Neues zur Einkommens- und Vermögensverteilung

Das Weltwirtschaftsforum tagt seit Wochenanfang, die globale Elite aus Politik und Wirtschaft gibt sich im schweizerischen Davos die Ehre. Wie jedes Jahr veröffentlicht die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam zu diesem Anlass ihren jährlichen Ungleichheitsbericht. Demnach kommen in 2016 die acht Reichsten der Welt auf Vermögen im Gesamtwert von 426 Mrd. Dollar, die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, nämlich 3,6 Mrd. Menschen, verfügen gemeinsam über lediglich 409 Mrd. Dollar.

Im Vergleich zu 2015 scheint die Ungleichheit sprunghaft angestiegen zu sein, Oxfam hatte damals von 62 Milliardären gesprochen, die so viel besitzen wie die ärmeren 50%. Zurückzuführen ist dieser „Sprung“ aber auf eine Änderung der Datengrundlage. Oxfam nutzt für die Berechnung der Vermögenverteilung nun Daten der Credit Suisse, nach denen der Anteil der unteren 50% am globalen Vermögen nur 0,2% beträgt, und nicht 0,7% wie nach den von Oxfam 2015 verwendeten Daten.

Acht gegen 3,6 Milliarden. Oder auch: Das reichste Prozent der Weltbevölkerung besitzt 50,8% des Welt-Vermögens, mehr also als die anderen 99%. Einer von zehn Menschen müsste mit weniger als zwei Dollar am Tag auskommen, heißt es.

In Deutschland besitzt das reichste Prozent mit 3,9 Bill. Dollar rund ein Drittel des Gesamt-Vermögens. Oder auch: 36 Milliardäre besitzen mit insgesamt 297 Mrd. Dollar so viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung.

Oxfam stellt auf Nettovermögen ab, also nach Abzug der Schulden. Das ist verschiedentlich kritisiert worden, weil jemand mit hohem Einkommen und hohen Schulden in der Rangfolge unverhältnismäßig weit nach unten rutscht. Oxfam hat ausgerechnet, dass sich eine Nicht-Berücksichtigung der Schulden der ärmsten 10% an der ungleichen Verteilung von Vermögen nur in Nachkomma-Stellen bemerkbar macht. Damit bleibt die Grundaussage gültig, so die Organisation.

Oxfam fordert ein radikal anderes Wirtschaftssystem, in dem nicht einzelne Menschen sondern die breite Mehrheit profitiert. Dazu schlägt die Organisation einen weltweiten Mindeststeuersatz für Konzerne vor, sowie die Schließung von Steueroasen, Transparenz bei Gewinnen und Steuerzahlungen internationaler Konzerne und Sonderssteuern auf sehr hohe Einkommen und Vermögen. Internationale Konzerne treiben mit aggressiven Steuervermeidungs-Techniken Staaten in einen ruinösen Wettlauf um Niedrigsteuersätze. Die Menschen in armen Ländern sind davon besonders betroffen, durch Steuervermeidung fehlen diesen jährlich mindestens 100 Mrd. Dollar, so Oxfam.

Die Weltbank hat in ihrem Bericht “Taking On Equality” festgestellt, dass die Zahl der extrem armen Menschen seit 1990 um 1,1 Mrd. zurückgegangen ist. Gleichzeitig ist die Weltbevölkerung um 1,9 Mrd. Menschen angewachsen.

Die beiden Berichte von Oxfam und der Weltbank decken sich qualitativ hinsichtlich der Feststellung von deutlichen Ungleichheiten in der Vermögens- und Einkommensverteilung, sie unterscheiden sich jedoch in der quantitativen Aussage.

Die beiden folgenden Charts aus dem Weltbank-Bericht zeigen die Einkommensverteilung ausgewählter Länder und auf globaler Ebene. Der Gini-Koeffizient ist hier ein Maß für die Ungleichmäßigkeit der Einkommensverteilung. Ein Wert von Null besagt, dass alle Einkommen gleich hoch sind, bei einem Wert von eins hätte eine Person das komplette Einkommen.


Ergänzung:
In diesem Artikel wird Bezug genommen auf die Elephanten-Kurve von Branko Milanovic. Sie zeigt die weltweite Einkommensentwicklung in der Zeit von 1988 bis 2008 auf. Dabei wird deutlich, dass die unteren Einkommen v.a. in den Emerging Marktes, insbesondere in China deutlich angestiegen sind. Die Mittelklasse in den entwickelten Ländern hat hingegen nur verhältnismäßig geringe bis keine Zuwächse ihres Realeinkommens gesehen. Die globale Elite, ohnehin schon von hohem Niveau ausgehend, kann auf über 60% Steigerung ihres Einkommens zurückblicken.

Nachtrag:
(22.1.17) Der Träger des Wirtschaftsnobel-Preises 2015 Angus Deaton sagte in einem Interview im September 2016, die Ungleichheiten haben seit den 1970er Jahren zugenommen, die Globalisierung hat bestimmte Teile der Bevölkerung hauptsächlich in den reichen Ländern getroffen. Phasen schwachen Wirtschaftswachstums verschärfen das Problem. Die Bailouts der Banken von 2008 zeigten zudem, wie die Regierungen enorme Summen an Steuergeld ausgegeben haben an einige der wohlhabendsten Leute, die es jemals auf Erden gegeben hat. Diese Leute seien für ihr Fehlverhalten reich belohnt worden. Wenn es nicht gelingt, breite Bevölkerungsteile von der Globalisierung profitieren zu lassen, sind wir in ernster Gefahr, sagte er. Die internationale Ordnung, die die internationale Verflechtung im Rahmen der Globalisierung in wünschenswerte Bahnen lenkt, ist aus Sicht von Deaton stümperhaft entwickelt. Für die EU gilt ähnliches: Sie sei an dem Punkt, wo die Leute denken, dass ihre Interessen nicht berücksichtigt werden.

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