EZB verlängert QE-Programm wie erwartet

Die EZB verlängert ihr Kaufprogramm für Staatsanleihen und andere Wertpapiere bis mindestens Ende 2017. Das Programm sollte ursprünglich im März 2017 auslaufen. Ab April 2017 soll allerdings das monatliche Kaufvolumen auf 60 Mrd. Euro reduziert werden, zurzeit liegt es bei 80 Mrd. Euro.

Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Zentralbankgeld besorgen können, bleibt unverändert auf dem Rekordtief von null Prozent. Für das Parken von überschüssigem Geld bei der EZB müssen Banken weiterhin 0,4% Strafzinsen zahlen. So die weiteren EZB-Beschlüsse vom heutigen Tage.

Die Niederlage von Italiens Ministerpräsident Renzi beim Verfassungsreferendum am zurückliegenden Sonntag hatte bereits Erwartungen geweckt, die EZB werde Ihr QE-Programm verlängern. Die Anleihenkäufe machen nach Ansicht vieler Volkswirte die Zinslast von hoch verschuldeten Staaten wie Italien erträglicher. Die Rendite zehnjähriger italienischer Staatsanleihen liegt aktuell bei 2%. ("Milchmädchenrechnung": Ausgehend vom Verhältnis zwischen Zinsen italienischer Staatsanleihen und Staatsverschuldung in den frühen 1990er Jahren müsste die Verzinsung heute bei rund 13,5% liegen.)

Bei der Verkündigung des Quantitative-Easing-Programms im Januar 2015 hatte es noch geheißen, es solle im September 2016 enden. Im März hatte die EZB stattdessen beschlossen, das Programm bis März 2017 zu verlängern und die monatliche Rate der Käufe auf 80 Mrd. Euro zu erhöhen. Zudem sollten nicht mehr nur Anleihen von Euro-Staaten, sondern auch in Euro ausgegebene Anleihen europäischer Unternehmen gekauft werden. Zusätzlich war der Leitzins auf null Prozent abgesenkt worden, Banken müssen Strafzinsen für Einlagen bei der EZB zahlen. Das sollte sie dazu bringen, Kredite zu vergeben, was wiederum helfen sollte, die Wirtschaft anzukurbeln.

Trotz dieser mehrfachen Ausweitung des QE-Programmes hat die EZB die vorgegebenen Ziele bislang verfehlt. Die Inflation in der Eurozone ist weiterhin gering, sie ist in der Eurozone im November nur um 0,6% im Jahresvergleich angestiegen. Das liegt klar unter dem aus Sicht der EZB stabilen Preisniveau einer Teuerungsrate von knapp 2%. Das billige Geld der EZB kommt in der Realwirtschaft kaum an, das mit der Geldflut verbundene Ziel der Konjunkturbelebung ist nicht erreicht worden. Stattdessen sorgte es im Kreislauf der Finanzwirtschaft für stark steigende Preise und Kurse und entsprechende Wohlstandsgewinne. Dieses Ziel der QE-Maßnahmen ist jedoch genauso "inoffiziell" wie das ebenfalls erreichte Ziel der Schwächung der eigenen Währung zur Verbesserung der internationalen Wettbewerbssituation.

Zweifel an der EZB-Geldpolitik sind angebracht. U.a. wird darauf hingewiesen, allein wegen der gestiegenen Ölpreise in Verbindung mit dem u.a. durch das QE-Programm der EZB gedrückten Euro dürfte die Teuerung im nächsten Jahr weiter ansteigen und sich dem Inflationsziel der EZB annähern. Auch Bundesbank-Präsident Weidmann mahnte kürzlich erneut, es seien nicht die Zentralbanken, die die Wirtschaft zu stärkerem Wachstum führen können. „Den Schlüssel dafür halten Politiker in der Hand“, sagte er.

Die Botschaft der EZB ist klar: Es wird noch lange viel billiges Geld geben. Und je schwieriger die Lage in der Eurozone, je mehr davon. Ein großer Teil dieser Geldflut dürfte weiterhin in die Aktien- und Immobilienmärkte gehen und dort für Inflation sorgen. Der Preismechanismus mit seiner zyklischen Angleichung hat ausgedient, von marktwirtschaftlichen Regelbewegungen bleibt nichts mehr übrig.

Das ist das Rezept zum Züchten von Preisblasen – die Marktteilnehmer gehen immer mehr davon aus, dass es die EZB richten wird und kaufen im blinden Vertrauen darauf. Bei dem so unterstützten Herdentrieb geht es nicht mehr darum, welches Investment ein Anleger selbst für richtig hält, sondern nur noch darum, das zu tun, was auch alle anderen tun. Damit wird die Kluft zwischen den Preisen an den Finanzmärkten und der real-wirtschaftlichen Realität immer größer – und damit ein Platzen der Preisblase immer wahrscheinlicher.

Der Chef der Citigroup sagte im Sommer 2007: „Solange die Musik spielt, musst Du tanzen", ganz so wie beim Spiel „Reise nach Jerusalem“. 2008 war der Höhenflug an den Börsen vorbei.

Gestern hatten die US-Börsen in einer starken Performance bereits mit Kursgewinnen zwischen 1,3% und 1,6% in den großen Aktienindices vorgelegt und damit die Pause der „Trump“-Party beendet. Im Dow und im S&P 500 wurden neue Rekordhochs erreicht. Geholfen hat dabei auch ein drei Milliarden Dollar schweres Kaufprogramm eines breiten Spektrums von Aktien.

Die Hoffnung der Finanzmärkte auf weitere geldpolitische Maßnahmen der EZB hatte den DAX seit Wochenbeginn schon deutlich ansteigen lassen, zuletzt über die Psycho-Marke von 11.000 Punkten auf ein Jahreshoch. Auch der Pariser Leitindex CAC markiert ein neues Jahreshoch.

Der Euro hat im Tagesverlauf zunächst seine Gewinne gegen Dollar von den Tagen nach Ausgang des italienischen Referendums ausbauen können, drehte aber mit laufender Pressekonferenz der EZB im Minus – und zwar genau dann, als EZB-Chef Draghi betonte, dass es sich bei der Verringerung der monatlichen Raten ab April 2017 nicht um ein Abschmelzen der Wertpapierkäufe handelt und die Raten bei Bedarf auch wieder erhöht werden könnten. Offenbar kommt es hier jetzt zu weiteren Carry-Trades im Euro. Der DAX legt zur selben Zeit plus ein Prozent auf 11150 zu, der TecDax zeigt sich knapp behauptet.

Ergänzung:
Mit der heutigen EZB-Entscheidung wächst das auf bisher 1,74 Bill. Euro angelegte QE-Programm um 540 Mrd. Euro auf ein Gesamtvolumen von 2,28 Bill. Euro. Ab Januar 2017 kann die EZB bei Bedarf im Rahmen des Programms auch Anleihen mit einer Verzinsung unterhalb des Einlagensatzes von -0,4% kaufen. Die Mindestrestlaufzeit für im Rahmen des Programms kaufbare Anleihen wird von zwei Jahren auf ein Jahr verringert.
Das EZB-System wird mit dem QE-Programm zum größten Gläubiger der Eurozone, es wird bald ein Drittel der Euro-Staatskredite in seinen Bilanzen haben. In nicht einmal drei Jahren kauft die EZB mehr Euro-Staatsanleihen, als Deutschland über Generationen hinweg an Staatsschulden aufgetürmt hat.
Lesenswerter Kommentar: "Die politisierte Zentralbank"

Nachtrag:
(9.12.16) Ein Kommentar von Daniel Stelter: "Draghi: „Kein Tapering in Sicht“! – Wann kommt der globale „Reset“?"

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