Spekulation mit Euro/Dollar: Aktien und Gold

An den Finanzmärkten wird gegenwärtig noch das QE-Programm der EZB willkommen geheißen. Der Euro verliert stark an Wert, er steuert auf den höchsten, jemals erreichten Quartalsverlust zu. Mittlerweile hat er den seit Dekaden existenten breiten Aufwärtskanal gegen Dollar bei etwa 1,0630 nach unten verlassen. Der Dollar-Index wird umgekehrt nach oben gedrückt durch Erwartungen einer Zinswende der Fed. Nach Marktdaten liegt die Wahrscheinlichkeit einer ersten Zinserhöhung im Juli bei 40%, im September bei 60%. Sie sind zuletzt angestiegen nach den besser als erwartet ausgefallenen US-Arbeitsmarktdaten für Februar.

Zum Feiern des QE-Programm der EZB gehört auch die Outperformance der Euro-Aktienindices und der Höhenflug der Bond-Kurse der Eurozone (bzw. der Sinkflug der Renditen).

Die Konvergenz der Renditen und ihr Sinkflug erinnert mich stark an die Zeit vor 2008. Wer dies damals als Beleg dafür genommen hat, dass sich die Eurozone in makroökonomisch prächtiger Verfassung befunden hat, wurde kurz darauf eines Besseren belehrt. Noch in prächtiger Verfassung befanden sich damals die Banken, die gut an den Kreditblasen in der südlichen Peripherie verdient hatten.

Nach der Futures-Positionierung dürfte bei Euro/Dollar in Kürze eine untere Wende anstehen, die wahrscheinlich dynamisch ausfällt.

Aufgrund der Entwicklung der jüngeren Zeit liegt die Idee nahe, dass ein starker Dollar gegenwärtig eher belastend ist für die Kursentwicklung von US-Aktien, wohingegen ein schwacher Euro Euro-Aktien zuletzt so massiv unterstützt hat, dass man schon von einem Blowoff sprechen kann. Sollte sich die Entwicklung bei Euro/Dollar in Kürze umkehren, könnte man von einem mechanischen Standpunkt aus zu dem Schluss kommen, dass nun US-Aktien wieder stärker laufen, Euro-Aktien hingegen mit relativer, vielleicht auch absoluter Schwäche reagieren.

Makroökonomisch stellt eine erstarkender Dollar eine gewisse Belastung für die Gewinnentwicklung von US-Multis dar, insbesondere dann, wenn die Entwicklung sich so stark beschleunigt wie zuletzt. Umgekehrt gilt für die Euro-Schwäche, dass diese die internationale Wettbewerbsposition von Unternehmen der Eurozone stark verbessert.

Nach statistischem Bestimmtheitsmass für den Zeitraum zwischen Oktober 2007 und heute wird kein besonders ausgeprägter Zusammenhang zwischen Euro/Dollar und S&P 500 angezeigt. Der Wert kommt nicht über 7% hinaus, was bedeutet, dass Änderungen der einen Zeitreihe nur sehr begrenzt durch die andere erklärt werden können. Erst wenn man den Zeitraum ab Jahresmitte 2014 bis heute betrachtet, kommt man auf Werte um 50%. Ein solch bedeutender Zusammenhang legt nahe, dass er noch eine gewisse zeitlang weiter Bestand hat, weshalb einiges (zumindest vorrübergehend) für den angesprochenen mechanischen Standpunkt spricht.

Aus fundamentaler Sicht spricht ebenfalls einiges dafür, dass sich mit einer Umkehr bei Euro/Dollar auch US- und Euro-Aktien in ihrer relativen Performance zueinander verschieben. Kiyohiko Nishimura weist darauf hin, dass QE-Maßnahmen vor allem in der Phase ihrer Ankündigung Wirkung zeigen, die aber nachlässt, sobald die Zentralbank mit dem Kauf von Anleihen beginnt. Und wenn der Dollar-Index wieder nachgibt (er hat heute im frühen Handel interessanterweise die runde Psycho-Marke von 100 erreicht), dürfte das Bedenken mildern, die US-Multis könnten in ihrer Gewinnentwicklung dauerhaft und stark tangiert werden. Dies ist in Anbetracht des nahen Starts der Quartalssaison für Q1/2015 von besonderem Gewicht. Denkbar, dass nach der steilen Aufwärtsbewegung zuletzt bei DAX & Co, die in deutlich überkauftes Gebiet geführt hat, nun auch US-Aktien einen Blowoff proben. Wenn die historischen Zusammenhänge zwischen Start eines Zinszyklus und Aktienperformance auch dieses Mal gelten, hätte der S&P 500 bis September, dem wahrscheinlichsten Zeitpunkt eines ersten Zinsschritts, einiges an Aufwärtspotenzial vor sich.

Wie verhält sich Gold in dieser Situation?
Gold wird hauptsächlich von drei Faktoren beeinflusst: Inflationserwartungen, Dollar-Wert und Unsicherheit. Steigende Inflationserwartungen, sinkender Dollar-Wert und zunehmende (politische) Risiken befügeln seinen Preis.

Gegenwärtig haben wir es mit beständig sinkender Inflation zu tun, v.a. im Gefolge der seit Mitte 2014 abstürzenden Ölpreise. Der statische Zusammenhang nach Bestimmtheitsmass zwischen Gold und Inflationserwartung (10-jährige Treasury-Rendite – nominal minus real) kommt im Zeitraum September 2008 bis heute auf 37%, selbst zwischen Jahresmitte 2014 und heute werden noch 33% erreicht. Das Bestimmtheitsmaß zwischen Gold und Öl Brent kommt sogar auf 64%. Der Zusammenhang Gold vs Preisentwicklung ist signifikant.

Stellt man weiter in Rechnung, dass mit dem Beginn des Absturzes der Ölpreise (zuvor zeigten sie auch schon keine starke Entwicklung) nun allmählich Basiseffekte zu wirken beginnen, die dafür sorgen, dass sich die jährliche Inflationsrate stabilisiert, dann dürfte das den Goldpreis zumindest nach unten absichern.

Wenn gilt, dass der Dollar-Index bei 100 oder knapp darüber ein (zeitweiliges?) Topp ausbildet, so dürfte das den Goldpreis ebenfalls stützen. Dass die Risiken politischer und mit dem Aufpumpen der Bond-Blase auch wirtschaftlicher Art nicht eben kleiner werden, dürfte übergeordnet ebenfalls dafür sprechen, dass Gold eher wieder stärker tendiert. Diese Risiken werden sich nicht ewig ausblenden lassen, wie das, angeregt durch die beständigen konzertierten Pflegemaßnahmen der Notenbanken, derzeit der Fall ist.

Charttechnisch sieht es im Wochenchart des Goldpreises freilich noch nicht überzeugend nach einer Stabilisierung aus. Der Preis bewegt sich gegenwärtig in einem Abwärtsdreieck, die untere Begrenzung liegt bei 1163 Dollar, die obere Begrenzung wird durch die rote Linie gebildet. Das jüngste EoD-Tief nach Tages-Chart wurde Anfang November 2014 bei 1140 erreicht. Intraday ging es zuletzt bis 1148 herunter (Chartquelle).

Immerhin hat sich der Kurs zuletzt aus dem Abwärtskanal aus Herbst 2012 herausgeschlichen. Sollte aber der Pegel bei 1163/1140 gebrochen werden, dürfte sich der Abwärtsdruck verstärken. Entwarnung gäbe es oberhalb der roten Linie. Sie notiert aktuell bei gut 1280 und fällt mit rund 9,5 Dollar pro Monat.

Gold unterliegt auch bestimmten, aus der Zinsentwicklung resultierenden Intermarket-Einflüssen. Sinkende Zinsen stützen den Goldpreis über Opportunitätskosten-Erwägungen. Ausschlaggebend sind die US-Renditen (zehnjährige TNotes) und hier insbesondere die realen Renditen. Das Bestimmheitsmaß von realen Renditen und Gold kommt für den Zeitraum von September 2008 bis heute auf 71%.

Eine Stabilisierung der Inflationsraten, erst recht eine Aufwärtstendenz würde unter Beibehaltung des Zentralbank-Drucks auf die langfristigen Zinsen die realen Renditen nach unten drücken und vielleicht sogar wieder in den Bereich finanzieller Repression führen (wie zwischen Dezember 2011 und Juni 2013).

Wenn es den Zentralbanken gelingt, die Inflationsraten wieder anzuheizen, oder die Renditen weiter zu drücken (oder beides), würde das dafür sprechen, dass der Goldpreis allmählich Halt findet. Sollte ihnen das aber nicht gelingen, sollte insbesondere das Vertrauen in ihre Allmacht nachhaltig Schaden erleiden, würde damit auch das Vertrauen in das gegenwärtige Luft-Geld-System beschädigt. Das dürfte dem Goldpreis über die „safe-haven“-Funktion des Edelmetalls unter die Arme greifen. Dasselbe dürfte gelten, wenn es den Notenbanken nicht länger gelingt, immer neue Anlegerscharen in Aktien zu treiben.

Insofern dürften die Perspektiven für den Goldpreis übergeordnet so schlecht nicht sein – kurz- bis mittelfristig scheint allerdings noch eine Durststrecke anzustehen.

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