Rettet die Deutsche Bank!

Unsere schöne Deutsche Bank ist in Gefahr – die Amis drohen eine völlig überzogene Strafzahlung an. Furchtbar, nicht auszudenken, wenn etwa der türkische Demokrat Erdogan die Situation nutzt und bei dem renommierten Geldhaus einsteigt. Ein Putsch der besonderen Art…

Der Aktienkurs der Deutschen Bank ist innerhalb von zehn Jahren um rund 90% gefallen. Die Marktkapitalisierung lag 2006 bei 53,2 Mrd. Euro, im Tief 2008 bei knapp 16 Mrd. Euro, 2015 kam sie wieder auf über 31 Mrd. Euro, aktuell ist sie abgestürzt auf rund 18 Mrd. Euro. Das Geldhaus machte im vergangenen Jahr 6,8 Mrd. Euro Verlust, für etwa 5,2 Mrd. Euro mussten Rückstellungen für die vielen anhängigen Rechtsstreitigkeiten gebildet werden. Das Kerngeschäft läuft schlecht, das vierte Quartal 2015 war eines der schwächsten seit Jahren. Im Investmentbanking gingen die Erträge im Vergleich zum Vorjahr um 30% zurück, das Privatkundengeschäft schrumpft.

Es darf bezweifelt werden, dass sich die beiden Geschäftszweige zügig erholen angesichts der tiefen Einschnitte im Investmentbanking und der Pläne, mehr als 200 Zweigstellen abzustossen. Außerdem soll die Postbank verkauft werden, auch das bedeutet weniger Geschäft. Ist das Gesundschrumpfen? Bleiben Transactionbanking und Vermögensverwaltung – beide Sparten arbeiten zwar profitabel, sind aber nach Meinung von Analyst Michael Seufer nicht in der besten Verfassung. Alles in allem erscheint ihm die Entwicklung sehr unsicher. Den Buchwert (Bilanzsumme minus Schulden) taxierte er im ersten Quartal 2016 auf rund 38 Euro pro Aktie (insgesamt 1,4 Millionen), das Eigenkapital kommt mithin auf gut 50 Mrd. Euro. Der Aktienkurs liegt mit aktuell rund 11,60 Euro weit unter dem Buchwert.

Die Deutsche Bank kommt in der Weltrangliste der größten Banken laut Bloomberg nicht mal mehr unter die ersten hundert. Das Feld wird von Wells Fargo angeführt mit einer Marktkapitalisierung von rund 250 Mrd. Dollar. Die Deutsche Bank kommt auf sieben Prozent davon, dennoch gilt sie vielen Beobachtern, zuletzt auch dem IWF, als gefährlichste und gefährdeste Bank der Welt. Dieses Prädikat hatte die japanische Bankenaufsicht dem Institut schon vor Jahren verliehen. Die Deutsche Bank hat eine starke Ausrichtung auf den globalen Derivatemarkt im Volumen von rund 550 Bill. Dollar. Sie liegt hier etwa gleichauf mit den größten US-Banken, diese stehen aber deutlich solider da.

Jetzt rächt sich, dass die Bankenaufsicht der Eurozone nach 2008 einen Schmusekurs mit den europäischen Banken eingeschlagen hat. Das Bankensystem gilt hier immer noch als völlig überdimensioniert im Vergleich zu dem etwa in den USA. Das Verhältnis der Bank-Assets zum BIP kommt für die EU auf 2,2, die USA erreichen gerade einmal 0,96. „Völlig überdimensioniert“ heißt „besonders gefährlich“. Die Zahlen stammen von 2012/2013 – im Grundsatz hat sich an den Verhältnissen bis heute wenig geändert. Außer, dass die Bankenaufsicht auf die EZB übergegangen ist – ein Unding, dass Aufsicht und geldpolitische Zentralgewalt in einer Instutution vereint sind.

Wenn die Deutsche Bank tatsächlich die geforderte Strafe von 14 Mrd. Dollar berappen müsste, wäre das angesichts des aktuellen Börsenwerts wie auch des Eigenkapitals eine schwere Belastung. Selbst wenn sich die Strafe halbiert, wie in der vergangenen Woche zeitweise gerüchtet, würde das Geldhaus wohl nicht um eine Kapitalerhöhung herumkommen, denn das wäre deutlich mehr als insgesamt für Rechtsstreitigkeiten zurückgestellt wurde.

Schon wird nach dem Retter gerufen und das soll ein weiteres Mal der Staat sein. Ein Geldhaus bringt sich mit illegalen und illegitimen Machenschaften an den Rand des Ruins – und soll nun gerettet werden? Abgesehen davon, dass das eine Ermunterung für alle anderen schrägen Gestalten in der internationalen Bankenszene darstellt, es munter weiter so zu treiben wie bisher, was soll das bringen? Der Steuerzahler greift dem Laden unter die Arme und dann? Geht es dann so weiter wie bisher? Der deutsche Staat hat schon eine Bank „an der Backe“.

Ein Alexander Görlach ruft in der Wirtschaftswoche zur Rettung der Deutschen Bank auf und hält Hilfsgelder vom Steuerzahler für die Bank für eine gute Idee. Die Bank sei der Inbegriff des Bankings für jeden, der in Deutschland aufgewachsen ist, das einzige Bankhaus, das wie die Deutsche Bahn und die Deutsche Post in engem Zusammenhang mit der Marke Deutschland steht und davon profitiert – Made in Germany eben. Außerdem würden die im Bundestag vertretenen Parteien riskieren, dass die AfD bei einem Kauf der Deutschen Bank durch die Türkei bei 40% steht. Da das aber kaum der Wille der Volksvertreter sein könne, müsse der Staat als Akteur auftreten.

Der Fall „Deutsche Bank“ wird zum Test für die Grundsätze der Bankenunion. Demnach stehen Kreditgeber und Anteilseigner vorrangig in der Verantwortung. Der größte Einzel-Aktionär ist mit 5,8% BlackRock. Es folgen drei weitere mit jeweils rund 3%. Und wenn Erdogan einsteigen möchte – bitteschön! Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er auch keine andere Geschäftspolitik betreiben würde als in den Jahren zuvor. Vielleicht würde er dafür sorgen, dass in den Filialen neben allen möglichen Finanzdienstleistungen auch Kopftücher angeboten würden. Das brächte das Geldhaus sogar der Realwirtschaft wieder näher.

Das einzige Interesse, das der deutsche Steuerzahler in der Causa „Deutsche Bank“ haben sollte, wäre, dieses Risiko so schonend und so schnell wie möglich zu beseitigen.

Ergänzung:
Nach einer Umfrage sind mehr als zwei Drittel der Deutschen dagegen, dass die Bank mit Steuergeldern herausgehauen wird.

Nachtrag:
(17.10.16) Ein CDS-Spread gibt Auskunft über die Kosten, die bei der Versicherung einer Forderung entstehen. Für die Deutsche Bank kann er hier eingesehen werden.
(23.12.16) Der Finanzkonzern und die US-Behörden haben sich geeinigt: Die Bank zahlt 3,1 Mrd. Dollar an Zivilbuße. Hinzu kommen 4,1 Mrd. Dollar an finanziellen Erleichterungen für US-Kreditnehmer, die über mehrere Jahre gestreckt werden. Die Deutsche Bank gilt dem Vernehmen nach als bedeutender Kreditgeber für Firmen aus dem Geflecht des designierten US-Präsidenten Trump. Eine Kapitalerhöhung dürfte damit nicht unmittelbar vonnöten zu sein – das wäre ein schwieriges Unterfangen geworden angesichts auch der italienischen Bankenkrise.

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