Neues vom „Handelskrieg“

US-Präsident Trump kündigt im Handel mit China Strafzölle an. Die gegenüber der EU verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium werden bis Ende April ausgesetzt. Bis dahin sollen neue Bedingungen ausgehandelt werden. Zuvor waren schon Mexico, Kanada ausgenommen worden. Auch im Handel mit Argentinien, Australien, Brasilien und Südkorea sind die Strafzölle (vorerst) ausgesetzt.

Die jetzt erreichte vorläufige Abmachung zwischen der EU und den USA umfasst wohl auch ein gemeinsames Vorgehen gegen China hinsichtlich Ideen- und Produktpiraterie.

Das hauptsächliche Stoßrichtung von Trump richtet sich gegen China. Das deutsche Handelsvolumen mit China lag 2017 20 Mrd. Euro über jenem mit den USA. Die EU hat nun die Wahl – will sie einen Handelskrieg mit den USA oder einen mit China.

Die von den USA angekündigten Strafzölle betreffen chinesische Importe im Umfang von rund 60 Mrd. Dollar. Innerhalb von 15 Tagen soll jetzt eine Liste mit vorgeschlagenen Zöllen veröffentlicht werden. Die Maßnahmen sollen dann dreißig Tage später in Kraft treten, wenn mögliche Verhandlungen keinen Erfolg bringen. Außerdem soll innerhalb der nächsten 60 Tage eine Liste mit Beschränkungen für chinesische Investitionen in den USA erarbeitet werden.

China hat im Gegenzug Strafzölle auf US-Importe im Volumen von 3 Mrd. Dollar angekündigt. Die Reaktion ist insoweit moderat. Chinesische Offizielle sagten, sie wollten Trump Gegelegneheit geben, seinen Fehler zu überdenken. Wenn das Land wirklich zurückschlagen wollte, würde es u.a. die US-Importe von Sojabohnen und Autos mit zusätzlichen Zöllen belegen. Von den Strafzöllen auf Aluminium und Stahl ist das Land kaum betroffen (siehe hier).

Was nicht gesagt wurde: China könnte die im Laufe der zurückliegenden Jahre zum Zwecke der Schwächung der eigenen Währung in Bezug auf den Dollar angehäuften amerikanischen Staatsanleihen verkaufen. Das würde die langfristigen US-Zinsen hoch treiben, den Dollar drücken und die eigenen Währung stärken. Wenn das Land zu diesem Mittel greifen würde, müsste es zugleich aber auch erhebliche Handelsschranken gegenüber den USA errichten. Das Land verfügt aktuell über 3,1 Bill. Dollar an ausländischen Währungsreserven, im Juni 2014 wurde mit vier Bill. Dollar ein Allzeithoch markiert.

Schätzungen besagen, dass die in 2017 von China in die USA exportierten Güter im Umfang von 506 Mrd. Dollar etwa 2,5% zum chinesischen BIP beitragen. Die jetzt von der Trump-Administration angekündigten Maßnahmen würden also lediglich etwa 0,25% des BIP betreffen.

Seit 30 Jahren werden immer wieder staatlich subventionierte Billigprodukte aus Fernost beklagt. Die Welthandelsorganisation (WTO) hat frühzeitig Regularien etabliert, um gegen solche Praktiken vorzugehen: Wenn ein Land einem anderen Dumping nachweist, darf es deutlich über dem WTO-intern vereinbarten Satz für betroffene Produkte liegende Anti-Dumping-Zölle erheben. Die jüngere Geschichte der Strafzölle hat aber stets gezeigt, dass China immer Wege gefunden hat, diese zumindest teilweise zu umgehen. Jüngst hat eine Studie ergeben, dass Handelsbeziehungen zwischen China, den USA und Drittländern immer dann deutlich zunahmen, wenn die USA Strafzölle gegen China verhängte: „Wenn an der Hauptstraße die Zollschranke fällt, dann endet nicht der Handel, sondern die Schleichwege boomen“.

Mehr als 85% des Außenhandels der EU finden nicht mit den USA, sondern mit anderen Mitgliedsländern der WTO statt. Wird eine bilaterale Vereinbarung zwischen EU und USA erzielt, wird die WTO insgesamt geschwächt. Kleinere Länder haben dann kaum noch Möglichkeiten, sich gegen die Strafzölle der USA zur Wehr zu setzen.

Die unmittelbaren wirtschaftlichen Konsequenzen der jetzt angekündigten Strafzölle mögen gering erscheinen. Sie haben aber nicht zuletzt in den USA eine inflationsfördernde Wirkung und wirken wie eine Steuer auf aus den betroffenen Ländern importierte Güter. Damit bezahlt die amerikanische Bevölkerung letzten Endes einen guten Teil dieser Strafzölle. Die Inflation bekommt einen Schub, davon sind die unteren Einkommensschichten mit hoher Konsumquote besonders betroffen. Tendenziell wirken Handelsschranken auf betroffene Firmen zunächst wie ein warmer Subventionsregen, sorgen aber über den Tag hinaus dafür, dass der Druck abnimmt, wettbewerbsfähig zu bleiben. Das führt zu relativ höheren Kosten und damit meist auch zu (weiter) steigenden Preisen.

Über die unmittelbaren wirtschaftlichen Konsequenzen hinaus etabliert sich in den internationalen Beziehungen eine politische Richtung, in der die nach dem zweiten Weltkrieg unter Federführung der USA geschaffenen Institutionen nach und geschleift werden. Der bisher hier ausgetragene „geräuschlose“ Kampf um Einflusssphären und Verteilung des globalen Vermögens, auch „Freihandel“ genannt, wird ersetzt durch offenes Machgehabe und Säbelrasseln. Das wird untermauert durch die jüngste Personalentscheidung in Washington: Trump wird den als gemäßigt geltenden McMasters durch den Hardliner Bolton ersetzen. Der neue Sicherheitsberater hatte vor kurzem schon mal für einen Präventivschlag in Nordkorea plädiert und gilt als Gegner des mit dem Iran geschlossenen Nuklearabkommens.

Es ist davon auszugehen, dass der Kampf um die Verteilung des Wohlstands in Zeiten nachlassenden Wirtschaftswachstums intra- wie international härter wird und offener ausgetragen wird. Dass dadurch die Gefahr schwerer kriegerischer Auseinandersetzungen wächst, liegt auf der Hand.

Freihandel in dem bisher praktizierten Sinn ist zwar die geräuschlosere Alternative, sie liefert aber genauso wenig wie ein freier nationaler Markt automatisch das bestmögliche Resultat für alle Beteiligten. Nötig ist in allen Fällen ein fester Ordnungsrahmen, aber der existiert auf internationaler Ebene noch weniger als auf nationaler. Deutsche Politiker sollten sich dabei nicht als Freihandels-Apostel aufspielen. „Unsere“ enormen langjährigen Leistungsbilanzüberschüsse zeugen nicht von einem ausgeglichenen Handel mit den Partnern – dem durch die Eurokrise gedrückten Euro sei Dank.

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