigender Lohnanteil den Gewinnanteil schmälert. Dieser ist aber mit fast 12% immer noch nahezu so hoch wie im dritten Quartal 2006, der Lohnanteil ist mit rund 70% so hoch wie Mitte 2007. So lange sich die Schere zwischen beiden Zeitreihen nicht zügig schließt, unterstützt das die Aktienkurse eher noch.

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Das wird auch in der Gegenüberstellung zum KGV nach Shiller (CAPE) deutlich – so lange der Gewinnanteil nicht dynamisch einbricht, wirkt sich das kaum auf das KGV aus. (Die „Anomalie“ vor 2000 geht zurück auf die Deregulierung der Finanzindustrie, deren Auswirkung in den Verlauf der Anteile an der Nettowertschöpfung nicht eingeht, weil der Chart nur die Verhältnisse bei den nicht-Finanz-Unternehmen darstellt.) Der Chart (Chartquelle) ist "gezoomt", um einen optischen Vergleich mit dem vorherigen Chart zu erleichtern.

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Aus meiner Sicht spricht nach wie vor einiges für weiterhin erhöhte Volatilität und eine komplexe Seitwärtsbewegung im S&P 500 (siehe z.B. hier!). Das Makroumfeld stützt dieses Szenario insofern, als die Lohnentwicklung verhalten bleibt. Das wiederum stützt Aktienkurse noch ebenso wie z.B. die Spekulation auf erhöhte Aktienrückkäufe und verstärkte M&A-Aktivitäten in Folge der US-Steuerreform. Die Erwartung von weiteren Aktienrückkäufen beflügelte dieser Tage z.B. auch die Apple-Aktie.

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