US-Wirtschaft – eine Moment-Aufnahme

US-Aktien scheinen keine Grenze zu kennen, seit Trump zum nächsten US-Präsidenten gewählt wurde – only the sky is the limit. Die Ankündigung, massiv in die Infrastruktur des Landes investieren zu wollen, trieb insbesondere Aktien der „old economy“ an. In den ersten acht Tagen seit der Wahl Trumps wurden von kleineren Anlegern fast 46 Mrd. Dollar in US-Aktien-Fonds investiert.

Was von den Ankündigungen am Ende übrig bleibt, muss sich noch zeigen. Das gilt auch für die Ankündigung, mittels protektionistischer Maßnahmen Arbeitsplätze ins Land zurück zu holen. Eines hat die Wahl gezeigt: In der Bevölkerung herrscht große Unzufriedenheit mit der bisherigen politischen Linie.

Produktive Investitionen in die Infrastruktur sind ein richtiger Schritt und ergeben einen Wachstumsimpuls (ich lasse hier die Frage der Finanzierung außen vor). Ob daraus aber nachhaltiges Wachstum wird, hängt wesentlich (auch) davon ab, dass das Vertrauen der Bevölkerung in Regierung und Staat ökonomisch und politisch wieder zunimmt. Dazu ist wiederum nötig, dass von diesem Wachstumsimpuls alle Bevölkerungsschichten profitieren, nicht nur eine elitäre Minderheit. Das bedingt, dass dem Finanzsektor die Zügel angelegt werden. Außerdem wichtig ist ein faires Steuersystem und die Reduktion des politischen Einflusses in der Wirtschaft. All das wäre nötig, um das Konsum- und Geschäftsklima zu verbessern, die private Investitionstätigkeit anzuregen und so einen soliden Wachstumspfad zu etablieren.

Zweifel sind angebracht, ob die Trump-Regierung willens ist, in dieser Richtung zu agieren (siehe z.B. hier!).

Welchen Zustand der US-Wirtschaft findet Trump vor? Das lässt sich recht gut durch folgende Charts charkterisieren.

Die Bauausgaben relativ zum BIP bewegen sich aktuell auf einem Niveau seitwärts, das niedriger ist als 1993.

Die Investitionen in Geschäftsausstattung relativ zum BIP sinken seit 2014, nachdem sie zuvor nicht einmal das Niveau von 2008 erreicht hatten. Generell zeigt die langfristige Tendenz seit 20 Jahren nach unten.

Der Index der Frühindikatoren, eine gewichtete Zusammenfassung einer Reihe zentraler Makroindikatoren, bewegt sich knapp über 1%. Wurde diese Grenze in den zurückliegenden 30 Jahren nach unten durchbrochen, begann jedesmal sechs bis acht Monate später eine Rezession.

Stückkosten und Stückgewinne laufen seit 2014 auseinander. Mit der Annäherung an die Vollauslastung der Produktionskapazitäten steigen die Lohnstückkosten an, die Profite sinken. Geht diese Schere immer weiter auseinander, droht eine Rezession. Aktuell ist sie weiter offen als vor 2008.

Der US-Einzelhandelsumsatz hat zuletzt deutlich zugelegt, der Anstieg geht einher mit einer Zunahme des Verbrauchersentiments.

Der Verkauf leichter Fahrzeige zieht erneut an. Das gilt als Schlüsselindikator für den langfristigen Ausblick der Verbaucher.

Die Achillesferse der Wirtschaft (nicht nur in den USA) sind die Investitionen der Unternehmen. Die Firmen haben sich über Aktienrückkäufe (oft auch noch kredit-finanziert) zwar für ihre Aktionäre herausgeputzt, sich dabei aber wenig darum gekümmert, eine solide Basis für die Zukunft zu schaffen.

Mit einem „Vorwärts“-KGV von 17,3 im S&P 500 wurden die Aktien-Bewertungen weit über den zehn-Jahres-Median-Wert von 14,7 hinausgetrieben – und das bei zwischen Lohnkosten und Gewinnen aufgehender Schere. Die Wahrscheinlichkeit von Enttäuschungs-Reaktionen steigt immer weiter an – aber da können Inflationserwartung und Inflationsillusion noch eine zeitlang helfen.

Die US-Wirtschaft zeigt sich zur Übernahme der Regierungsgeschäfte durch Trump in einem bereits weit entwickelten Konjunkturzyklus. Die Voraussetzungen für eine deutliche Verbesserung der Gewinnsituation der Unternehmen sind ungünstig. Ob sie in dieser Situation die Kurve bekommen und endlich wieder mehr investieren, um einen langfristig orientierten Wachstumspfad einzuschlagen?

[Chartquelle: Federal Reserve of St. Louis]
[Unter Verwendung von Material aus "Priming the Pump"]

Nachtrag:
(29.11.16) Die zweite Schätzung des US-BIP im dritten Quartal erbrachte eine Aufwärtsrevision um 0,24% auf 3,15%. Gegenüber dem Vorquartal liegt der Wert um 1,73% höher. Der größte Anteil der Verbesserung kam von den Verbraucherausgaben, die um 0,42% nach oben revisiert wurden.

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