Technik

Hier finden Sie Erörterungen hinsichtlich verwendeter "technischer Konzepte". Dabei geht es nicht so sehr um "Formeln", sondern um die Überlegungen dahinter. Was "Formeln" bekannter und weniger bekannter Indikatoren der Charttechnik angeht, sei auf Incredible Charts verwiesen. Die viel verwendeten Indikatoren MACD, RSI und Stochastik, aber auch die Kurtosis werden auf Deutsch z.B. hier besprochen.


Vier Marktphasen

Dow-Theorie

Bollingerbänder - Theorie

Bollingerbänder - Praxis

Gleitende Durchschnitte - Theorie

Gleitende Durchschnitte - Praxis

Kerzen und Dochte

Rauschen

Normalverteilung

Preisbildung - ein nicht-lineares System

Linienkonstrukte in Charts


Investment-Legenden: Bob Farrell

Investment-Legenden: Benjamin Graham

Trader-Legenden: Dennis Gartmann



Vier Marktphasen

Vier Marktphasen


1. In der Phase der Bodenbildung bewegt sich der Kurs zwischen Unterstützung und Widerstand seitwärts und oszilliert um langfristige gleitende Durchschnitte und zwischen ihnen. Statt einer Rechteckformation kann gegen Ende der Bodenbildungs-Phase auch ein Aufwärts-Dreieck oder ein abwärts gerichteter bullischer Keil auftreten. Anzeichen von Akkumulation mit abnehmendem Volumen bei Abwärtsbewegungen und zunehmendem bei Aufwärtsbewegungen verstärken sich gegen Ende dieser Phase.

2. In der Aufwärtsphase respektieren die Kurse langfristige gleitende Durchschnitte von oben, der Volumenverlauf unterstützt mit steigendem Volumen auf dem Weg nach oben und sinkendem Volumen bei Korrekturen. Immer mehr Anleger nehmen an der Kursbewegung teil. Das Ende dieser Phase wird auch als "spekulativer Exzess" bezeichnet, der in die Topp-Bildung überleitet.

3. In der Phase der Topp-Bildung bewegt sich der Kurs zwischen Unterstützung und Widerstand seitwärts. Er oszilliert um langfristige gleitende Durchschnitte, jetzt aber mit größerer Volatilität als bei der Bodenbildung. Normalerweise steigt das Volumen zunächst noch bei Angriffen auf Widerstände an, im weiteren Verlauf sinkt es dann aber. Umgekehrtes ist in der Nähe von Unterstützungen zu beobachten. Trocknet das Volumen jedoch allmählich aus, wird ein Ausbruch aus der Seitwärtsbewegung nach oben wahrscheinlich, was zur Wiederaufnahme der Aufwärtsbewegung führt. Statt einer Rechteckformation kann gegen Ende der Topp-Bildungs-Phase auch ein Abwärts-Dreieck oder ein aufwärts gerichteter bärischer Keil auftreten.

4. Wenn unter hohem Volumen wichtige Unterstützungen gebrochen werden, beginnt die Abwärtsphase. Die Kurse respektieren langfristige gleitende Mittelwerte von unten, das Volumen steigt mit fallenden und sinkt mit steigenden Kursen.

Für die Übergänge zwischen den einzelnen Phasen ist typisch, dass die Kurse heftig um langfristige gleitende Durchschnitte oszillieren, das Ende der Bodenbildungsphase liegt zudem in der Nähe des 62er Retracements des Impulses vom Tief bis zum Ende der Aufwärtsphase.


Dow-Theorie

Charles Dow hat gegen Ende des 19. Jahrhunderts den Grundstein für die technische Analyse von Aktien-Indices gelegt. Er stellte auf Tagesschlusskurse ab, intraday-Bewegungen galten für ihn als Rauschen. Die Eckpfeiler seiner Theorie sind:
(1) Die Kursstände der Indizes spiegeln alle Faktoren wider, die Angebot und Nachfrage beeinflussen. Eine Fundamentalanalyse erübrigt sich damit.
(2) Märkte haben drei Trends, einen primären (langfristigen), einen sekundären (mittelfristigen) und einen untergeordneten (kurzfristigen) Trend. Ein Aufwärtstrend ist dadurch bestimmt, dass jedes neue lokale Hoch höher liegt als das Hoch zuvor und jedes neue lokale Tief höher liegt als das Tief zuvor.
(3) Primär-Trends bestehen aus drei Phasen. In der Bodenbildung entsteht neues Vertrauen in die geschäftliche Zukunft, clevere Anleger steigen ein (Akkumulationsphase). Die zweite Phase wird getragen von der Reaktion der Kurse auf bekannt werdende Verbesserungen der Gewinnsituation der Unternehmen. In dieser Partizipationsphase springen immer mehr Anleger auf den Kurszug auf. In der dritten Phase wuchert die Spekulation, Kurse werden v.a. von Hoffnungen und Erwartungen getrieben. In diesem "spekulativen Exzess" steigen immer mehr uninfomierte Anleger ein. Das "Smart Money" der ersten Stunde verkauft hingegen nach und nach (Distributionsphase).
(4) Die Indizes müssen sich gegenseitig bestätigen, d.h. der Dow Jones Index und der Dow Transportation Index müssen zeitnah ein Signal in die gleiche Richtung geben.
(5) Das Volumen muss den Trend bestätigen. Bei einem Aufwärtstrend soll das Volumen mit steigenden Kursen anziehen (und umgekehrt).
(6) Die Wahrscheinlichkeit spricht zunächst dafür, dass sich der etablierte Trend fortsetzt. In Anlehnung an die Physik spricht Dow vom Beharrungsvermögen, bzw. von Trägheit der Indizes.
(Nach John Murphy: Technische Analyse der Finanzmärkte)


Bollingerbänder - Theorie

Bollingerbänder sind ein in den frühen 1980er Jahren von John Bollinger entwickeltes technisches Werkzeug. Es trägt dem Bedarf nach sich adaptierenden Trading-Bändern Rechnung und setzt die damals neue Erkenntnis um, dass die Volatilität keine statische Größe ist. Bollingerbänder helfen bei der Auswertung von Kursverläufen, Marktindikatoren, auch Makrodaten.

Das obere Bollingerband entsteht durch Addition von einfachem Mittelwert und Standardabweichung (Streubreite). Entsprechend ergibt Mittelwert minus Standardabweichung das untere Band. Mit der 1-fachen Standardabweichung werden rund 68 Prozent ("BB68"), mit der 1,65-fachen etwa 90 Prozent ("BB90"), mit dem 2-fachen etwa 95 Prozent der Kurse umschlossen ("BB95"). Häufig verwendete Parameter sind 20 Tage und 2-fache Standardabweichung. Da nur die Betrachtung beider Bänder zusammen Sinn macht, fasse ich beide Teilbänder zu einem zusammen und spreche dann von oberer oder unterer Hälfte des Bollingerbandes.

Häufig werden zwei Kennzahlen abgeleitet. Die "Bandbreite" ergibt sich als Quotient aus der Breite des Bollingerbandes und dem zugehörigen Durchschnitt. "%b" gibt an, wo der letzte Preis in Bezug auf das Bollingerband steht. Zur Berechnung wird die Differenz zwischen letztem Kurs und unterer Grenze des Bollingerbandes durch seine Breite dividiert.

"Im Prinzip" ist es unzulässig, vom Bollingerband auf die Kursentwicklung zu schließen - es sei denn, man unterstellt eine im statistischen Sinn stabile Situation. Dann kann mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der Kurs dazu tendiert, die Verhältnisse fortzuschreiben, die zu seiner bisherigen Bewegung geführt haben. Ich drücke mich bewusst so kompliziert aus, weil damit nicht zwangsläufig gemeint ist, dass der Kurs die eingeschlagene Richtung fortsetzt.

Stichwort "im statistischen Sinn stabile Situation": Die "Funktionsfähigkeit" von Bollingerbändern ist, wie bei vielen anderen statistischen Verfahren auch, daran geknüpft, dass die untersuchte Zeitreihe Mandelbrots "mildem Zufall" genügt (Normalverteilung). Im "wilden Zufall" (z.B. starke Rückkopplung, s.u.) sind sie nur eingeschänkt brauchbar. Ein Hinweis auf "wilden Zufall" ist gegeben, wenn die Zeitreihe preislich signifikant aus dem Bollingerband (BB90 oder BB95) herausspringt.


Bollingerbänder - Praxis

Aus der Orientierung, der Entwicklung der Breite, sowie der Lage des Kurses im Band lassen sich folgende Aussagen ableiten: Wenn sich das Band in ingesamt horizontaler Ausrichtung zusammenschnürt, steht eine starke Kursbewegung bevor (Volatilitäts-Ausbruch). Wird innerhalb eines seitwärts laufenden Bollingerbandes ein Boden oder ein Topp kurzfristig wiederholt, so ist eine Trendwende zu erwarten. Eine flache Bandgrenze fungiert eher als dynamischer Widerstand, eine nicht-horizontale wirkt eher als Attraktor. Ein Ausbruch aus dem Bollingerband lässt eine weitere Bewegung in Ausbruchsrichtung erwarten.

Erweitert sich das Bollingerband in einer klar steigenden oder fallenden Orientierung, so ist mit einem Fortgang der Bewegung zu rechnen. Verengt es sich bei klarer Abwärtsausrichtung und liegt der Kurs nahe am unteren Rand, so ist eine Aufwärtswende wahrscheinlich. Verengt es sich bei klarer Aufwärtsausrichtung und liegt der Kurs nahe am oberen Rand, so ist eine Abwärtswende wahrscheinlich.

Manchmal hilft eine bildliche Vorstellung: Das Bollingerband kann mit einem Schlauch verglichen werden. Wird der z.B. verengt, muss der Druck in ihm entweichen. Wohin, hängt von der Orientierung des Schlauchs ab, der Druck sucht den Weg des geringsten Widerstandes.

Auf dieser Web-Seite wird an verschiedenen Stellen ein Bollingerband (i.d.R. elf Werte und 1,65fache Standardabweichung - BB90) eingesetzt, um die kurzfristige Bewegungsrichtung (kB) abzuschätzen. Gewöhnlich erfolgt die Darstellung in einem kleinen Chartfenster links oben auf größeren Charts. Siehe z.B. "Chart in Chart" bei den Prognosecharts oder auch bei den Charts des ETF-Portfolios. In der oberen rechten Ecke des Bollinger-Charts wird mittels "up", "n+", "nt", "n-", bzw. "dw" die kurzfristig zu erwartende Richtung aufgezeigt. Die beiden Extreme "UP", bzw "DW" zeigen an, dass das Geschehen vom "milden" in den "wilden" Zufall übergehen könnte (s.o.).


Gleitende Durchschnitte - Theorie

Gleitende Durchschnitte spielen im Rahmen der Analyse von Preisbewegungen eine wichtige Rolle. In der Finanzindustrie hat sich dabei eine streng genommen falsche Anwendung durchgesetzt, der errechnete Durchschnittswert für ein gegebenes Fenster einer Zeitreihe wird an dessen aktuelles Ende gesetzt. Richtig wäre es, den Durchschnittswert in der Mitte des Fensters zu notieren.

Gleitende Durchschnitte dienen zur Glättung einer Zeitreihe, sie sollen im weitesten Sinne zufällige Störungen in den Daten unterdrücken (siehe Rauschen). Die Glättung ist insbesondere bei Zeitreihen ohne erkennbares systematisches Muster sinnvoll. Exponentielle Durchschnitte sind vorzuziehen, denn die Werte einer Zeitreihe haben mit zunehmender Aktualität ein höheres Gewicht.

Insbesondere bei Vorliegen eines linearen Trends liefern einfache gleitende Durchschnitte nachschleppende Ergebnisse. Diese Eigenschaft gilt abgeschächt auch für die exponentielle Glättung. Der Effekt wird verstärkt, wenn der Mittelwert am aktuellen Rand des Fensters notiert wird. Umgekehrt gilt: Je schwächer der lineare Trend, je weniger verzögert sind die Signale, die mit der Auswertung gleitender Durchschnitt gewonnen werden können.


Gleitende Durchschnitte - Praxis

Exponentielle gleitende Durchschnitte (EMA) haben zunächst wie statische Pegel und Trendlinien eine Funktion als Widerstände, bzw. Unterstützungen. Darüber hinaus sagt die Lage des Kurses in bezug auf die EMAs etwas über die Trend-Stärke im verschiedenen Zeitebenen aus.

Die folgende dynamische Betrachtung gilt für den bullischen Fall, für den bärischen gilt alles spiegelbildlich. Die EMA14 ist der Testfall für den kfr Trend, liegt der Kurs darüber, ist alles in Ordnung. Kurse zwischen der EMA14 und der EMA50 sind im Sinne des kfr Trends neutral. Im Falle einer kurzfristigen Konsolidierung steigt der Kurs nach deren Abschluss von der EMA50 (dynamisch). Solange die Kurse über der EMA50 bleiben, ist der mittelfristige Trend "gesund". Die Zone zwischen der EMA50 und der EMA200 ist bezogen auf den mittelfristigen Trend neutral. Hier konsolidiert der Kurs entweder, um danach von der EMA200 aus (dynamisch) zu steigen, oder es wird ein Reversal vorbereitet. Fällt der Kurs unter die EMA200, ist das ein Hinweis darauf, dass der Bär los ist.

Aus der Zuordnung verschieden langer EMAs lassen sich folgende Markt-Zustände ableiten: Die ideal-bullische Zuordnung (technischer Bull-Markt) ist EMA14>EMA50>EMA200, im ideal-bärischen Fall gelten genau die umgekehrten Relationen (technischer Bär-Markt). Fällt die EMA14 ausgehend vom ideal-bullischen Fall unter die EMA50, steht dieser auf dem Prüfstand; dasselbe gilt im ideal-bärischen Zustand, wenn die EMA14 über die EMA50 steigt.

Die EMA50 wird von institutionellen Anlegern stark beachtet. An Stelle der EMA14 ist auch die EMA12 (4*3) interessant, ebenfalls die EMA20. Oftmals gibt die Steigung der EMA-Linien wichtige Hinweise. Nach oben gerichtet zeigen sie bullische Stärke; entsprechend wird auch das "Roll-over" beachtet. Der Abstand des aktuellen Kurses zu EMA-Linien ist ebenfalls ein interessanter Indikator ("Elder-Ray" von Dr. A. Elder).


Kerzen und Dochte

Candle-Charts eröffnen gute Einblicke in die Marktstimmung. Dochte (Tails) bilden die intraday-Kursbewegungen außerhalb des Bereichs zwischen Eröffnungs- und Schlusskurs (Kerzenkörper) ab. Ihre Länge korrespondiert mit der Unsicherheit der Gesamtheit der Akteure. Ob die Unsicherheit aber Zeichen von frühem Mut oder von Angst ist, lässt sich nur im Kontext entscheiden.

Bei einer bullischen Wende etwa zeigen lange untere Dochte den frühen Mut. Hat die bullische Bewegung in der Folgezeit Bestand, werden die unteren Dochte kürzer, der Kerzenkörper wird größer ("solide"). Gegen Ende der Bewegung (vor Pause/Konsolidierung oder Umkehr) nehmen die oberen Dochte zu. Häufig treffen längere Dochte auf wichtige Pegel oder Linien (auch EMAs). Im übertragenen Sinne kann man das einerseits als ein sich "abstützen" auf statischem, bzw. dynamischem Support interpretieren, andererseits als "Sondierung" des voraus liegenden Terrains, der oberhalb liegenden Widerstände. Das Gesagte gilt spiegelbildlich für den bärischen Fall.

Das lässt sich zu folgender einfacher Regel der Candlestick-Methodik verallgemeinern: Lange Dochte auf niedrigem Kursniveau bereiten die nächste Aufwärtsbewegung vor, lange Dochte auf hohem Niveau kündigen die nächste Abwärtsbewegung an.


Rauschen

Die Daten von Zeitreihen enthalten einen systematischen Anteil, sowie einen Stör-Anteil. Dieser spiegelt Einflüsse externer Zeitreihen und zufällige Störungen ("Rauschen") wider. Der Störanteil muss so weit reduziert werden, dass der "Nutzanteil" erkenn- und auswertbar wird.

Eine einfache Methode ist die Glättung des Signals über gleitende Mittelwerte. Entscheidend für ein optimales Ergebnis dieser "Tiefpassfilterung" ist die Fensterbreite. Bei einem zu großen Fenster geht zu viel Nutzanteil verloren, ist es zu klein, werden Störungen nicht genügend unterdrückt. Ein Fenster sollte etwa halb so breit sein, wie die Periode des Nutzsignals. Wie bei Glättungen üblich, wird das Ergebnis nachgeschleppt.

Eine andere Idee zur Rauschreduktion ist das simultane Betreiben von Auswertealgorithmen. Wenn man z.B. Glättungen mit verschieden großen Zeitfenstern simultan auf die gleichen Daten anwendet und die Einzelergebnisse kombiniert, kann daraus eine neue Qualität entstehen. Der MACD ist dafür ein Beispiel, er arbeitet mit zwei verschieden langen EMAs.

Noch weiter verallgemeinert: Es geht darum, verschiedene Auswerteverfahren mit jeweils spezifischen Eigenschaften auf dasselbe Signal anzuwenden und die Ergebnisse zu kombinieren. Ein "Ding" wird nicht nur mit einem Verfahren von einer Seite angeschaut, sondern mit mehreren Verfahren von mehreren Seiten. Ist eine Ansicht gestört ("verrauscht"), ergibt eine andere wahrscheinlich ein klareres Bild.

Von dieser Überlegung wird hier häufig Gebrauch gemacht. Das passt zu dem Ansatz einer ganzheitlichen Betrachtung. So besteht das Analyseverfahren der TimePatternAnalysis aus vier nebeneinander betriebenen Auswertesäulen, deren Ergebnisse im "Screening" zusammengefasst werden. Auch die Marktindikatoren analysieren verschiedene Aspekte mit verschiedenen Verfahren, die Einzelergebnisse werden dann zu einem Scoring (bullisch zu bärisch) zusammengefasst. Intermarket-Korrelationen untersuchen die statistischen Zusammenhänge zwischen verschiedenen Zeitreihen.

Das Problem der Phasenverschiebung, das verzögerte Ergebnis, kann bei Glättungen durch Mittelwertbildung oftmals dadurch reduziert werden, dass der Verlauf des Original-Signals einbezogen wird (Divergenzen).


Normalverteilung

Die meisten Risikomodelle der Banken und Versicherungsunternehmen basieren auf der Annahme der Gaußschen Normalverteilung, der "Glockenkurve". Auch zahlreiche Modelle zur Analyse und Prognose von Preisbildungsprozessen beruhen explizit oder implizit auf bestimmten Annahmen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeitsverteilung der zu untersuchenden Ereignisse. Das ist meist die Normalverteilung.

Die Normalverteilung ist ein wichtiger Typ kontinuierlicher Wahrscheinlichkeitsverteilungen. Sie beruht unter anderem auf dem zentralen Grenzwertsatz, der vereinfacht besagt, dass eine Summe von sehr vielen unabhängigen Zufallsvariablen unter der Voraussetzung angenähert normalverteilt ist, dass jede der unabhängigen Zufallsvariablen nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtheit hat. Das Thema wird hier noch weiter ausgeführt.

In Anlehnung an die drei Aggregatzustände der Materie spricht Benoît B. Mandelbrot von drei Zuständen des Zufalls - mild, langsam und wild. In der Literatur werde nur die mildeste und schlichteste Form des Zufalls besprochen, die Gaußsche Normalverteilung, die traditionellen Risikomodelle spiegeln die Realität nur sehr eingeschränkt wider.

Die extrem ungleichmäßige zeitliche Verteilung der Preisentwicklung ist darauf zurückzuführen, dass die Grundannahmen der Gaußschen Normalverteilung auf die Preisbildungsprozesse in den Finanzmärkten nicht oder zumindest nicht durchgängig anwendbar sind. Eine den Preisbildungsprozessen angepasste Wahrscheinlichkeitsverteilung würde einer Glockenkurve ähneln, an den Enden aber nicht kontinuierlich auslaufen, sondern dort zwei "Ohren" entwickeln.

Wie man mit der Annahme normalverteilter Ereigniss in die Irre laufen kann, lässt sich bei Fed-Analyst J. Wright nachlesen. Er entwickelte 2006 ein Prognosemodell für Rezessionen, das bis einschließlich 2001 die meisten Rezessionen seit Ende des zweiten Weltkriegs richtig vorhersagte. Bei der Rezession 2007 versagte es aber, weil die Häufigkeitsverteilung des kurzen Spreads der Zinskurve seit 1988 signifikant verflacht ist. Weitere Information hierzu: Chart des Wright-Modells, Chart der Häufigkeitsverteilung des kurzen Spreads, Artikel zum Thema.


Preisbildung - ein nicht-lineares System

Die nach dem zentralen Grenzwertsatz für die Normalverteilung geforderte Existenz vieler, voneinander unabhängiger Zufallsvariablen trifft bei der Preisbildung an den Finanzmärkten nicht zu. Vielmehr handelt es sich um ein nicht-lineares System, bei dem sich lineare Trends, zyklische Einflüsse und "zufällige" Störungen ("Rauschen") überlagern.

In seinem stationären Zustand können bestimmte, einfache Regeln beobachtet werden, die Reaktionen des Systems sind gut vorhersagbar. Geringe Veränderungen der Anfangsbedingungen führen nur zu kleinen ("proportionalen") Reaktionen. Es gibt keine sich selbst verstärkende Bewegung, die Rückkopplung des Systems ist negativ.

In anderen Phasen ist der Systemzustand chaotisch. Geringe Variationen der Rahmenbedingungen können zu großen Ausschlägen bei den Resultaten führen. Starke Kursausschläge verstärken sich dann auch noch selbst - die Rückkopplung wird positiv und lässt den Kursverlauf exponentielle Züge annehmen.

Dominieren Trends, wird der Kursverlauf einem Geraden-Verlauf immer ähnlicher. Das kann so weit gehen, dass zyklische Merkmale bei der Preisbildung nur noch eine ganz untergeordnete Rolle spielen. Der aktuelle Einfluss zyklischer Merkmale kann über alle hier analysierte Basiswerte hinweg hier (Chart) verfolgt werden. Wie stark sich lineare Trends aktuell ausprägen, kann hier eingesehen werden. (Zu beachten sind dabei die unterschiedlichen Zeithorizonte der Auswertungen.)

"Leider" lässt sich mit nicht-linearen Systemen nicht so einfach rechnen, wie mit der Gaußschen Normalverteilung. Die TimePatternAnalysis wendet fraktale Methodik, sowie Verfahren der Signalverarbeitung an. Hingegen wird bei den Marktindikatoren, der Intermarket-Analyse und den Makro-Daten häufig traditionelles Handwerkszeug eingesetzt, das letztlich auf der Annahme normal-, oder zumindest gleichverteilter Ereignisse beruht. Das gilt z.B. auch für die Bollingerbänder und sogar für gleitende Durchschnitte. Umgekehrt wird beim kurzfristigen Konsolidierungsband der TimePatternAnalysis (siehe unter "TrackRecord") bewusst keine Gleichverteilung der Kursereignisse unterstellt. Es dient der Bestimmung eines "neutralen Bandes" und geeigneter Stopp-Kurse u.a. für das Money-Management.


Chartlinien

Linien, Kanäle und dergleichen dienen der Strukturierung des Kursverlaufs und sind u.a. wichtige optische Hilfsmittel. In Trendphasen stellt sich dabei häufig folgende Abfolge ein (nachfolgend wird der bullische Fall behandelt):

Die einzuzeichnenden Linienkonstrukte sind zunächst steil, mögliche Kanäle relativ breit (Phase 1). Entwickelt sich die Situation weiter, sinkt die Steigung der Linien, die Kanäle werden schmaler (Phase 2). Dann kommt es zu einem ernsthaften Trendbruch (Phase 3). Wird der oberhalb wichtiger statischer Supports (etwa vormalige signifikante Tiefpunkte) aufgefangen, lassen sich gewöhnlich neue, nun wieder breitere, an früh(er)en Tiefpunkten der Trendentwicklung ansetzende Kanäle einzeichnen, deren Steigung wieder der in der frühen Phase 2 entspricht. Danach wird sich die Situation gewöhnlich so weiterentwickeln wie in Phase 2. Haben wichtige statische Supports in Phase 3 keinen Bestand, geht die Entwicklung zunächst in eine Seitwärts-Bewegung über. Deren Bruch bestimmt die weitere Entwicklung.

Wichtig ist die Abfolge der Steigung der Linienkonstrukte von steil nach flach und, parallel dazu, der Kanalbreite von breit nach schmal. Horizontale Support- und Widerstands-Pegel sind besonders in Phase 3 relevant, oder -generell gesprochen- immer dann, wenn sich die Steigung der dynamischen Linienkonstrukte zu sehr abflacht.

Die Kanalbreite korrespondiert mit der historischen Volatilität - geringe Schwankungsbreite führt zu schmalen Kanälen. Sie steigt bei einem "ernsthaften Trendbruch" (Phase 3) gewöhnlich schnell an. Daher kann umgekehrt der Volatilitätsverlauf auch als Indiz hierfür genommen werden.

Der bärische Fall ist spiegelbildlich zu sehen. Allerdings ist hier der Verlauf der historischen Volatilität nicht ganz so eindeutig, weil diese bei Abwärtsbewegungen grundsätzlich erhöht ist.

Eine interessante Möglichkeit, Trendlinien einzuzeichnen, ergibt sich durch Verbindung kurzer Durchbrüche unter die EMA50. Solche Fehl-Durchbrüche haben eine besondere Relevanz, das gilt auch für die damit konstruierten Linien (Support im bullischen Fall).


Investment-Legenden: Bob Farrell

Bob Farrell schied Ende 1992 als "chief stock market analyst" bei Merrill Lynch & Co aus. Er hat seine herausragenden Fähigkeiten seit dem Zick-Zack-Markt der späten 1960er Jahre über den brutalen Bär-Markt 1973-1974 bis hin zum Oktober-Crash des Jahres 1987 bewiesen. Nachfolgend seine zehn Marktregeln:

1. Märkte tendieren langfristig zur Mitte. Gier und Angst können einem dem Kopf vernebeln und die Perspektive rauben.
2. Übertreibungen in die eine Richtung führen zu Übertreibungen in die andere. Der langfristige Marktverlauf ist wie ein Gummiband - wird es stark in eine Richtung ausgelenkt, schwingt es nach dem Loslassen in die andere.
3. Es gibt keine neue Ära - Übertreibungen überdauern nicht. Wenn das Euphorie-Fieber ansteigt, hört man immer den Chor "Dieses Mal ist es anders". Aber selbst der heißeste Sektor kehrt nach Übertreibung zur Mitte zurück und überschießt dann in die andere Richtung. Das ist die menschliche Natur.
4. Exponentiell steigende oder fallende Märkte können weiter gehen als man gemeinhin denkt. Aber sie bauen ihre Übertreibung nicht seitwärts ab. Gewinne werden durch Verkaufen realisiert, also erfolgt eine signifikante Korrektur.
5. Die Masse kauft das meiste am Topp und das wenigste am Boden. Das ist der Grund, warum "Contrarians" erfolgreich sind, wenn sie die Sentiment-Indikatoren mit gutem Timing beachten.
6. Angst und Gier sind stärker als langfristige Entwicklung. Menschliche Emotionen sind vielleicht der größte Feind eines erfolgreichen Investierens.
7. Märkte sind am stärksten, wenn sie breit sind und am schwächsten, wenn sie so eng sind, dass sie nur noch von einer Hand voll Aktien getrieben werden.
8. Bär-Märkte haben drei Stufen - stark abwärts, Gegenreaktion und einen quälend langen, "depressiven" Abwärtstrend hin zu akzeptablen Bewertungen.
9. Wenn alle Experten und Prognosen übereinstimmen, passiert etwas anderes. Wenn jeder optimistisch ist, wer bleibt noch übrig, um zu kaufen?
10. Bull-Märkte sind lustiger als Bär-Märkte. Das gilt besonders für "long-only"-Investoren oder solche, die per Mandat voll investiert sein müssen.


Investment-Legenden: Benjamin Graham

Der „Vater des „Value Investing“, Benjamin Graham, schrieb einmal, Märkte seien kurzfristig eine Wahlmaschine und langfristig eine Waage. Kurzfristig (auf Sicht von vielleicht drei Monaten) sind Märkte getrieben von Kursmomentum und Stimmungen. Langfristig (auf Sicht von ein bis zwei Jahren) wägen sie die Substanz eines Unternehmens ab und treffen danach die Entscheidung für Kauf oder Verkauf. Mittelfristig wirken mögliche positive und negative Überraschungen bei Unternehmens- und sonstigen wirtschaftlich relevanten Entwicklungen. Die bei Enttäuschungen steigende Volatilität führt zu vorsichtigerem Handeln, tendenziell zu Gewinnmitnahmen und damit zu verhaltener Kursentwicklung.


Trader-Legenden: Dennis Gartmann

(1) Niemals, nie verstärke eine Verlust-Position
(2) Trade wie ein Landsknecht - pragmatisch
(3) Das Festhalten an Verlust-Positionen reduziert reales, wie insbesondere das mentale Kapital
(4) Wir kaufen hoch und verkaufen höher - wir sind nicht in dem Geschäft, tief zu kaufen und hoch zu verkaufen
(5) In Bull-Märkten soll man long oder neutral sein, in Bärmärkten short oder neutral
(6) Märkte können länger irrational sein als man solvent bleiben kann (nach Keynes)
(7) Kaufe, was die größte Stärke zeigt, verkaufe, was die größte Schwäche zeigt
(8) Denke wie ein Fundamentalist, handele wie ein Techniker. Sei bullisch oder bärisch, wenn beides in die gleiche Richtung läuft
(9) In guten Zeiten können sogar Fehler profitabel sein, in schlechten können die best-recherchierten Aktionen schief gehen
(10) Einfachheit ist die Basis für Eleganz und Profitabilität
(11) Massen-Psychologie zu kennen ist fast immer wichtiger als wirtschaftliches Verständnis
(12) Es gibt niemals nur eine Kakerlake - auf schlechte Nachrichten folgen weitere
(13) Sei geduldig mit Gewinn-Trades und äußerst ungeduldig mit Verlust-Positionen
(14) Mache mehr von dem, was läuft und weniger von dem, was schief geht
(15) Räume bei Dir auf - Fehler belasten immer stärker
(16) Es gibt immer jemanden, der mehr weiß oder mehr Kapital hat, als man selbst
(17) Pass auf - der Markt sendet oft genug verkannte oder nicht beachtete Signale
(18) Wenn sich die technische oder fundamentale Lage einer Position ändert, passe diese an
(19) Alle Regeln können gebrochen werden - aber das ist nur sehr selten gerechtfertigt


Wichtige Hinweise

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