S&P 500 ohne Saft und Kraft

Der S&P 500 hat im April einen Gewinn von 0,27% herausgequetscht, der Dow kommt auf 0,25%, der Nasdaq erreichte ein Plus von 0,04%. Der S&P 500 manövriert sich in eine charttechnisch kritische Lage. Er hat wiederholt versucht, die Abwärtslinie vom ATH aus Ende Januar zu überwinden und scheiterte daran Mitte März, am 18. April und aktuell gestern.

Zu Handelsbeginn hatten gestern optimistisch interpretierte Makrodaten den Bullen in den USA noch etwas Rückenwind gegeben. Das reale verfügbare persönliche Einkommen stieg im März um 0,3% (im Jahresvergleich +1,7%), der private Verbrauch (PCE) legte um 0,4% zu (im Jahresvergleich +4,4%). Der von der Fed viel beachtete PCE-Preis-Indikator (Kernrate – PCEPILFE) ist im März auf das Jahr gerechnet um 1,88% gestiegen, hat sich aber bezogen auf den monatlichen Zuwachs etwas verlangsamt. Das hielt insgeamt die Inflationssorgen in Schach, nichtsdestotrotz ist das Preisziel der Fed mit 2% in greifbare Nähe gerückt.

Im Gegensatz zum Oktober 2016, als die Jahresrate des PCE-Preis-Indikators zuletzt mit 1,91% etwa gleich hoch lag, sind die Rahmenbedingungen heute anders. Die Unternehmensgewinne im S&P 500 des ersten Quartals sind mit fast 25% gegenüber dem Vorjahr so stark gestiegen wie seit mindestens sieben Jahren nicht. Die im Rahmen der Berichte gegebenen Ausblicke blieben aber teilweise deutlich hinter den Erwartungen zurück und bestärkten Befürchtungen, die steigenden Rohstoffpreise könnten zukünftig die Profitmargen annagen. Beobachter weisen daraufhin, dass die Gewinne mehr oder weniger eingepreist sind und sehen gegenwärtig nicht allzu viele Gründe dafür, Aktien zu kaufen.

Und genau das spiegelt sich im Verlauf des S&P 500 wider. Der Index bewegt sich in einem Abwärtsdreieck, dessen obere Begrenzung die Abwärtslinie vom ATH aus Ende Januar bildet. Die untere Grenze liegt mit knapp 2590 im Bereich des 38er Retracements des Aufwärtsimpulses seit der Wahl Trumps zum US-Präsident.

Hier hatte sich zwar auch mit den Einbrüchen vom 8. Februar und Anfang April ein Doppelboden etabliert. Aber dieser dürfte nun mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit erneut auf seinen Bestand hin getestet werden. Etwas oberhalb verläuft gegenwärtig bei 2610 die EMA200. Ein für mittelfristige Entwicklung ungünstiges Omen liefert die EMA50, die sich bei 2680 leicht nach unten neigt und zuletzt mehrfach vergeblich attackiert wurde.

Aus technischer Sicht gibt zwar die Tatsache den Bullen noch etwas Rückenwind, dass sich die Volumenverteilung im S&P 500 in Akkumulation befindet. Aber gleichzeitig ist der VIX auf Tagessicht nach Stochastik bereits wieder leicht überkauft und der MACD bestätigt gegenwärtig keinen Abwärtstrend, der die Erwartung der Marktteilnehmer auf weiter sinkende Volatilität widerspiegeln würde.

Würde die Formation des Abwärtsdreiecks regelkonform nach unten aufgelöst, ergäbe sich ein Kursziel von etwa 2350, also etwa im Bereich des 62er Retracements des Aufwärtsimpulses seit Trump. So lange dieser Pegel hält, hätte der Bull-Run seit 2009 noch eine gewisse Chance.

An der Oberseite müssten eine Fülle von charttechnischen Hürden genommen werden – als erste und wichtigste natürlich die Abwärtslienie seit Ende Januar. Ob das gelingt, ist aktuell sehr zweifelhaft. Vielleicht kann das Ergebnis der FOMC-Sitzung, das morgen veröffentlicht wird, Rückenwind geben. Dann bleibt die Frage, ob das nachhaltig ist. Hierzu müsste etwas verkündet werden, was den Bären für einige Zeit den Schneid abkauft – was das aber sein soll, da fehlt mir leider die Phantasie.

Als Mittelweg wäre noch denkbar, dass der Index die untere Begrenzung des Abwärtsdreiecks respektiert, sich aus dieser Formation herausschleicht und zunächst in eine volatile Seitwärtsbewegung übergeht. Dies wäre das problematischste Auskommen, aber vielleicht gerade deswegen aktuell das wahrscheinlichste. Schließlich wird immer noch darauf spekuliert, dass die Steuerreform zu einer Repatriierung der im Ausland geparkten Gewinne führt und das wiederum in umfangreiche Aktienrückkäufe mündet. Außerdem wird erwartet, das hierdurch M&A-Aktivitäten angetrieben werden. Beides trägt in gewissem Umfang dazu bei, dass Aktien noch gehalten werden (um sie später zu höheren Kursen zu verkaufen).

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