S&P 500 und DAX – was sagen die Charts?

Ich nehme die Kursverläufe von DAX und S&P 500 stellvertretend für das, was gegenwärtig an den Aktienbörsen in den entwickelten Ländern passiert. Die großen, übergeordneten Bilder ähneln sich, im Detail gibt es markante Unterschiede.

Der S&P 500 ist der Welt-Leit-Index für Aktien. Also beginnen wir die Betrachtung hier. Am 9. März 2009 wurde mit einem Schlusskurs von 676,53 ein markantes Tief erreicht, von dort aus entwickelte sich der Index im großen Rahmen bis heute stabil aufwärts und hat am 24. Juli 2014 mit einem Schlusskurs von 1987,98 das aktuelle Allzeithoch markiert (Faktor 2,94).

Die Aufwärtsbewegung zerfällt in der kürzeren Betrachtung in zwei Aufwärtskänale. Der erste hielt von Anfang März 2009 bis Ende Juli 2011. Der zweite startete im Oktober 2011 und ist gegenwärtig noch intakt. Er weist dieselbe Steigung wie der erste auf, das Kursgeschehen war aber weniger volatil, wodurch der Kanal enger ist als sein Vorgänger. Er ist aktuell sechs Monate länger als dieser. Anfang Juni überstieg der Kurs den übergeordneten Kanal, jetzt notiert er wieder darin.

Der DAX mag stellvertretend für die Kernländer der Eurozone stehen. Auch bei ihm lässt sich ein übergeordneter Aufwärtskanal ausmachen. Am 9. März 2009 wurde bei einem Schlusskurs von 3692,03 ein markantes Tief ausgebildet. Am 3. Juli 2014 wurde bei 10029,43 das aktuelle Allzeithoch auf Schlusskursbasis verzeichnet (Faktor 2,72).

Auch beim DAX zerfällt die Aufwärtsbewegung in einer kürzeren Betrachtung in zwei Aufwärtskänale. Der erste hielt wie beim S&P 500 von Anfang März 2009 bis Ende Juli 2011. Der zweite startete ebenfalls im Oktober 2011, wurde aber vor einigen Tagen gebrochen. Er wies dieselbe Steigung wie der erste auf. Mitte November 2013 überstieg der DAX-Kurs den übergeordneten Kanal, jetzt notiert er wieder deutlich unter dessen Oberseite.

Die Investment-Legende Bob Farrell sagte einmal, der Marktverlauf ist langfristig wie ein Gummiband – wird es stark in eine Richtung ausgelenkt, schwingt es nach dem Loslassen in die andere.

Nehmen wir als Stellvertreter für dieses Gummiband die Lage der linearen Regression seit dem Hoch der Aktienmärkte im Oktober 2007, so lag der Kurs von DAX, sowie vom S&P 500 sowohl an den 2011er Hochs als auch an den zurückliegenden aktuellen Allzeithochs jeweils zwischen 16 und 18% über den jeweiligen Regressionsgeraden.

Die Regressionsgerade im S&P 500 hatte Ende Juli 2011 bei rund 1150 notiert, der Index erreichte im Tief danach 1100 Punkte. Damit hatte er das „Gummiband“ nur knapp unterboten, was für eine gewisse Stärke des Index spricht. Aktuell liegt die Regressionsgerade bei knapp 1700. Legt man das Verhalten aus 2011 zugrunde, wäre ein Zielbereich von etwa 1600 zu erwarten. Nicht weit darunter notiert aktuell die Unterseite des langen, übergeordneten Aufwärtskanals (um 180 Punkte pro Jahr steigend).

Die Regressionsgerade im DAX stand im Juli 2011 bei rund 6400, der Index erreichte im Tief danach 5100. Damit hat er bezogen auf die Regressionsgerade genauso untertrieben wie er zuvor übertrieben hatte. Diese im Vergleich zum S&P 500 relative Schwäche dürfte ihren Grund in der damals virulenten Euro-Krise haben. Am aktuellen Allzeithoch notierte die Regressiongerade bei etwa 8400. Sollte sich der Index wieder genauso verhalten wie 2011, wäre ein Zielbereich von rund 7000 zu erwarten. Hier verläuft aktuell die Unterseite des langen Aufwärtskanals (um 600 Punkte pro Jahr steigend).

Das „Gummiband“-Analogon hat einiges für sich. Die lineare Regressiongerade liefert dafür eine recht gute graphische Entsprechung. Aus diesem Blickwinkel wird übergeordnet die Unterseite des jeweiligen langfristigen Aufwärtskanals ins Visier genommen. Sie liegt im S&P 500 etwa 20% unter dem aktuellen Allzeithoch, beim DAX sind es gut 30%. Aus Sicht eines sehr langfristig orientierten bullischen Anlegers wäre damit immer noch nichts angebrannt – so lange der Aufwärtskanal nicht signifikant nach unten aufgelöst wird.

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Anmerkung:
Dr. Martin Hüfner, Assenagon, beschäftigt sich in seinem aktuellen Wochenkommentar unter dem Titel “Das August-Trauma an den Aktienmärkten“ mit der Frage, ob sich die Geschichte von 2011 im DAX wiederholt. Wenn sie sich wiederholt, so müsste der DAX bis auf einen Indexstand von 7000 zurückgehen, schreibt Hüfner und rät zum Einbau von Sicherheiten ins Depot. Er sieht damit aber kein Ende der langfristigen Aufwärtsentwicklung an den Aktienmärkten. Auch nach dem Intermezzo in 2011 sei die Hausse weitergegangen.

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