Inflationserwartungen sinken

Die Kurse für „Inflation linked EuroBonds“ stürzen seit Mitte August ab, zuletzt sind sie in den freien Fall übergegangen. „Zuletzt“, das war der 28. Oktober, das Datum des denkwürdigen Gipfeltreffens der Eurozone, als die Hebelei der EFSF beschlossen wurde.

Chart des ETF mit WKN DBX0AM (Abbild des iBoxx Euro Inflation-linked total Return Index):

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Die Kurse liegen jetzt wieder im Bereich des Herbst 2008, dem offenen Ausbruch der Finanzkrise. Der Chart zeigt auch, dass die Schwäche nicht erst im August begann. Bereits Ende Mai hatte der ETF/Index sein Hoch markiert, die zweite Spitze Mitte August bestätigte es.

Im Kursverlauf spiegeln sich zwei Faktoren wider, einerseits die Flucht aus europäischen Staatsanleihen, andererseits sehen die Anleger offenbar aber auch keine gesteigerte Veranlassung mehr, sich gegen Realwertverlust von Anlagen in Festverzinslichem abzusichern. Was wiegt schwerer?

Die Gegenüberstellung von ETF-Kursverläufen ohne Inflations-Bezug (oben – iBoxx Euro total Return Index) und mit (unten – iBoxx Euro Inflation-linked total Return Index) zeigt: Der Index mit Inflationsbezug hat sich seit Anfang Juni um gut 12% vermindert, der ohne jedoch nur um rund vier Prozent. Der „Inflations-Anteil“ an der Kursentwicklung wiegt also deutlich schwerer. Die Aussage: Anleger rechnen mit sinkender Inflation.

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Die aktuellen Kurse von Zero Coupon Inflation Swaps (Euro) zeigen das gleiche Bild. Bis fünf Jahre liegen sie um 1,8% nach über 2,2% im Frühjahr.

Auch die aus Renditen und Goldpreisverlauf ermittelte Inflationserwartung liegt unter dem Wert von Juni, der das Verlaufshoch seit September 2007 darstellt.

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Die neuesten Inflationsdaten aus den USA stützen dieses Bild. Im Oktober sind der PPI und der CPI gesunken. Ein Kranich am Himmel macht noch keinen Winter, aber der Tempoverlust im PPI seit Mai ist unverkennbar.

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Anti-Inflations-, bzw. Deflationspotenzial 1: In Europa lauert die Gefahr einer Kreditklemme. Um die neuen regulatorischen Anforderungen der EU-Bankenaufsicht zu erfüllen, bleibt den europäischen Banken neben Kapitalerhöhungen nur die Schrumpfung der Bilanzsummen. Morgan Stanley schätzt, dass die europäischen Banken ihre Verschuldung um 1,5 bis 2,5 Bill. Euro in den kommenden 18 Monaten abbauen müssen.

Anti-Inflations-, bzw. Deflationspotenzial 2: Der Anstieg im iBoxx Euro total Return Index Ende Juli als Flucht vor dem damaligen Hickhack um die US-Schuldenobergrenze in die vermeintlich sicheren Häfen euopäischer Staatsanleihen bringt die Verschuldungsproblematik der USA in Erinnerung. Sie ist angesichts der Eurozonen-Krise etwas aus dem Blickfeld geraten – sollte sie aber nicht. Das 12-köpfige Super-Komitee des US-Kongresses muss bis zum 23. November ein Einsparvolumen von 1,2 Bill. Dollar für den US-Staatshaushalt zustande bringen. Selbst wenn das gelingt, was von vielen bezweifelt wird, muss es dann auch noch den Kongress passieren. Und hier „lauert“ die Tea-Party und damit ein ähnliches Desaster wie Ende Juli/Anfang August.

Aktueller Schuldenstand der USA 15 Bill. Dollar, 1 Bill. Dollar über dem Stand vom Jahresbeginn, Schuldenquote in Bezug auf das BIP fast 100%.

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