Der Bond-Markt und seine Herausforderungen

Der folgende Artikel basiert auf einem Interview mit Roger A. Early. Early ist Executive Director bei Delaware Management, einer mittelgroßen Investmentgesellschaft, und als solcher zuständig für die „total-return fixed income“-Strategie des Unternehmens. Seit 40 Jahren im „fixed income“-Geschäft tätig, gilt er als Veteran, der noch Zeiten erlebt hat, in denen die Zinsen stiegen. Naturgemäß hält er sich bei der Frage bedeckt, ob (bzw.) wann die Bond-Blase platzt. Er zeigt aber meiner Meinung gut auf, in welchem Umfeld heute im Bond-Segment agiert werden muss.

Early datiert den Beginn des Schulden-Superzyklus auf die 1970er Jahre. Er hat sich in den zurückliegenden Jahren beschleunigt: Gab es 2007 global noch 142 Bill. Dollar an Schulden, so haben wir per 2014 199 Bill. Dollar. Nichts deutet daraufhin, dass die Entwicklung stoppt oder sich verlangsamt.

Vor dem Zweiten Weltkrieg ließ man es zu, dass Volkswirtschaften pleite gehen. Danach reflationierten Regierungen und Zentralbanken die Wirrtschaft immer dann, wenn es wirtschaftliche oder finanzielle Probleme gab, um Schieflagen zu verhindern. In früheren Jahren waren es vor allem problematische Unternehmensschulden, die mit immer lascherer Geldpolitik bekämpft wurden. In der Folge blieben massive Pleitewellen aus. War es die Ölkrise der frühen oder die Savings-and Loan-Krise der späten 1980er Jahre – immer wurden die Pleiten in einer Geldflut ertränkt. Das jüngste Beispiel für diese Politik ist die Ära nach dem Platzen der dotcom-Blase. Die Reflationierung fand im Hypothekenmarkt statt, hier entstand die nächste Blase. Nach deren Platzen wurden die Staatsschulden überall in der Welt aufgeblasen.

Man kann auch sagen, jetzt ist die Verschuldung an der Spitze der Pyramide angekommen. Zudem kann man argumentieren, dass die Schulden auf füheren Entwicklungsstufen des Schulden-Superzyklus bis zu einem bestimmten Grad produktiv waren. Staatsverschuldungen weisen jedoch eine sehr geringe Produktivität auf, das gilt insbesondere für die mehr als 50 Bill. Dollar, die nach 2007 neu aufgenommen wurden. Dieser riesige Schuldenberg bedeutet Gegenwind für die wirtschaftliche Entwicklung.

Der Schock der Asienkrise in den späten 1990er Jahren veranlasste die Emerging Markets hinsichtlich privater und öffentlicher Verschuldung sehr vorsichtig zu agieren. Das hielt bis Mitte der 2000er Jahre an. Dann stieg auch hier die Verschuldung deutlich an. Mit dem Fall der Rohstoffpreise sind Sorgen berechtigt, dass einige dieser Länder in der näheren Zukunft Probleme bekommen werden, ihren Schuldendienst zu bedienen.

In früheren Zeiten galten Anleihen als die ultimativen Vermögensgegenstände mit absolutem, noch dazu sicherem, Ertrag. Bis in die 2000er Jahre hinein lagen die Zinserträge bei acht bis zehn Prozent, oder sogar mehr. Selbst in den schlechtesten Jahren blieb der Ausfall bei Anleihen geringer, so dass stets ein positives Ergebnis herauskam. Über die zurückliegenden zweieinhalb Jahre gemittelt rentiert der Barclays Aggregate Index (AGG – Chartquelle) aber nur noch mit jährlich rund 2% bei mittleren Laufzeiten von 5 ½ Jahren. Diese schwache Performance ist schon bei einer Zinserhöhung von 0,5% in Gefahr.

Bei solch niedrigen Renditen sehen Anleger Bonds immer weniger unter dem Aspekt der Sicherheit. Sie jagen auf Teufel-komm-raus Renditen und gehen nicht vertretbare Risiken ein, um irgendeinen Ertrag zu erzielen.

In einer Weltwirtschaft, die seit der Finanzkrise 2008 nur noch mit zwei Prozent jährlich wächst, müssen die Erwartungen an das Ertragswachstum bei Bonds angepasst werden. Die Zeiten von vier Prozent Wachstum und mehr wie vor 2008 sind auf absehbare Zeit vorbei. Da der globale Wettbewerb zugleich einigen deflationären Druck mit sich bringt, bleiben die Inflationsraten niedrig. So bleiben auch die nominalen Erträge signifikant unter dem Niveau vor der Finanzkrise.

Die Emerging Markets tragen wesentlich zu diesem reduziertem Wachstumsszenario bei. Vor zehn Jahren wuchsen diese noch mit Jahresraten von zehn Prozent, das globale Wachstum erreichte zeitweise gut fünf Prozent. Jetzt wachsen die Emerging Marktes noch mit vielleicht vier Prozent, die Weltwirtschaft wächst mit bestenfalls drei Prozent, eher weniger.

Entsprechend muss man heutzutage und in den kommenden Jahren mit Ertragszuwächsen bei Bonds im unteren einstelligen Bereich rechnen.

In einem solchen Umfeld wird die Fed vielleicht einen, höchstens zwei Zinsschritte bis Ende 2017 unternehmen. Mehr würde die Wirtschaft empfindlich treffen und die Fed schnell veranlassen, die Schraube zurückzudrehen. Die flache Zinsstruktur zeigt die Fragilität der Wirtschaft, es fühlt sich an wie am Ende einer Expansionsphase.

Bei Unternehmensanleihen lauern besondere Risiken, insbesondere bei Firmen, die mit Rohstoffen zu tun haben oder deren Geschäft stark vom Außenwert des Dollar abhängig ist. Hierzu zählen auch viele Unternehmen, die Dividendenzahlungen oder Firmenübernahmen mit Kredit finanzieren.

Zu den Risiken im Bond-Markt zählt auch die Liquidität. Verkäufer gibt es immer, aber wenn die Käufer ausbleiben, kann es auch ohne fundamentale Voraussetzungen zu Angst-Verkäufen kommen, dabei sind dann gute und schlechte Kredite gleichermaßen betroffen. Je schwächer das Sicherheitsnetz eines soliden Wachstums ist, je stärker ist die Disposition für solche Reaktionen.

Die niedrigen Wachstumsraten führen dazu, dass die Renditen mittlerer Laufzeiten kaum noch mit einem Anstieg auf Zinsschritte der Fed reagieren wie das früher der Fall war. Dies führte früher alsbald zu einer invertierten Zinsstruktur und dem folgte fast sicher eine Rezession. Heutzutage reagieren die mittleren Renditen kaum noch, weil die Akteure vorwegnehmen, dass ein Zinsschritt einen negativen Einfluss auf das Wachstum hat und der Zinsschritt folglich nicht von langer Dauer sein wird. Das Wachstum ist heute so gering, dass bereits kleine Ereignisse wie z.B. ein in Folge eines kleinen Zinsschritts der Fed erstarkender Dollar ausreichen, um eine milde Rezession auszulösen. Andere Ereignisse könnten der Brexit sein, oder das, was in China passiert.

Für den Anleger bleibt im aktuellen Umfeld der Schluss, dass er seine Investments sehr genau auswählen und aktiv managen muss. Ein passiver Ansatz funktioniert nur gut in Zeiten, in denen die Flut alles hebt, so Early.

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